Hase

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Hase (Feldhase; mhd. hase, has; lat. lepus; zool. Lepus europaeus). Weltweit verbreitees kleines Säugetier (Nager, Pflanzenfresser, Kulturfolger) mit einer Körperlänge von bis zu 70 cm, langen Ohren (Löffeln) und längeren Hinter- als Vorderläufen. Auf der Flucht vor einem seiner vielen Feinde (Fuchs, Marder, Wiesel, Greifvögel, Rabenkrähen, Mensch) sucht er sein Heil in blitzschneller Richtungsänderung (dem “Hakenschlagen”, mhd. hasenwer).

Die als “Stallhasen” bezeichneten hasenartgen Tiere sind domestizierte Kaninchen.

Die Beziehung zwischen dem Hasen, den Eiern und dem Osterfest rührt wahrscheinlich von dem vorösterlichen Abgabetermin am Gründonnerstag her, an dem der Kleinzins u.a.in Form von Eiern und Stallhasen zu erbringen war.

Der mittelalterliche Aberglaube, der Verzehr von Hasenfleisch mache schön, lässt sich bis auf Plinius zurückführen. Er beruht wohl auf der Verwechslung von lepus = der Hase mit lepos = Anmut. Plinius attestiert in seiner “naturalis historia” dem Hasen, dass er mit offenen Agen schlafe, was dem Tier den Ruf ständiger Wachsamkeit eingebracht hat.

Der Physiologus weiß: “Wenn er gejagt wird, flieht er in felsiges und ansteigendes Gelände, und dann werden die Hunde samt dem Jäger müde und haben nicht Kraft, ihn zu erjagen … Wenn er sich aber zu abschüssigem Gelände wendet, kann er nicht so gut rennen, weil seine Vorderbeine zu kurz sind, und im Nu fasst ihn der Hund.”

Wohl nach dem Vorbild der Israeliten, die Hasenfleisch für unrein hielten, untersagten Bonifatius wie Papst Zacharias den Genuss des Hasenfleisches. Zacharias auch mit der Begründung in dessen aphrodisierender Wirkung: denn die “Geylheyt vom Hasen” könne auf den Menschen übergehen.

Hildegard von Bingen urteilt: “Der Hase ist mehr warm als kalt. Er hat die Sanftheit des Schafes und die Sprungkraft des Rehs.” Einreibung mit Hasengalle sei ein wirksames Mittel gegen Aussatz. Um eine Wunde (zum Ablaufen des Sekrets) offenzuhalten, lege man Hasenhaare auf. “Was sonst noch am Hasen ist, hat für Heilzwecke nur geringen Wert.”

In der Volksmedizin fanden Körperteile des Hasen – äußerlich angewandt oder eingenommen – als Heilmittel gegen viele Krankheiten und als Aphrodisiacum Verwendung: pulverisierte Asche von ungeborenen Hasenjungen halfen gegen Fallsucht; Hasenblut half gegen fast jedes Leiden, seien es Durchfall oder Warzen, Harnsteine oder Krämpfe; Hasenfett, -genitalien, -kot, -balg, -haar, -augen, jeder Körperteil von den Löffeln bis zum Schwanz hatte seine medizinische Potenz.

Die Hasenjagd wurde der Niederjagd zugerechnet und mit Netzen oder ausdauernden Windhunden (Hasenhunden) betrieben.

Der Angang des Hasen wurde als Unglückszeichen gedeutet. Er galt als Liebling der Hexen, die denn auch häufig seine Gestalt annahmen. – Es gibt kaum einen Teil des Hasenkörpers, der im mittelalterliche Aberglauben keine Bedeutung gehabt hätte, wobei zumeist auf Fruchtbarkeit, Gebärfreudigkeit und Zeugungskraft gezielt wurde. So galt beispielsweise ein Hasenschwanz-Amulett als Liebeszauber und ein Hasenpfoten-Amulett als Glücksbringer, auf freiem Feld verbrannte Hasenleber und -galle bannte die Hexen aus dem Umkreis an diesen Ort, und Hexen rieben sich mit seinm Fett ein, um sich in einen Hasen zu verwandeln.

In Märchen und Fabeln wurde der Hase als “Meister Lampe” bezeichnet; der Name geht laut HDA (Bd. III, Sp. 1304) auf die Koseform von Lamprecht zurück, nach anderer Deutung auf die jägersprachliche Bezeichnung des hellen Fells am Hinterteil des Tieres als “Lampe”.

In der christlichen Symbolik und Zahlenmystik erscheint das Drei-Hasen-Motiv als Zeichen der Einheit in der Dreiheit und somit der Dreifaltigkeit. (Fenstermaßwerk, gebildet von drei springenden Hasen im seitlichen Profil, welche, die Köpfe einander zugewandt, ein gleichschenkliges Dreieck bilden; dabei hat jeder Hase (scheinbar) zwei, die Dreiergruppe jedoch nur drei Löffel. Ein darauf bezogener Spruch lautet: “Drei Hasen und der Löffel drei, und doch hat jeder Hase zwei”. Spätgot. Darstellungen des Motivs finden sich u.a. im Dom zu Münster/Westfalen, im Kloster Hardehausen bei Paderborn, an der Kirche in Lauenen bei Gstaad im Berner Oberland, im Kloster Muothal bei Schwyz, im Kreuzgang des Paderborner Doms.)

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