Drogen

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Drogen (mhd. trucken guet; mlat. drogaria; das Wort erscheint im Dt. erst im 16. Jh. und ist nicht gleichzusetzen mit unseren heutigen Rauschdrogen; es war abgeleitet von mndd. drogefate = Trockenfässer, Packfässer mit getrockneter Ware. Droge wurde irrtümlich als Bezeichnung des Inhalts aufgefasst; Spezereien, Gewürze, Duftstoffe, Apotheker- und Farbwaren wurden bis dahin splat. als specie, specerie, aroma bezeichnet, v. mlat. species = Gewürz, Spezerei). Pflanzliche, tierische und mineralische Ausgangsstoffe für Arzneimittel und zur Verwendung in der Technik (Färben, Gerben), meist in getrockneter und pulverisierter Form. Sie wurden als Einzelpräparat (simplicium), häufiger in komplexen Rezepten eingesetzt, wobei über die Pharmakodynamik völlige Unkenntnis bestand. (Im Volksglauben bestanden mystische Vorstellungen, die weit über die Arzneiwirkung hinausreichten.) Drogen aus dem Mediterraneum und aus dem Orient wurden in steigenden Mengen importiert zur Konservierung und als Geschmacks-Korrigens von Lebensmitteln, als Farb- und Duftstoffe sowie für heilkundliche und kosmetische Zwecke.

Drogenlisten finden sich z.B. im “Circa Instans” des Matthaeus Platearius, im “Antidotarium Nicolai” und im “Thesaurus medicaminum” des Hanns Minner. Hier kann nur eine kleine Auswahl bemerkenswerter, im Mittelalter gebräuchlicher Drogen angeführt werden.

Pflanzliche Drogen

®Allermannsharnisch (Siegwurz, -lauch, Siegmarsmännlein, Neunhemdenwurz, Bergknoblauch, -alraun; botan. Allium victorialis). Mehrjährige krautige Pflanze aus der Unterfamilie der Lauchgewächse, mit lanzettförmigen Blättern und gelblich-weißer Blüte in Form einer kugeligem Scheindolde, beheimatet in alpinen und subalpinen Regionen Eurasiens. Die netzfaserigen Hüllen ihrer länglichen Zwiebeln ließen die Alten an ein Kettenhemd denken, und so muteten sie ihr gemäß dem Analogieglauben auch dessen Schutzwirkung gegen Hieb-, Stich- und Schusswunden zu. Die Zwiebel wurde als Amulett getragen und galt – wohl wegen ihres starken Geruchs – als wirksam gegen alles Böse wie Krankheiten, Hexenkunst, Verletzungen, giftige Schlangenbisse u.a.m. Wegen der entfernt menschengestaltigen Zwiebel nicht immer klar von der Alraune unterschieden, wurde A. wie diese für ein Aphrodisiacum gehalten.

