Angst

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. Entdecke in „Leben im Schatten der Zinnen“ auf 122 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt.

Angst (mhd. angest; unbestimmtes Gefühl des Bedrohtseins mit körperlichen Reaktionen von der “würgenden A.” bis hin zum “Gelähmtsein aus A.”; grch. phobos, lat. angor. Zu unterscheiden von der objektbezogenen Furcht vor etwas [mhd. vorhte, grch. deimos, lat. timor]). Mut und Tapferkeit galten im Mittelalter als unabdingbare Charaktereigenschaften der Edelleute, Angst und Feigheit gehörten dagegen zum Bild der gemeinen Leute, wie es zeitgenössische Chronisten und Erzähler zeichneten. Ritterlicher Art war allenfalls die Gottesfurcht gemäß. Jenseits dieser tendenziösen Schwarz-Weiß-Malerei gab es unter allen Ständen furchtlose und feige, tapfere und ängstliche, besorgte und zuversichtliche Menschen und vor allem mehr solche, bei denen sich diese Affekte in einem angemessenen Gleichgewicht befanden als solche, bei denen ein Affekt auf unangemessene Weise vorherrschte.

Von grundsätzlicher Bedeutung für den mittelalterliche Menschen waren kollektive Ängste, wie sie durch Naturerscheinungen und -katastrophen (z.B. Erdbeben, Kometen, Seuchen, Missernten, Hungersnöten), besonders aber durch Gräuelmärchen des Aber- oder Kirchenglaubens erzeugt wurden (z.B. von Teufeln, Dämonen oder Hexen, von Erbschuld- und Höllenlehren). Manche dieser Ängste – vor allem solche wegen Unwettern, Missernten und Hunger – befielen fast ausschließlich das einfache Volk, während Angstgefühle wegen teuflischer Bedrohung oder göttlicher Rache Allen gleichermaßen gegenwärtig waren. Solche kollektiven Ängste suchte man durch Aggression loszuwerden, und fand dazu Sündenböcke in vermeintlichen Schadensstiftern wie Juden, Landstreichern, Leprösen oder Hexen. Die Kirche musste zwangsläufig jene Verursacher von Ängsten, welche sie selbst erfunden hatte, gnadenlos bekämpfen: Den Satan und die ihm hörigen Gottesleugner, die Ketzer, Dämonenbeschwörer und Antichristen. Je grausamer mit derlei Gottesfeinden verfahren wurde, desto eher sah man den Zorn Gottes besänftigt und die eigenen Ängste beschwichtigt. Die Angst kann als kennzeichnend für das Mittelalter bezeichnet werden und wurde permanent geschürt durch Prediger wie Berthold von Regensburg, die nicht müde wurde, den Gläubigen die Höllenstrafen drastisch zu schildern und und sie zur Umkehr zu bewegen. Angst wurde durch die Kirche bewusst erzeugt und unterhalten, damit die Aussicht auf Seelenfrieden und jenseitige Erlösung mit möglichst vielen frommenen Zuwendungen und Stiftungen erkauft wurde.

(s. Ablass, Stiftung, Testament)

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