Kalender

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Kalender (mlat. calendarium, v. calendae = 1. Tag des röm. Monats [zu lat. calare = ausrufen: am Ausruftag rief der Pontifex Maximus den Neumond aus]; spätmhd. kalendenaere, kalender; bis etwa 1500 almanach). Das christl. Mittelalter hatte den (von Augustus verbesserten) Julianischen Kalender übernommen, der das Sonnenjahr in 11 Monate mit 30 bzw. 31 Tagen und einen Monat mit 28 bzw. (jedes 4. Jahr) mit 29 Tagen einteilte. Die 12 Monate wurden schon mit den heute geläufigen Namen bezeichnet; ein Versuch Karls d. Gr., die Monatsnamen zu germanisieren, blieb erfolglos. Der röm. Kalender kannte keine Unterteilung der Monate in Wochen und keine fortlaufend-steigende Zählung der Tage. Stattdessen wurden die Tage rückwärts bis zu drei besonders benannten Tagen (Calendae, Nonae und Idus) gezählt. (z.B. VIII, VII, VI, V … die ante Idus.) Unter Konstantin d. Gr. wurde 321 die jüdische Siebentagewoche eingeführt, deren Tage man nach den damals bekannten Planeten – denen auch Sonne und Mond zugerechnet wurden – benannte. (Die Siebenzahl der Wochentage geht auf die alten Babylonier zurück, die festgestellt hatten, dass während jeder Mondphase sieben Tage vergingen.) Im Deutschen wurden die nach Mars, Jovis und Venus benannten Wochentage entsprechend den german. Gottheiten Thiu, Thor und Freia umbenannt; aus Mercurii (Wodanstag) wurde später Mittwoch und der Samstag (ahd. sambaztac) wurde statt nach Saturn nach dem grch. sabbaton (Sabbat) benannt (s. Tagesbezeichnung). Schon im 2. Jh. hatte Kaiser Hadrian den Christen verboten, den Sabbat zu feiern. Kaiser Konstantin erhob dann, mit der Einführung der Siebentagewoche, den Sonntag zum allwöchentlichen Staatsfeiertag. Ein grch.-röm. Mönch, Dionysius Exiguus, “errechnete” (anno 525 n. Chr.) das Jahr 753 nach Gründung Roms als Geburtsjahr Christi. Die Ära christl. Zeitrechnung (ab incarnatione Domini, a nativitate Domini, a verbi incarnati, anni Christi gratie, salutis, nostre reparationis, post partum virginis etc.) beginnt somit nach Dionysius am 1. Januar 754 a.u.c. Diese Zeitrechnung fand jedoch nicht gleich, sondern erst von 742 n. Chr. an Eingang in die Praxis, wie kirchl. Dokumente belegen. Bis dahin wurde die Jahreszahl in Jahren nach der Gründung Roms (ab urbe condita, abgekürzt a.u.c.) angegeben. Vom 10. Jh. an fand sich die Angabe “nach Christi Geburt” bei der Datierung von Dokumenten immer häufiger und vom 15. Jh. an wurde sie obligatorisch gebraucht. Außer der Datierung “a.u.c.” war noch die Zeitbestimmung nach der Regierungszeit Diokletians (anni Diocletiani, aera martyrum; beginnend mit dem ersten Tag der Regierung Diokletians, dem 29. Aug. 284) sowie die Rechnung nach päpstl. Regierungszeiten gebräuchlich, die auf der “Regentschaft Petri”, 42 – 67 n. Chr., aufbaute. Daneben bediente man sich des “königlichen Jahres”, das ab der Thronbesteigung des regierenden Monarchen gezählt wurde. Vielfach benutzten mittelalterliche Chronisten zur Zeitangabe den religiösen Kalender; sie sprachen etwa von “Der dritte Sonntag der Fastenzeit”, von “Zwei Tage nach der Geburt der Jungfrau” oder vom “Montag nach Dreikönig”.

Mitunter datierte man auch nach den anni passionis, d.h. vom Jahr der Kreuzigung Christi an, wobei das Leidensjahr in das Jahr 32 (oder 33 oder 34) nach Christi Geburt zu rechnen war.

Die Erschaffung der Welt (spekulativ berechnet auf das Jahr 4484 oder 5500 vor der Gründung Roms) wurde im Mittelalter gelegentlich als Basis einer biblizistischen Zeitrechnung (“aetas mundi”, zählend “a condito mundo”) benutzt.