Alraune (ahd. alruna, aus ahd. alp [Kobold], und runen [flüstern], die Wurzel des Nachtschattengewächses Mandragora [v. pers. mardom ghia = Manneskraut oder mehr-egiah = Liebeskraut]; auch: Anthropomorphon, Semihominis, Hominiformis. Botan. Mandragora officinarum, M. vernalis, M. autumnalis). Wohl die faszinierendste mittelalterliche Heil- und Zauberpflanze. Sie kam seit dem frühen Mittelalter aus Südeuropa nach Deutschland, wo sie nicht heimisch ist; 1136 wurde sie von der hl. Hildegard beschrieben. Das niedrige, krautartige Gewächs hat breite, blassgrüne Blätter, glänzendgelbe Blüten, rote, beerenähnliche Früchte und einen zwei- bis dreiteiligen dicken Wurzelstock, der senkrecht in die Erde wächst und vom Geflecht der Wurzelfasern überzogen ist. In dem Wurzelstock erkannte man bei einiger Phantasie eine menschliche – weibliche oder männliche – Gestalt, was wohl der Grund für die besondere Wertschätzung in der Volksheilkunde war. (Als Mandragora-Frau wurde die im Frühjahr blühende M. officinarum, als Mann die im Herbst blühendede M. autumnalis bezeichnet.) Um nicht durch den schrecklichen Schrei, den die Wurzel beim Ziehen ausstößt, Schaden zu nehmen, sollte man sich die Ohren verstopfen oder die Wurzel von einem Hund ausreißen lassen, an dessen Halsband sie mit einer Schnur angebunden war. Der Hund hatte die Prozedur dann prompt mit seinem Leben zu bezahlen. (Quelle dieser Anleitung war die “Geschichte des Jüdischen Krieges” von Flavius Josephus, 1. Jh. u. Z.) Unter einem Galgen gewachsene Wurzeln hießen “Galgenmännchen”; mittelalterliche Annahme zufolge sollten sie aus dem Urin (Schweiß, Ejakulat) eines unschuldig Gehenkten entstanden und von besonderer Heilkraft sein. Sie sollte vergrabene Schätze anzeigen, hieb-, stich- und kugelfest machen, Glück und Reichtum ins Haus bringen und diverse Krankheiten heilen (z.B. Epilepsie, Schwermut, Augenkrankheiten). Neben der vom Volksglauben suggerierten mystisch-zauberischen Wirkung zeitigte die Mandragorapflanze physiologische Wirkungen aufgrund der in den kugeligen Früchten enthaltenen Alkaloide (bes. Hyoscyamin, Atropin und Scopolamin). Deretwegen wurden Fruchtauszüge bei Schwergeburten verordnet und waren häufiger Bestandteil von Hexensalben. Von Heilkundigen wurde der Alraunwurzel Wirkung als Aphrodisiakum (von Hildegard solche als Antaphrodisiakum) zugeschrieben. Außerdem wurden Alraunpräparate – häufig zusammen mit anderen Mitteln – in schmerzstillenden, beruhigenden und schlaffördernden Rezepturen verwendet. Bei Überdosierung konnte es aufgrund der toxischen Wirkung der in allen Pflanzenteilen enthaltenen Alkaloide zum Tod durch Atemlähmung kommen. Von daher ist A. eine der geläufigsten Giftpflanzen des Mittelalter gewesen.

Eine große Rolle spielten Räucherungen mit der getrockneten Wurzel eine große Rolle. Wegen seines unangenehmen Geruchs sollten dem Räuvherwerk noch andere Stoffe beigenmengt werden.

Infolge der hohen Preise, die für echte Alraunwurzeln gezahlt werden mußten, fanden Betrüger Ersatz in den Wurzeln der Zaunrübe und des Allermannsharnisch (Siegwurz), die allerdings erst mit dem Schnitzmesser in entsprechende Form gebracht werden mussten.

(s. Hexensalbe, Liebestränke, Narkotika)

®Baldrian

Bilsenkraut, Schwarzes B. (Teufelsauge, Hexen-, Schlaf-, Toll-, Dullkraut, Dulldill; mhd. belisa, bilse; botan. Hyoscyamus niger; Gattung aus der Familie der Nachtschattengewächse). Bis zu 70 cm hohe, widerlich riechende Pflanze mit zottig behaarten, gesägten klebrigen Blättern und zahlreiche Samen enthaltenden Fruchtkapseln. Wichtige mittelalterliche Heil-, Gift-, Schmerz-, Schlaf- und Zauberdroge, enthält – am konzentriertesten in den Samenkörnern und in der Wurzel – Alkaloide (bes. Hyoscyamin, Atropin, Scopolamin), deren Wirkung ähnlich jener der Tollkirsche ist (s.u.); T. war Bestandteil von Hexensalben und -tränken sowie von medizinischen Betäubungsmitteln (s. Narkotika). Dioskurides empfiehlt, bei Zahnweh den Rauch von B. an die schmerzende Stelle zu leiten. In der mittelalterliche Volksmedizin fand sie als Schmerzmittel Verwendung. Tränke aus Bilsenkrautsamen wurden mitunter den Delinquenten zur Ruhigstellung vor ihrer Hinrichtung verabreicht.

