Drahtziehen

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Drahtziehen (mhd., ahd. drat = das Gedrehte). Metalldraht als Halbfertigprodukt wurde für viele Fertigprodukte gebraucht, etwa für Ringelpanzer, Nadeln, Nägel, Nieten, Haken, Ösen, Ketten, Käfige, Siebe (für Haushalt und Papiermacherei), Schmuckstücke usf. Ausgangsmaterialien waren Gold, Silber, Messing und Kupfer, vor allem aber das vom Zainschmied gelieferte Stabeisen (Zaineisen), die zu Grobdraht ausgeschmiedet wurden. Dieser wurde vom 11./12. Jh. an durch die verschieden großen Löcher (mhd. hol = Loch) des “Zieheisens” gezogen und dabei auf die gewünschte Stärke gebracht. Je mehr die Drahtstärke über den Mitteldraht zum Feindraht hin abnahm, desto geringer war der benötigte Kraftaufwand. Um die Elastizität des Drahtmetalls zu erhalten, wurde der Draht nach jedem dritten oder fünften Ziehen in der Esse geglüht.

Bis zur Erfindung der Drahtmühle um 1350 wurde ausschließlich mit menschlicher Muskelkraft gearbeitet: der Drahtzieher steht auf dem – auf einem flachen Hocker (Ziehschemel) liegenden – Zieheisen, und zieht unter Aufbietung der Kräfte von Bein-, Rücken- und Armmuskulatur den Draht durch eines von dessen Löchern. Bei einer jüngeren Methode fasste der auf einer Schaukel sitzende Drahtzieher (“Schockenzieher”) den Draht mit einer Zange und zog ihn, sich auf der Schaukel rückwärts-stemmend, durch das Zieheisen. Dabei wurde der Draht auf Stärken zwischen 5 und 1 mm gebracht. Feinere Drähte als der Schockenzieher fertigten die Leirenzieher, die vom 14. Jh. an ein eigenes Handwerk bildeten. Der Name Leiren- oder Leiernzieher leitet sich von der Handkurbel (Leier) der Trommel her, auf welche der Feindrahtzieher den Draht auf der Ziehbank aufspulte. Die beim Aufspulen entstehende Zugkraft reichte aus, um den Draht durch das Locheisen zu ziehen. Leirenzieher übernahmen Grobdraht von den Drahtschmieden oder Schockenziehern, und lieferten einerseits Halbfabrikate an Nadelmacher oder Sarwürker, andererseits fertigten sie selbst kleinere Fertigprodukte wie Schnallen, Häkchen und Ösen. Die Drahtzieherei spezialisierte sich nach Art der Metalle (Eisen, Messing, Kupfer, Silber, Gold) und nach der Drahtstärke (Grob-, Mittel-, Feindraht).

Zentrum mittelalterliche Drahtproduktion war Nürnberg, wo um 1390 die erste wassergetriebene Drahtmühle eingerichtet wurde. In der Nachbarschaft der Drahtmühlen entstanden Betriebe zur Nagel- und Nadelproduktion (so etwa in Schwandorf). Weitere frühe Drahtziehmühlen gab es in Augsburg, Frankfurt, Iserlohn und Lüdenscheid.

(s. Drahtherstellung)

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