Bauopfer

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Bauopfer. Der neuzeitl. Begriff aus der Volks- und Brauchtumskunde steht für “Opferungen” von Lebewesen und/oder Sachen, die bei der Errichtung eines Gebäudes in dessen Fundament, im tragenden Mauerwerk oder an speziellen Orten (Dachstuhl, Türschwelle, Kaminboden) eingebracht wurden, und den Bestand des Baus und das Wohl seiner Bewohner garantieren sollten. Bauopfer galten als universelles Schutzmittel vor Unheil aller Art, von Blitzschlag, Brand- und Wasserschaden oder Ungezieferbefall bis zu Hexenzauber, Krankheit, Hungersnot und Tod. Der Brauch war seit der Sesshaftwerdung des Menschen im Neolithikum weltweit bei vielen Kulturvölkern verbreitet und fand sich noch im abendländischen Mittelalter und in der früheren Neuzeit.

Geopfert – d.h. lebendig oder tot eingemauert bzw. deponiert – wurden Menschen (häufig Kinder), Haustiere (Katzen, Hühner), Pflanzen (Palmbuschen, Kräuter und Wurzeln mit magischen Potenzen), Speisen (Eier, Korn, Wein) oder Artefakte (Gold- oder Silbermünzen, Messer, Scheren, Kreuze, Zettel mit magischen oder Bibel-Sprüchen u.a.m.). Zur Deponierung bevorzugte Stellen waren solche, die von Dämonen oder Hexen als Zutritt bevorzugt wurden, also besonders zu schützen waren: so Türen und Fenster, Feuerstellen und Rauchabzüge, Dachböden und -luken. Betroffene Bauwerke konnten Burgen, Stadtsmauern, Kirchen, feste Wohnhäuser, Brücken oder Dämme sein. Die Intention dabei war, übernatürliche oder irdische Wesen – Dämonen, Geister, Götter bzw. Hexen, Zauberer, Verbrecher – durch das magische Ritual günstig zu stimmen oder abzuwehren, gehört also in der Bereich des Aberglaubens.

Möglicherweise gehen auf die Einbringung des Bauopfers die neuzeitlichen und christl. überformten Zeremonien der “Legung des Grundsteins” oder die der Deponierung von zeitgenössischen Produkten (Urkunden, Tageszeitungen, Münzen, Geldscheine) in den Turmspitzen (“Kirchturmkugeln”) von Kirchenneubauten zurück.

Sachbelege für den Bauopfer-Brauch kommen hin und wider bei Hausabbrüchen bzw. Umbauarbeiten zu Tage: Zufallsfunde von mumifizierten Katzenleichen, Knochen oder ganze Skelette von Tieren und Menschen, intakte Ton- und Glasgefäße oder Bruchstücke davon, figürliche Darstellungen (Heiligenstatuetten, aber auch solche von Kröten oder Eidechsen), Geldmünzen, Werkzeuge, Naturalien und Speisen.

(s. Aberglaube; Dämonenabwehr, Dämonenzauber, Grundstein)

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