Hospiz

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Hospiz (v. lat. hospitium = Herberge; mlat. auch hospitale, cella hospitum). Die christl. Hospize des Mittelalter hatten ihre Vorläufer in den frühmittelalterliche ® xenodochien (grch., = Fremdenherberge), die auch schon caritative Dienste für Findelkinder, Bettler und Alte versahen. Sie fanden sich ursprünglich innerhalb der Stadtmauern, in der Nähe des Bischofssitzes oder der Kathedrale, später auch an alten Römerstraßen und an Alpenpässen. Hospize wurden im 7./8. Jh. von schottischen Mönchen an den Pilgerwegen nach Süden eingerichtet. Die Nennung von Hospizen steigt im 9. Jh. an und erreicht ihren Höhepunkt im 12. Jh. Bis dahin hatten sie die xenodochia abgelöst und verkörperten den Idealtyp klösterlicher Unterkünfte für Fremde, Pilger und Reisende sowie Sozialeinrichtungen für Arme, Kranke, Witwen und Waisen. 789 verfügte Karl d. Gr. den Bau von Hospizen “für die Reisenden …, Räumlichkeiten zur Aufnahme von Armen in den Klöstern und Mönchsgemeinschaften …”. Als im 8./9. Jh. das Pilgertum zur Massenbewegung wurde, reichte – zumal an den Pilgertraßen – die Beherbergungskapazität der Klöster nicht mehr aus; es wurden daher besondere Pilgerspitäler angelegt. Erst vom 12. Jh. an verstand man gemeinhin unter hospitale (Spital) eine soziale Einrichtung für arme Kranke und Alte, unter hospitium (Hospiz) dagegen reine Beherbergungseinrichtungen kirchlicher Körperschaften, vom Spätmittelalter an auch der Städte.

Von besonderer Bedeutung für den Fernreiseverkehr waren die Alpenhospize, die vom 11. Jh. an in großer Zahl entstanden. Vorbildfunktion kommt dem Hospiz auf dem Sankt-Bernhard-Pass (dem damaligen mons Jovis) zu, das um 1050 gegründet wurde und zunächst “Sankt Nikolaus auf dem mons Jovis” hieß. (Der heutige Name wurde erstmals 1154 als “Hospiz Bernhards auf dem Berg” erwähnt und geht auf den Begründer, den Archidiakon Bernhard aus Aosta zurück.) Das Hospiz wurde von Kanonikern (regulierten Chorherren) betrieben, denen bruderschaftlich organisierte Talbewohner (“marrones”) wie Laienbrüder zur Seite standen. Das Hospiz bot Reisenden ganzjährig unentgeltlich Unterkunft und Verpflegung. Seinen Unterhalt bezog es aus Ländereien, die ihm von dankbaren Spendern übertragen worden waren und aus Zuwendungen frommer Bruderschaften.

Nach dem Vorbild des Sankt-Bernhard-Hospizes entstanden während des Mittelalter viele weitere Passherbergen, z.B. das Hospiz auf dem kleinen St. Bernhard (erstmals erwähnt im 12. Jh.), das Klosterhospiz Disentis am Lukmanier, das Petrushospiz auf dem Septimer, das St. Valentinshospiz am Reschenpass, das Marienhospiz auf dem Semmering und die Pyrenäenhospize von Roncevaux und Somport am Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Im 14. Jh. entstanden das Hospiz auf dem St. Gotthard (1331 erstmals erwähnt) und das St. Christophs-Hospiz auf dem Arlberg (1386).

Da sich mittelalterliche Hospizbauten nicht erhalten haben, sind wir über deren Ausehen nur dürftig informiert. Die ein- oder mehrschiffigen Hallenunterkünfte dürften klösterlichen Dormitorien entsprochen haben. Zu einem Hospiz gehörten i. A. mehrere Wirtschaftsgebäude, eine Kapelle und ein Friedhof. Zur Ausstattung gehörten wohl Speise- und Wärmeraum, nach Geschlechtern getrennte Schlafräume und eine Krankenstation.

(s. Armenhaus)

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