Konrad von Megenberg schreibt: “Den samen sol man keim menschen zu essen geben, wann er tödt und bringt den siechtumb der vergessenheit …”. Hildegard von Bingen: “Und wenn jemand es, oder das aus seinen Körnern bereitete Öl äße, würde es ein todbringendes Gift in ihm bereiten”. Die Klostermedizin empfieht äußerliche Anwendungen (gegen Kopf-, Ohren- und Zahnschmerz), lediglich bei starkem Blutspeien wird ein Trank von Bilsenkraut empfohlen. Bei hoher Dosierung sei “Wahnwitz” und Tod zu befürchten. Da man dem Bilsenkraut auch eine stark aphrodisierende Wirkung zuschrieb, wurden in den Badestuben des Spätmittelalter Bilsenkrautsamen auf glühende Kohlen gestreut, um die Badegäste in eine erotische Stimmung zu versetzen. Bilsenkrautauszüge wurden bis in die Neuzeit dem Bier beigemischt, um seine berauschende Wirkung zu steigern. (Der Zusammenhang mit dem Namen der Bierstadt Pilsen ist fraglich; nach anderer Meinung soll das Kraut nach dem kelt. Gott Belenos benannt sein.)

®Brennnessel

®Dost

Eisenhut (Blauer E., Sturmhut, Giftkraut, Teufels-, Wolfswurz; die Bezeichnung Eisenhut rührt von der helmähnlichen Form der Blüte her, andere Namen beziehen sich auf die Giftigkeit; wiss. Aconitum napellus), eine blaublühende Gattung der Hahnenfußgewächse mit dickem, Tochterknollen treibendem Wurzelstock, welcher – wie der Samen – als Hauptwirkstoff das hochgiftige Alkaloid Aconitin enthält. Dieses wird durch die Schleimhäute und durch die unverletzte Haut aufgenommen, bewirkt Empfindungsstörungen von heftigem Hautkribbeln bis zu völliger Anästhesie, endlich gar Bewusstlosigkeit, Atemlähmung und Herzstillstand. Eisenhut war häufig Bestandteil von Hexensalben. Die durch ihn verursachte Sensation des Hautkribbelns und Pelzigwerdens dürfte für das Gefühl der Konsumentinnen verantwortlich gewesen sein, ihnen wüchsen Haare oder Federn, sie verwandelten sich derart in Tiere.

Eisenkraut (mhd. isen-krut, chrout verbena; lat. verbenaca; botan. Verbena officinalis. Der deutsche Name bezieht sich wohl auf den harten (is = hart, zäh) Stängel der Pflanze. Volkstümlich auch Druidenkraut, Eisenhart, Wundkraut). In ganz Europa, Vorderasien und Nordafrika wild wachsende Pflanze mit starren, widerstandsfähigen Zweigen. – Plinius schreibt, dass sie von keltischen Druiden zur Wahrsagerei benutzt würde. Sie war im Mittelalter wie in der Antike als Heil- und Zauberpflanze bekannt. Im “Macer floridus” heißt es, das Kraut helfe mit Wein getrunken Gelbsucht und sämtliche Gifte, das Tragen eines Kranzes aus E. helfe gegen Kopfweh, die Wurzel, um den Hals gehängt, vertreibe den Kropf, ein Umschlag mit zerstampften Blättern heile Wunden und Geschwüre, der Absud eigne sich zu Spülungen bei Eiterfäule im Munde. Die letzten beiden Heilanzeigen finden sich auch bei Hildegard v. Bingen. – Inhaltsstoffe der oberirdischen Pflanzenteile sind Bitter-, Gerb- und Schleimstoffe, Kieselsäure und ein wenig ätherische Öle. – Im Aberglauben galt Verbena als Abwehrmittel gegen Dämonen, Hexen und giftige Tiere sowie als Aphrodisiacum. Hexen sollen E. als Bestandteil der “Flugsalbe” und zum Gewitterbrauen verwendet haben.

