Waffen

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Waffen (mhd. wafen, wapen; ahd. wafan). Zum Kampf gegen feindliche Artgenossen, zum Erlegen von Wild und zum rittermäßigen Kampfspiel, dem Turnier, wurden verschiedene Arten von Waffen benutzt. Den Waffen zugerechnet wurde auch die Schutzbekleidung (s. Rüstung). Mittelalterliche Waffen (“Trutzwaffen”) waren:

a) Handwaffen (Nahkampfwaffen): Das Schwert (ahd. u. mhd. swerd, swert), eine zweischneidige gerade, breite Hiebwaffe von ca. 3 kg. Gewicht und ca. 1 m Länge für den Nahkampf, hergeleitet von der Spatha, dem Langschwert germanischer Anführer. Das Schwert war neben der Lanze die Hauptwaffe des mittelalterliche Ritters. Es wurde in einer hölzernen Scheide (mhd. swertbale, -scheide, -vaz) getragen, die mit Fell gefüttert und mit Leder überzogen war. Daneben gab es noch bis in die spätere Karolingerzeit den Scramasax (Sax), ein kurzes einschneidiges Hiebschwert der “gemeinen” Krieger, das nicht wie das Schwert rechts, sondern an der linken Seite getragen wurde. Den Sax hatten die Franken im 5. Jh. aus der spätrömischen Bewaffnung übernommen.

Der Dolch (nach lat. dolo = Degen, Dolch; auch “Panzerstecher”, “Misericordia”, “Gnadegott”) war eine zweischneidige kurze Stichwaffe. Er gehörte, möglicherweise morgenländischen Bewaffnungsgewohnheiten nachempfunden, zur Ausrüstung des Ritters und wurde benutzt, um dem verwundeten Gegner durch die Panzerfugen hindurch den Gnadenstoß zu geben; vom 14. Jh. an war er obligatorischer Teil der ritterlichen Armierung.

Lanze oder Spieß (von lat. lancea, ahd. ger, sper, spioz) war ursprünglich eine Stangenwaffe zu Stoß und Wurf, auch zum Parieren von Schwert- oder Axthieben; vom 12. Jh. an wurde sie fast nur noch als Stoßwaffe verwendet. Sie bestand aus der zwei- oder dreischneidigen blattförmige Spitze (Klinge, Blatt) und dem Schaft (aus Eschen- oder Buchenholz), war drei bis dreieinhalb Meter lang und wog sechs bis acht Kilo. Vor dem Griff war bei der Stoßlanze – etwa von 1300 an – ein scheibenartiger Handschutz (“Brechscheibe”) angebracht. Eine spätmittelalterliche Sonderform eidgenössischer und burgundischer Kämpfer war der Ahlspieß mit überlanger (bis zu 90 cm) massiver Vierkantspitze. Turnierlanzen hatten – um ernsthafte Verletzungen zu vermeiden – kurz hinter der Klingenspitze eine Querstange, später wurde die Lanzenspitze durch ein ein stumpf-zackiges Eisen, die “Krone” ersetzt. Um die Stoßwirkung der Lanze zu optimieren, wurde mit “eingelegter” Lanze gekämpft, d.h. die Waffe wurde fest unter den rechten Arm geklemmt und traf den Gegner mit der vollen Wucht des Ansturms von Ross und Reiter. Wo ganze Ritterformationen mit eingelegter Lanze ansprengten, musste die Wirkung verheerend sein.

Nichtritterliche Streiter benutzten kurze Wurfspieße (s. gabilot), die im Nahkampf oder auf geringe Distanz von erheblicher Wirkung sein konnten.

Typisch für die frühmittelalterliche Bewaffnung der Franken war der Ango, eine wahrscheinlich 2 bis 3 m lange lanzenartige Waffe mit Widerhakenspitze; diese saß am Ende eines 0,8 – 1,84 m langen, schlanken Eisenschaftes, der wiederum das Vorderteil eines ca 1 m langen Holzschaftes bildete. Der Ango wurde gegen den Schild des Gegners geschleudert, in dessen Holz er sich festhakte. Auf diese Weise konnte der Gegner seiner Wehr beraubt werden. Der Ango wurde auch als Jagdwaffe benutzt und lebt als Harpune bis in unsere Zeit weiter.

Im 14. Jh. kamen für das Fußvolk Stangenwaffen unterschiedlicher Art für Schlag, Hieb und Stoß im Nahkampf auf. Glefen (“Rossschinder”) waren 2 bis 3 m lang gestielte Schwertbeile, deren bekannteste Form die “Hellebarde” (mhd. halmbarte, helmbarte = Stangenaxt) mit beilförmigen Blatt, Spitze und Reißhaken war. Der Erfolg schweizerischer Söldnerhaufen im ersten Viertel des 15. Jh. beruhte auf dem Einsatz von ®”Piken” (Langspießen), die bald von den Söldnern anderer Nationen übernommen wurden. Knebelspieße waren Piken, die beiderseits der Blattbasis zusätzliche Zinken hatten. Die Länge derartiger Waffen reichte von knapp 4 m bis zu mehr als 5 m. Dadurch wurde der Vorteil des erhöhten “Standes” Berittener wettgemacht. Langspieße wurden im Gefecht mit dem Schaftende senkrecht auf den Boden gesetzt und erst kurz vor dem Angriff des Gegners in Gefechtsstellung gesenkt.

