Genugtuung

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Genugtuung (mhd. genuoctuon; lat. satisfactio). Um drohende oder auch bereits ausgebrochene blutige Konflikte gütlich beizulegen und um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden, hatten im Frühmittelalter und Hochmittelalter adlige Friedensbrecher das Recht zur Selbstregulierung des Streits durch Erlegung einer Geldbuße, des sog. Wergelds. Im weiteren Verlauf entwickelte sich zur Konfliktvermeidung ein System demonstrativer, ritualisierter Akte, bei deren Vorbereitung ein Vermittler (mhd. mitteler, mittelman; lat. mediator) eine große Rolle spielte. Vermittler (Friedensstifter) waren von hohem Rang (der König selbst, Bischöfe, Herzöge, Grafen), galten von Beginn ihrer Tätigkeit an als neutral, handelten in getrennten Treffen mit den Parteien eine angemessene Genugtuung aus und garantierten eidlich die Einhaltung der ausgehandelten Bedingungen. Genugtuung leisteten Rangniedere den Ranghöheren oder Personen gleichen Ranges untereinander. Die zu leistende Genugtuung konnte in einem rituellen, öffentlich vollzogenen Fußfall bestehen, der umso demütigender vollzogen wurde (barfuß, im Büßergewand oder halbnackt), je höher der Gnadegewährende über dem sich Unterwerfenden stand. Jedoch sollte Großmut (milte, lat. mansuetudo, clementia) gezeigt und die Ehre des Gnadesuchenden nicht zu sehr verletzt werden. Erschien die inszenierte Demutsgeste nicht hinreichend, um Verzeihung zu gewähren, konnten darüberhinaus Sanktionen wie Haft, Exil oder Geldstrafe verhängt werden. Sofern ein Ranghöherer einem Vasallen oder sonst untergebenen Genugtuung leisten musste, bediente man sich anderer Akte als des der Unterwerfung; man konnte sich – womöglich unter Tränen – entschuldigen, getanes Unrecht wieder gutmachen oder Schadensersatz leisten. Wer nach geleisteter Genugtuung den Konflikt fortsetzte oder von neuem begann, konnte nicht mehr auf Versöhnung hoffen und hatte härteste Strafen zu gewärtigen. Im weiteren Verlauf verlagerten sich Konfliktregelungen an Königs- und andere Gerichte.

(s. Begnadigung, deditio, Fußfall, Prostration, Ritual)

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