Fliegenpilz (Hexenei [das Jugendstadium des Fruchtkörpers]; Amanita muscaria; enthält das giftige Alkaloid Muscarin. Der Name “Fliegenpilz” rührt daher, dass ein von ihm bereiteter Aufguss Fliegen anlocken und töten sollte. Konrad von Megenberg: “wenn man den zuo milch mischt, so toett er die mukken, darumb haizent sie mukkenswammen und ze latein muscineci”.) Zubereitungen aus dem getrockneten und pulverisierten Fruchtkörper wurden als Aphrodisiaca und zur Herbeiführung eines rauschartigen Zustandes benutzt, der von Euphorie über Erregung bis zu Krämpfen und Bewusstlosigkeit gehen konnte.

Johanniskraut (so benannt, weil die Blume um Johanni [24. Juni] in schönster Blüte steht und weil sie, an diesem Tag gepflückt, besondere Heil- und Zauberkraft hat. Außerdem erinnert ihr roter Saft an das Blut des enthaupteten Heiligen. Volkstüml. auch Johannisblut, Hartheu, Hexenkraut, Teufelsflucht; lat. Fuga daemonum; wiss. Hypericum perforatum). Die Pflanze hat harte, kahle Stängel, ovale, durchscheinend gepunktete Blätter (von daher H. perforatum) und gelbe Blüten; bei deren Zerreiben sich ein roter Saft absondert. Aufgrund ihrer Wirkstoffe (Hypericin, Flavonoide, ätherische Öle, Gerbstoffe) war sie gesucht als Arznei- und Färbepflanze. (Zum Färben verwendete man entweder die Blüten – sie ergaben eine rötlich-gelbe Färbung – oder das ganze Kraut für Grün- bis Brauntönung). Für alle Zwecke wurden die oberirdischen Teile der Pflanze zur Zeit ihrer Hochblüte geerntet, also um die Sommer-Sonnwende.

Dem Aberglauben galt sie wegen ihres Namenspatrons als Hilfsmittel bei der Teufelsaustreibung und als Hexen- und Dämonenschreck, ihrer gelben Blüten wegen als blitzeabweisend und wegen ihres roten Saftes als wirksam bei Krankheiten wie Blutarmut oder ausbleibender Regelblutung.

Die Volksmedizin kannte Heilanzeigen wie Wundbehandlung, Rheuma und Gicht.

Beim Verräuchern entwickelt das Kraut einen angenehmen, würzig-aromatischen Duft, dem man zutraute, Melancholie, Angst und Seelenschmerzen zu vertreiben.

Im “Lorscher Arzneibuch” wird J. gegen Melancholie empfohlen. Albertus Magnus und Konrad von Megenberg empfahlen die heilsame Wirkung bei Herz-, Nieren und Leberbeschwerden, Hildegard von Bingen hielt das J. nur als für Viehfutter tauglich.

®Knoblauch

®Kümmel

®Mohn, Schlafmohn (ahd. maho, mhd. man, magsamen, mahen, von grch. mekon; wiss. Papaver somniferum; volkstüml. Magen, Echter Mohn, Schlafmohn). Mohnsaft (aus Stängeln und Blättern, besonders aber aus den unreifen Samenkapseln) dürfte das älteste Schlaf- und Betäubungsmittel sein (s. Opium). Er enthält 37 Alkaloide, darunter Morphin, Codein und Narcotin, wirkt kräftig analgetisch und hypnotisch. In mittelalterliche Rezepten für Schmerz- und Narkosemittel ist Mohnsaft ein häufiges Ingrediens (zusammen mit Mandragora, Schierling, Hyoscyamus oder Bilsenkraut in unterschiedlichen Kompositionen). War auch Bestandteil von Liebestränken und Hexensalben. Hildegard von Bingen kennt seine Schlaf fördernden, Juckreiz stillenden und Ungeziefer vertreibenden Eigenschaften, sieht diese aber ausschließlich an die Samenkörner gebunden.

