Baugerüste

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Baugerüste (mhd. gerüste; mlat. machinae, machinamenta). Unsere Kenntnisse über mittelalterliche Baugerüste stammen im wesentlichen von zeitgenössischen Abbildungen, werden aber auch durch Funde von Rüstlöchern im Mauerwerk und von Pfostenlöchern im Boden bestätigt. Nördlich der Alpen wurden bis zur Mitte des 14. Jh. nur Auslegergerüste verwendet, von da an wurden in zunehmendem Maß auch Stangengerüste errichtet. Abbildungen von Bock- und Lehrgerüsten finden sich seltener, obwohl sie sicher häufig benutzt wurden.

Auslegergerüste (auch “fliegende” oder “schwebende” Gerüste) waren für Maurer-, Fug-, Putz- und Tüncharbeiten erforderlich. Die Laufplanken bzw. das Laufflechtwerk lagen Rund- oder Kanthölzern auf, die in Höhenabständen von jeweils ca. 1,50 m ins Mauerwerk eingelassen waren. Die Ausleger einer Arbeitsebene waren 1 – 2 m voneinander entfernt. Ihre Tragfähigkeit stammte teils von der dem eingemauerten Ende auflagernden Mauerlast, teils von Stützen (“Bügen”), die das freie Ende schräg nach unten gegen die Wand versteiften (Konsolgerüst). An der Innenraumseite war ein Teil der Ausleger durch ein Zapfenschloss gesichert. Das Auslegergerüst wanderte mit dem Baufortschritt in die Höhe, und wurde von Putzern oder Tünchern, die von oben nach unten arbeiteten, in umgekehrter Richtung zurückgebaut. Laufbretter lagen nur auf der jeweiligen Arbeitsebene, zu der man über Laufschrägen oder Leitern gelangte.

Stangengerüste (Standgerüste) bestanden aus hohen “Rüstbäumen”, die im Abstand von 1 – 1,50 m von der Mauer im Boden verankert, gegen die Wand durch eingemauerte “Rüstriegel” abgestützt und untereinander durch diagonale Streben ausgesteift waren. Die Arbeitsetagen bildeten waagrechte “Streichstangen” auf der Höhe der eingemauerten Riegel, die mit Stricken an den Rüstbäumen angeschlagen waren und zusammen mit den Riegeln die Laufbohlen oder das Laufgeflecht trugen. Die Arbeitsebene wurde durch Geländer nach außen gesichert. Beim Rückbau des Gerüstes wurden, wie beim Auslegergerüst, die eingemauerten Rüstriegel herausgezogen oder abgesägt. (Ein doppeltes Stangengerüst mit zweiter, mauerseitiger Rüstbaumreihe erscheint erstmalig auf einer frz. Abbildung des späten 15. Jh.) In den Mauern mancher mittelalterliche Großbauten haben sich die Löcher für Auslegerbalken und Rüstriegel erhalten.

Bockgerüste konnten nur für Arbeiten in geringer Höhe (bis ca. 3 m) verwendet werden und bestanden aus vierbeinigen Gestellen, auf welche die Laufbohlen aufgelegt wurden.

Außer Gerüsten für Transportwege und Arbeitsflächen brauchte man weitere zur Materiallagerung, für die Aufstellung von Hebemaschinen oder für die Aufhängung von Umlenkrollen. Lehrgerüste (Schal-, Stützgerüste) dienten als Form- und Tragekonstruktion beim Bogen- und Gewölbebau. Sie bestanden im wesentlichen aus einem waagrechten Balken, der die Wölbungsbasis überspannte und aus Radialbalken, die, von dessen Mitte ausgehend, die Bogenschalung stützten. Das Lehrgerüst wurde nach dem Einsetzen des Schluss-Steins eines Bogens oder nachdem der Mörtel einer Wölbung ausgehärtet war wieder abgebaut. Lehrbogen (pokstellos, pogstalle = Bogengestelle) konnten abgesenkt, samt Tragegerüst versetzt und im nächsten Bauabschnitt wiederverwendet werden. Man nimmt an, dass derartige Gerüste fahrbar ausgebildet waren und abschnittsweise verrollt wurden.

(Lehrgerüste s. Gewölbe)

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