Zeitangaben im Sinne einer retrospektiven Inkarnationsära (ante incarnationem) kommen erstmals bei Beda Venerabilis vor, wurden im Hochmittelalter gelegentlich gemacht, jedoch erst im Spätmittelalter allgemein gebraucht.

In der röm. Spätantike galt der 1. Januar als Tag des Jahresbeginns. Im christl. Abendland gab es zunächst kein festes Datum, der Jahresanfang konnte außer auf den 1. Januar (Neujahrstag; primus ineuntis anni dies) auch auf den 6. Januar (zunächst Geburtsfest Christi, später Dreikönigstag, Ende der Rauhnächte), den 1. März (nach dem german. Brauch Tag des Märzfelds), den 25. März (Fest Mariae Verkündigung), auf Ostern (also einen beweglichen Festtag), auf den 1. Sept. (im ostkirchl. Raum) oder auf den 25. Dez. (Christi Geburt) fallen. Erst vom 13. Jh. an wurde die alte Jahreseinteilung wieder einheitlich aufgenommen (und 1691 von Papst Innozenz XII. festgeschrieben). Das 1. Jh. nach Chr. umfasst die Jahre 1 bis 100 einschließlich (ein Jahr Null hat es nicht gegeben, auf das Jahr 1 v. Chr. folgte das Jahr 1 n. Chr. und den ersten Geburtstag des Herrn feierte man fälschlich am Tag seiner Geburt). Das 2. Jh. begann demnach am 1.1.101 und endete am 31.12.200. Entsprechend begann beispielsweise das 10. Jh. am 1.1.901 und endete am 31.12 1000.

Das Hauptproblem des abendländischen Kalenders bestand darin, dass ein “tropisches” Jahr (die Zeitspanne von einem Durchgang der Sonne durch den Frühlingspunkt zum nächsten, 365,24220 Sonnentage = 12,36827 Monate) kein ganzzahliges Vielfaches eines Tages oder eines Monats ist, und ein Monat keine ganze Anzahl von Tagen enthält (1 Monat = 29,53059 Tage). Somit kam es im Laufe der Zeit zu Abweichungen zwischen Kalender und Himmelsbeobachtung, was man durch eine Vielzahl von Schaltregeln auszugleichen suchte.

Für die Christenheit war die Kalenderwissenschaft von besonderer Bedeutung, da für den Ostertermin (seit dem Konzil von Nicaea, 325, der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond) die Berechnung der Frühlings-Tagundnachtgleiche ausschlaggebend war (s. Festrechnung). Frühlingsbeginn war zur Zeit des Nikaeanischen Konzils der 21. März. Durch die Ungenauigkeit des Julianischen Kalenders, die Anfang des 14. Jh. festgestellt wurde, war der Frühlingsbeginn auf ein immer früheres Datum vorgerückt. Eine Kalenderreform beschäftigte mit hoher Dringlichkeit Päpste und Konzilien, als Ratgeber wurden u.a. Nikolaus Cusanus und Regiomontanus zugezogen. (Erst 1582 sollte mit der Bulle “Inter gravissimas” durch Papst Gregor XIII. der “Gregorianische Kalender” eingeführt werden.)

Zu dem ursprünglich nur für klerikale Zwecke benutzten Kalender der Kirchenfeste gesellten sich vom 14. Jh. an weltliche Kalender (Volkskalender). Als ältester Kalender gilt der im “Hortus deliciarum” der Herrad von Hohenburg enthaltene aus dem 12. Jh. Beschreibstoffe waren anfangs Pergament oder Holz; vom 15. Jh. an erschienen Kalender-Drucke auf Papier. Deutschsprachige Kalender – anfangs noch in der Minderzahl – wurden zum Hausbuch des kleinen Mannes. Sie enthielten medizinische Rezepte, astrologische Prognostikationen, Vezeichnisse von Lostagen und von geeigneten Tagen zum Laxieren oder Aderlassen und erbauliche Sprüche und Bilder.

(s. Aderlasskalender s. Aderlassmännchen, Bauernregeln, Heilkräuter-Sammelkalender, islamische Zeitrechnung, Jahresteilung, Jahreszeiten, jüdische Zeitrechnung, Mond-Prognosekalender, Schröpfkalender s. Schröpfen, Tagwählerei, Unglückstage)

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