Mönchspfeffer (auch: Keuschlamm; Vitex agnus-castus). Wurde als Gewürz angepflanzt und auch als Antaphrodisiacum empfohlen. “Er nimmt die Begierde zum Venushandel und solches tut nicht allein der Samen, sondern auch die Blätter und Blumen, nicht aber nur so man sie esset, sondern auch wenn man sie im Bett verstreut.” (So in einem frühneuzeitl. Kräuterbuch.) Seine Wirkstoffe – vor allem ätherische Öle – wirken auch positiv auf die Gelbkörperbildung (Luteinisation), was eine schwangerschaftsfestigende Wirkung hat.

Mutterkorn (der Name des Pilzes kommt wohl von der die Gebärmutter [mhd. ber-muoter] anregenden Wirkung; botan. Secale cornutum; volkstüml. Hunger-, Tollkorn). Schwärzliche, hornförmige (cornutus) Auswüchse auf Ähren von Roggen (secale). Sie werden bei feuchter Witterung durch den Pilz Claviceps purpurea hervorgerufen. Dieser Pilz enthält giftige Lysergsäure-Alkaloide, welche die Brotseuche verursachten. Die Brotseuche trat entweder als Gewebsbrand oder als epileptiformer Krampf mit Ohnmachten auf, nach denen die Patienten oft von Visionen berichteten, die übernatürlichen Ursachen zugeschrieben wurden. (Heute weiß man, dass einige Clavicepsarten das Alkaloid Ergonovin enthalten, das mit LSD identisch ist. Inwieweit Mutterkorn als psychotrope Medizin eingesetzt wurde, ist nicht bekannt.) Hebammen wandten Mutterkorn-Präparate wegen ihrer uterusanregenden und blutungsstillenden Eigenschaften als pulvis parturiens zur Wehenanregung und als Hämostyptikum an, auch als Abtreibungsmittel wurde es eingesetzt.

Nachtschatten, bittersüßer (ahd. nahsato, mhd. nahtschade; wiss. Solanum dulcamara; Volksnamen Alpkraut, Alpranke). Wurde als Mittel gegen den von Dämonen bewirkten Alpdruck (“Nachtschaden”) verwendet. Die Wirkung wurde einem der Pflanze innewohnenden, noch kräftigeren elbischen Dämon gutgeschrieben. Die Inhaltsstoffe der Stängel – Alkaloide und Saponine – verursachen zentralnervöse Wirkungen wie Sinnestäuschungen und Trugbilder. Daneben verwendete man die Droge gegen Gicht- und Rheumaschmerzen, Hautausschläge, Husten und als harntreibendes Mittel. Der “Macer floridus” empfiehlt ausschließlich äußerliche Anwendung, und zwar bei Ohr- und Kopfschmerz, bei Hautjucken und -ausschlägen und bei Brotseuche.

Nachtschatten, schwarzer (Solanum nigrum). Wegen seiner zentralnervösen Wirkung (erotisch gefärbte Halluzinationen) häufiger Bestandteil der Hexensalben. Hildegard empfiehlt seine äußerliche Anwendung bei Herzschwäche, Zahnschmerzen und geschwollenen Füßen.

Narde

Nieswurz, schwarze

Nieswurz, weiße

Petersilie

Salbei

Schierling (ahd. skerninc, scerilinc, mhd. scherlinc, schirlinc. Mehrere Doldenblütler; verwendet wurden Wurzelknollen, Blätter, Blüten und Samen von: Conium maculatum [Flecken-Sch., enthält das giftige Alkaloid Coniin] und Cicuta virosa [Wasser-Sch., giftig durch das Alkaloid Cicutoxin]). Innerlich angewendet gegen Milzleiden und Gicht sowie als Antaphrodisiacum. Äußerlich von Hildegard – wohl zur Schmerzlinderung – bei Schwellungen und Quetschungen empfohlen. Der “Macer floridus” empfiehlt bei Gicht ein Schierlingspflaster. – Coniin wird durch Schleimhäute und unverletzte Haut aufgenommen, lähmt die motorischen Nervenendigungen der Skelettmuskulatur und wirkt betäubend auf sensible Nervenendigungen. Einreibung des männlichen Geschlechtsorgans mit Schierlingssaft soltte die Potenz abtöten. Bei innerlicher Anwendung bewirkt das Gift aufsteigende Lähmung der motorischen Rückenmarkszentren, endlich Tod durch Atemstillstand bei vollem Bewusstsein. Bestandteil von Hexensalben (Flughalluzination) und des Schlafschwamms (s. Narkotika).

