Hexenprozess

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Hexenprozess. Seit dem 12. Jh. wurden vor geistlichen und weltlichen Gerichten die Delikte Schadenzauber und Hexerei verhandelt. Die Anklage auf Hexerei (etwa Giftmischerei) wurde mitunter für den Ankläger selbst gefährlich – konnte er nämlich seine Beschuldigung nicht schlüssig beweisen, so traf ihn wegen seiner Verleumdung die gleiche Strafe, die im Überführungsfalle die Hexe getroffen hätte. Auf diese Weise war zum einen die Verfolgung wirklich Schuldiger gewährleistet, zum andern wurde durch Androhung scharfer Strafe der Gefahr böswilliger Verleumdung vorgebeugt. Diese juristisch einigermaßen befriedigende Ordnung änderte sich, als im 13. Jh. der Inquisitionsprozess eingeführt und das durch Folter erzwungene Geständnis anerkanntes Beweismittel wurde. Durch die Bulle “Ad extirpanda” (Innozenz IV., 1252) wurde die Folter als Beweiserbringungsmittel kirchlicherseits legitimiert. Nachdem die Kirche die Hexerei zur Häresie und zum crimen laesae maiestatis gemacht hatte, kam als Strafe nur mehr der Feuertod in Betracht. Von da an galt Hexerei als crimen exceptum, als crimen atrox, gar atrocissimum, kamen dabei doch Ketzerei, Apostasie, Sacrileg, Blasphemie und Sodomie zusammen. Der Inquisitor musste während des gesamten Verfahrens mit dem Teufel kämpfen, den zu überlisten und zu bezwingen außerordentliche Anstrengungen bei der peinlichen Befragung erforderte. Der satanische Komplize der zu Überführenden stand dieser zur Seite, lehrte sie leugnen und lügen, verhärtete sie gegen Schmerz, verwirrte die Zeugen und suchte gar die Richter zu erweichen und zu verblenden.

Einmal unter Anklage, wurde die Delinquentin mit der Folter nicht nur zum Eingeständnis der eigenen Schuld gebracht, es wurden ihr auch Namen von weiteren “Hexen” abgepresst. Erschienen dem Inquisitionsgericht Anzahl oder Auswahl der Denunzierten als inopportun, so wurde der Widerruf der Anschuldigungen erzwungen. Im zweiten und dritten Viertel des 15. Jh. schwoll dann die Zahl der Hexenprozesse – besonders in Deutschland, Frankreich und in der Schweiz – lawinenartig an. Gründe dafür waren, die Erzwingung von Denunziation unter der Folter und der grassierende allgemeine Hexenwahn, angefacht durch verstörende Lebensnöte (Krieg, Hunger, Seuchen). (Die Hysterie sollte um 1700 ihren Höhepunkt erreichen und erlosch erst Ende des 18. Jh.)

Die seelische und körperliche Qual, welche die geistl. Hexenjäger über ihre Opfer brachten, entzieht sich einer Beschreibung. Folter und endlose Verhöre hatten zudem die Wirkung einer Gehirnwäsche: die peinlich Befragten gestanden nicht nur alles, was in sie hineingefragt wurde, sie glaubten endlich selbst, dies alles tatsächlich verbrochen zu haben. Dies umso eher, als von Pfarrern und Wanderpredigern ein Standardbild des Hexenkultes verbreitet wurde, das vielen Menschen als Realität galt. Überführte Hexen wurden dem “Weltlichen Arm” zur Hinrichtung – meist durch das Feuer – übergeben. Für die Perversion der Hexenprozesse wurden zwar psychologische und sozialpathologische Erklärungen gesucht, eine moralische Bewertung seitens der Kirche steht noch aus. (Joseph Hansen: “Die Geißel der Hexenverfolgung ist von der Theologie der christlichen Kirche geflochten worden”.)

(s. Inquisitionsprozess (kirchl.) )

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