Auch die Streitaxt (Barte) als Hieb- oder Wurfwaffe wurde im Mittelalter noch bis ins 8. Jh. benutzt. Sie galt als typisch fränk. Waffe, wie der Name “Franziska” belegt. Die Länge des Axtkopfes betrug 13 – 20 cm, die Länge des Stiels lag zwischen 50 und 75 cm. Charakteristisch ist die S-förmig geschwungene Oberkante und die stumpf zur Achse stehende Schäftung. Während des Flugs rotierte sie um ihre Längsachse und konnte selbst bei einer Wurfweite von 12 m noch ein 24 mm starkes Fichtenbrett durchschlagen. In Skandinavien war die Streitaxt während der Wikingerzeit (ca. 800 – 1100) die gebräuchlichste Waffe des Fußvolks. Langgeschäftet wurde sie auch gegen Reiterkrieger eingesetzt.

Als Schlagwaffen für den Nahkampf dienten auch Streithämmer und Eisenkeulen, vom 15. Jh. an Kriegsflegel und Morgenstern, bei dem die Reichweite durch eine Kette mit daran befestigter Stachelkugel vergrößert wurde. Derartige Waffen vermochten Panzerungen zu durchschlagen oder durch ihre Aufschlagswucht einen Berittenen aus dem Sattel zu werfen.

Von den bäuerlichen Arbeitsgeräten Dreschflegel und Sense abgeleitet waren Drischel und Kriegssense, mit denen sich aufständische Bauern bewaffneten. Beim Drischel war der Flegel mit einer Kette statt mit einem Lederriemen angelenkt und mit Eisenspitzen besetzt. Bei der Kriegssense war das Blatt nicht in einem beinahe rechtem Winkel angeschlagen, sondern bildete in flachem Winkel eine Verlängerung des Holms. Unter Hippen sind Haumesser oder Sicheln zu verstehen, die durch einen verlängerten Griff zu einer Nahkampfwaffe umgebildet waren.

b) Distanzwaffen (Schleuder, Bogen und Armbrust; in weiterem Sinn auch Krähenfüße; unter “Krähenfüßen” sind vierspitzige Eisen zu verstehen, deren eine Spitze – gleich wie das Eisen zu liegen kommt – stets nach oben gerichtet ist. Diese “Minen des Mittelalters” streute man bei erwarteten Reiterattacken ins Feld, um die Pferde durch Hufverletzungen außer Gefecht zu setzen.)

Mit der Schleuder konnten Steine ca. 100 Meter weit befördert werden, Ton- und Bleikugeln flogen 300 – 400 m weit.

Die Germanen hatten Pfeil und Bogen, eine Erfindung aus vorgeschichtlicher Zeit, als Jagdwaffe gekannt. Im Frühmittelalter waren lediglich unfreie Gefolgsleute zum Kampf damit ausgerüstet. Der Ritterschaft galten Distanzwaffen generell als verächtlich, Bogenschützen wurden anfänglich als Feiglinge verhöhnt. Im 5. Jh. lernten europäische Krieger den Kompositbogen der hunnischen Reiter fürchten.

Der Bogen wurde im 11. Jh. als Langbogen (aus Eiben- oder Ulmenholz) in den Händen angelsächsischer, normannischer und französischer Bogner zu einer gefürchteten Waffe, mit der maximal 6 Pfeile pro Minute bis zu 350 m weit verschossen werden konnten. Außer den genannten Holzsorten wurden Bogen auch aus Eichen-, Weißulmen-, Haselnuß, Eschen- und Walnussbaumholz hergestellt. Der engl. Langbogen hatte im 14. Jh. eine Länge von 2 m. Die Zugkraft an der Sehne konnte bis zu 50 kg. betragen. Die Pfeile waren meist aus Eschen- oder Birkenholz hergestellt, am Vorderende stärker als am befiederten Ende, 70 – 90 cm lang bei einem Durchmesser von 8 – 10 mm, 600 – 700 gr schwer und am Schaftende zur Stabilisierung der Flugbahn mit Gänsefedern befiedert, die leicht schräg zur Achse eingelassen waren und einen Drall erzeugten. Sie trugen Tüllenspitzen, deren Form dem jeweiligen Zweck entsprach: “Kniekehlenschneider”, “Seilschneider”, Brandpfeilspitzen (s. Falarika (Bell.)) und panzerbrechende Spitzen, Spitzen mit Widerhaken, von zwei-, drei- oder vierkantigem Querschnitt usf. Die Auftreffwucht war derart, dass ein 2,5 cm starkes Eichenbrett noch aus 200 m Entfernung durchschlagen wurde. Unter 100 m widerstand kein Ringelpanzer und kaum ein Harnisch dem Geschoss. Die Pfeile führte man in einem auf dem Rücken getragenen und wohl üblicherweise lederbezogenen Holzköcher mit sich, aus dem sie mit der Spitze voran entnommen wurden.

Die Armbrust war wegen der komplizierten Handhabung weniger zum beweglichen Kampf als zu Belagerungszwecken zu gebrauchen. Auch konnte der Armbrustschütze mit gespannter Waffe beliebig lange auf ein lohnendes Ziel warten, während der Bogenschütze die zur Schussbereitschaft nötige Spannkraft von 40 oder 50 kg nicht lange zu halten vermochte.

Zu den Distanzwaffen ist auch das griechische Feuer zu zählen.

c) Kriegsmaschinen wie Wurfgeschütze, Rammen und Belagerungstürme in großer Vielfalt wurden zum Berennen von Burgen und festen Städten benutzt.

d) Feuerwaffen. In der ersten Hälfte des 14. Jh. kamen Feuerwaffen (s. Artillerie, Handfeuerwaffen) auf, die in zunehmendem Maße die Kriegsführung beeinflussen sollten.

(jagdliche Waffen s. Jagd)

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