Stechapfel (Datura stramonium, von dem Sanskrit-Wort dhat [Name eines Giftes] abgeleitete Gattungsbezeichnung. Auch Dorn-, Teufels-, Zigeunerapfel, Igelskolben; zur Familie der Nachtschattengewächse gehörend). Der bis zu 1 m hohe kahle Stängel verzweigt sich erst im oberen Teil. In den oberen Blattachsen erscheinen im Juni/Oktober trichterförmige weiße Blüten; diese öffnen sich erst abends und verströmen einen berauschenden Duft. Die Frucht ist eine eiförmige, walnussgroße, stachelige Kapsel, die viele kleine braune Samenkörner (“Tollkörner”) enthält. Die Pflanze war bei uns nicht heimisch und wurde wahrscheinlich im Mittelalter von zuwandernden Zigeunern mitgebracht. Zigeunerfrauen sollen die Samenkörner für heil- und zauberkräftig gehalten und damit Wahrsagerei betrieben haben. Sämtliche Pflanzenteile – besonders aber Wurzel und Samen – enthalten die Alkaloide Hyoscyamin, Skopolamin und Atropin; wegen derer halluzinogenen und narkotisierenden Wirkung fand sich die Droge in vielen Zaubermitteln, Hexensalben und Liebestränken. Wegen seiner berauschenden Wirkung wurde Stechapfelkraut mitunter dem Bier zugesetzt. In der Volksmedizin fand sie in Zubereitungen gegen Husten und Asthma Verwendung. Wegen seiner berauschenden Wirkung wurde Stechapfelkraut dem Bier zugesetzt. Vor allem Br.-wurzel und -samen sind stark alkaloidhaltig und wurden als tödliches Gift verwendet.

Tollkirsche (Schlafbeere, Teufelskirsche, Tollwurz, Hexenkraut, Wolfsbeere; lat. Atropa belladonna, auch Uva versa [wegen der “verkehrt” sitzenden Beeren]; Nachtschattengewächs, dessen Blätter, Blüten und Früchte die Alkaloide Atropin, Hyoscyamin, Scopolamin, Belladonnin enthalten). Atropin, das wesentliche Alkaloid der Nachtschattengewächse (z.B. Alraune, Bilsenkraut, Tollkirsche), bewirkt Erweiterung der Hautgefäße (heiße, gerötete Haut, Senkung der Körpertemparatur), periphere Lähmung (Erschlaffung der Muskeln, Pupillenweitstellung), Hemmung der Speichel- und Schweißsekretion (Trockenheit in Schlund und Kehlkopf, Unfähigkeit zu schlucken, Heiserkeit), zentralnervöse Erregung (Redseligkeit, Bewegungsdrang, Euphorie), Halluzinationen (häufig erotischer Färbung), teils friedlich, teils mit Raserei (Tollheit) verbundene Delirien, bei großen Dosen zentrale Lähmung, Tod durch Atemstillstand. Präparate aus Nachtschattengewächsen wurden mit Tötungsabsicht verabreicht, als Narkotika eingesetzt, als Augentropfen zur Steigerung der Wirkung des weiblichen Blickes (durch Pupillenerweiterung) eingeträufelt oder in erotisierende Arzneimittelzubereitungen und Hexensalben eingebaut. – Hildegard v. Bingen warnt vor der Giftigkeit der T., und nennt als einzige Heilanwendung eine Salbe mit T.-Saft gegen Hautgeschwüre.

