Amulett

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Amulett (lat. amuletum; von amoliri = abwenden; lat. auch ligamentum, ligatura; grch. phylakterion. Das Lehnwort kam im Deutschen erst im 16. Jh. auf. Vordem verwendete man beschreibende Synonyme wie sackelin, schilt, angehenke, zouber oder artzeney). Im magischen Glauben der vorchristl. Zeit war die Praxis des mittelalterliche Volksglaubens verwurzelt, kleine Gegenstände allerlei Art als Abwehrzauber – etwa gegen den Bösen Blick – mit sich zu führen, am vorteilhaftesten direkt am Körper zu tragen. Neben heidnischen Zeichen aus Silber, Halbedelsteinen, Speckstein, Pflanzenteilen, Maulwurfspfoten, Tierzähnen, Muscheln u.ä. kamen christl. Devotionalien wie Kreuze oder Reliquiare in Gebrauch. Die magische Wirkung eines Amuletts wurde durch bestimmte, teilweise ritualisierte Manipulationen verstärkt, etwa durch Berühren, Reiben, Streicheln oder abwehrendes Entgegenhalten. Die Wirkung pflanzlicher Amulette hing zudem vom richtigen Zeitpunkt (Sternbild, Tageszeit) der Ernte ab und von den dabei gesprochenen Gebeten oder Segenssprüchen. Benutzt wurden getrocknete ganze Pflanzen oder Pflanzenteile (Wurzeln, Samen). So schützte man sich vor dem Bösen Blick und vor Behexung durch ein Amulett von der Alraunwurzel, vor der Pest durch solche mit Wacholder, Bibernelle oder Angelika.

Der zur Zeit Karls d. Gr. entstandene Indiculus superstitionum et paganiarum befasst sich mit dem Verbot von Abwehrmitteln im Allgemeinen und von Amuletten im Besonderen. Für Hildegard von Bingen waren Amulette wirksame und als “weiße Magie” erlaubte Schutzmittel gegen die Machenschaften der Dämonen, und sie gibt Anweisungen zu Herstellung und Gebrauch von unheilabwehrenden Mitteln aus den Körperteilen verschiedener Tiere; so etwa empfiehlt sie ein in Metall gefasstes Schlangenherz als schützende Abwehr und als Glücksbringer. Thomas von Aquin hielt Amulette für Zauberutensilien zur Anrufung der Dämonen (“ad invocationes daemonum pertinens”) und damit den verbotenen Künsten zuzurechnen; ausgenommen von dem Verdikt waren jene Amulette, die Worte der Hl. Schrift oder das Zeichen des Kreuzes enthielten und die man den Segen zurechnete.

Talismane (v. grch telesma = geweihter Gegenstand), also Glücksbringer wie etwa Abraxasgemmen (s. Abraxas), erfuhren im Mittelalter eine geringere Wertschätzung als Amulette. Die Wirksamkeit der Talismane beruhte üblicherweise auf der magischen Potenz von Wörtern, Sätzen oder Wortgebilden wie der SATOR-AREPO-Formel (s. magisches Quadrat). Diese wurden auf Pergamentstreifen geschrieben, die man zusammengerollt am Körper trug. Talismane wie Amulette gelten als Ansatzpunkte bei der Herausbildung bäuerlichen Schmucks.

Als heilig galten religiöse Medaillons, wie sie spätestens seit dem 12, Jh. als Pilgerzeichen getragen wurden. Ursprünglich waren sie wohl als Beleg für eine abgeleistete Wallfahrt oder Strafpilgerschaft am Zielort vergeben worden; bald galten sie jedoch als Glücksbringer wie andere Talismane auch.

Die Wertschätzung eines Amuletts beruhte nicht zuletzt auf einem wertvollen Material und einer schmückenden Wirkung.

(s. Edelsteine, magische Wirksamkeit der; Sakramentenzauber)

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