Histrio

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Histrio (lat., = Pantomime, Schauspieler; glossiert mit mimo scenicus; bei Walahfrid Strabo “ludorum exhibitor” = Darsteller von Schauspielen). Die Darsteller antiker Komödien und Tragödien wurden histriones genannt. Nach dem Untergang des klassischen Theaters wurde der histrio zum solistischen Unterhalter, der sein Publikum an jedem gewinnversprechenden Ort zu finden wusste: auf Jahrmärkten und Festplätzen, aber auch an den Höfen des Adels und in den Häusern wohlhabender Leute. Zwar standen sie unter dem Verdikt der Kirche, doch erfreuten sie sich derartiger Beliebtheit, dass sich das Konzil von Aachen (816) realistischerweise darauf beschränkte, Geistlichen die Anwesenheit bei Histrionen-Auftritten zu untersagen. Neben klassischen Stücken (comoediis et tragoediis) dürfte das Repertoir der Histrionen auch Stücke aktuellen Inhalts enthalten haben, wohl auch von derb-komischem Charakter. Dies legt ein Kapitulare von 789 nahe, in welchem den Schauspielern das Auftreten in Kleidern von Priestern, Nonnen oder Mönchen untersagt wurde.

Den kirchlichen Standpunkt zu Histrionen und belustigender Unterhaltung belegt eine Stellungnahme des Petrus Cantor, Theologe und Kantor zu Paris (12. Jh.), der Spielleuten generell die Qualität der menschlichen Rasse abspricht, sie zu nutzlosen Ungeheuern erklärt. Eine anonyme Handschrift aus dem 13. Jh. stellt fest: “Hystrio facit symiam saltare in diebus festis magis quam in aliis diebus: sic dyabolus mulieres in choreis et homines in tabernis.” (“Der Spielmann macht, dass der Affe tanzt, und zwar an hohen Festtagen wie an anderen Tagen: so auch führt der Teufel die Weiber zum Tanz und die Männer in die Wirtshäuser.”) Der prominente Arzt und Lehrer der Heilkunde Gilles de Corbeil (13. Jh.) urteilt: sie seien “nullum hominum genus” (nicht dem Menschengeschlecht zuzurechnen) und Ungeheuer ohne irgenwelche ausgleichende Tugend (“histrio sit monstrum sine ulla virtute redemptum.”) Ein Bußbuch des 13. Jh. enthält die Qualifizierung “… histriones, qui ipso iure sunt infames” (Spielleute, die von Rechts wegen ehrlos sind).

Bis zum Ende des 11. Jh. war die Bezeichnung Histrio im deutschen Sprachgebrauch weitgehend verschwunden und durch lat.”joculator” bzw. mhd. “spilman” (seltener “spilwip”) ersetzt. (s. Joculator, Mimus, Spielleute)

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