Wolfswurz (Ähriges Christophskraut, Feuer-, Hexen-, Johanneskraut; Actaea spicata; gehört zur Gattung der Hahnenfußgewächse). Das Blattwerk, die Beeren (Teufels-, Hunds-, Wolfsbeere, Judenkirsche) und der Wurzelstock (Wolfswurzel) enthalten Alkaloide (v.a. Magnoflorin), die fiebersenkend und schmerzlindernd wirken sollen. Wolfswurz wurde gegen Hautleiden und gegen die Pest verordnet. Der volkstümliche Name “Christophskraut” rührt daher, dass die Pflanze hilfreich beim “Christoffeln” war, dem Zaubern und Schatzsuchen im Namen St. Christopheri, des Meisters aller guten und bösen Geister, Helfers zum Erlangen von Reichtümern.

®Zaunrübe (Rotfrüchtige Zaunrübe, Bryonica dioica))

®Ziest (Aufrecheter Ziest, Stachys recta)

Tierische Drogen

Eine Vielzahl von Tierteilen und Tierprodukten fanden als Drogen Verwendung. Genannt seien Fett von Bär, Schwein, Hund, Katze oder Regenwurm; Geweih, Knochenmark, Penis und Blase vom Hirschen; Organe und getrocknetes Blut vom Fuchs; Herz und Galle vom Hecht; Bibergeil (Castoreum, stark riechende Absonderung aus den Afterdrüsen des Bibers); Bezoare (Magenstein von Wiederkäuern; besteht aus Kalziumphosphat; der Name kommt vom arab. bezahr = Gegengift); Fleisch von Vipern (s. Theriak); Körperteile und Ausscheidungen der ® Maus; ferner Honig, Bienenwachs, Elfenbein, Muscheln (belliculi marini), Horn vom Einhorn (dem sagenhaften Monoceros; realiter meist ein Narwalzahn), Spinnweben u.a.m.

In diesem Zusammenhang sei an die im Spätmittelalter für Arzneimittelzubereitungen sehr begehrten Mumien erinnerte, die als “mumia vera Aegyptica” aus Ägypten importiert oder als “frische Mumie” von den Leichen hingerichteter – möglichst rothaariger – Delinquenten gewonnen wurde. Unter “persischer Mumie” verstand man ein paraffinhaltiges Erdöl aus Persien, Mesopotamien und von den Gestaden des Toten Meeres (Erdpech, Judenpech), das als Heilmittel gegen Besessenheit und als Abwehrmittel gegen Dämonen eingesetzt wurde. (s. Mumie)

Mineralische Drogen wurden weniger häufig als pflanzliche eingesetzt. Nach Konrad von Megenberg hat Gold eine reinigende und läuternde Wirkung; es stärkt das Herz und schützt vor Ohnmacht. Silberschaum hilft gegen Hämorrhoiden und Krätze. Eisensinter erweicht Geschwüre. Im “Antidotarium Nicolai” sind aufgeführt: Blei, Schwefel, Quecksilber, Alaun, Kalk, Steinsalz, Bolus alba u.v.a. Besondere therapeutische Wirksamkeit wurde Edelsteinen zugeschrieben (s. Edelsteine, magische Wirksamkeit der). Als Mittel gegen Vergiftungen, Schlangenbisse und Seuchen stand Heilerde (s. terra sigillata) in hohem Ansehen. (s. Memphites)

Abschließend eine Liste von “Gewürzen” (Waren aller Art, die in kleinen Mengen zu hohen Preise verkauft wurden) aus der venezianischen “Practica della Mercatura” (Geschäftspraxis), entstanden zwischen 1310 und 1340 (zit. nach E. T. Morris, S. 160):

Anis, Ambra, Rosenwasser, Balsam, Zimt, Kassie, Kardamom, Kreuzkümmel, Kampfer, Papier, Kalmus, Costus, Zitronen, Gewürznelken, Fenchel, Ingwer, Narde, Weihrauch, Agarholz, Moschus, Mastixharz, Muskatnuss, Olivenöl, Pfeffer, Kiefernharz, Sandelholz, Zucker, parfümiert mit Rosen und Veilchen.

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