Kinderkrankheiten

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Kinderkrankheiten. Darunter sind Krankheiten zu verstehen, die zwar nicht nur Kinder befallen, die aber häufig schon im Kindesalter auftreten. Dazu zählen Diphterie, Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken. Die Cholera oder der Scharlach waren ebenfalls Krankheiten, die auch Kinder befielen und für diese oft tödlich verliefen. Insgesamt erreichte im Mittelalter von den Neugeborenen nur die Hälfte das 18. Lebensjahr. Berühmte Ärzte aus dem persisch-arabischen Kulturraum (s. Rhazes, Avicenna) verfassten Werke zur Kinderheilkunde, die in lat. Übersetzung auch das medizin. Fachschrifttum des christl. Abendlandes erreichten. In der Volksmedizin suchte man Heilung in magischen Heilpraktiken und in der Anrufung von Krankheitsheiligen, bei Atemwegserkrankungen etwa bei St. Blasius oder den Vierzehn hl. Nothelfern.

Diphtherie (wiss. Diphtheria; zu grch. diphthera = Haut, Membran, wegen der pseudomembranösen Auflagerungen auf den Schleimhäuten; im Frühmittelalter auch als Esquinancia bezeichnet, grch./lat. = Zusammenschnürung, Enge, als Ulcera pestifera, Morbus strangulatorius, Morbus suffocatus). Akute, hochansteckende bakterielle Infektionskrankheit, übertragen durch Tröpfchen- oder Schmierkontakt. 3 bis 5 Tage nach der Ansteckung treten häutig-fibrinöse Beläge an den Schleimhäuten von Nasen Mund, Rachen, Kehlkopf und an den Bindehäuten der Augen auf. Sie führt zu häufigen Todesfällen infolge von Komplikationen wie Erstickungsanfälle, Herz- und Kreislaufversagen, Nervenlähmung oder Lungenentzündung. Arab. Ärzte kannten im 10./11. Jh. den Rachenschnitt unter dem Kehlkopf (Tracheotomie) als letztes Mittel bei drohendem Erstickungstod. Der an der Paduaner Medizinschule lehrende Arzt Peter von Abano erwähnt die Tracheotomie als “subscanatio” (“halbe Abschlachtung”), was für die Gefährlichkeit des Eingriffs spricht. Im 14. Jh. wird in einem medizin. Merkvers des “Regimen Sanitatis Salernitanus” unter den zehn als ansteckend erkannten Krankheiten auch “squinantia” (Diphtherie) aufgeführt.

Keuchhusten (mhd. kint-huoste, kiche; wiss. Pertussis convulsiva, zu lat. tussis = Husten; die Bezeichnung Pertussis erscheint erstmals 1673 in England). Wurde häufig mit der Virusgrippe verwechselt, und sollte erst im 18 Jh. als eigenständige Krankheit definiert werden..

Masern. (wiss. Morbilli, Dimin. Pl. von Morbus – Krankheit). Eine virale, hochansteckende exanthematische Infektionskrankheit mit Häufigkeitsgipfel im 5. – 7. Lebensjahr. Sie verläuft meist in zwei Krankheitsschüben: 7 bis 18 Tage nach der Infektion kommt es zu Fieber, Müdigkeit, Bauchschmerzen, Bindehautentzündung mit Lichtscheu und Entzündung der Schleimhaut im Mund mit spezifischen weisslichen Flecken. Die Leiden sind oft begleitet von Husten, Schnupfen und Halsschmerzen. 2 bis 4 Tage nach Beginn der Symptome folgt das zweite Stadium mit einem erneuten Fieberanstieg. Die bereits bestehenden Symptome verstärken sich, und dazu kommt der typische Hautausschlag in Form von knötchenartigen kleinen Erhabenheiten um die Haarfollikel. Die Prognose ist gut, unkomplizierte Fälle heilen ziemlich rasch und ohne bleibende Folgen ab, es können jedoch Komplikationen und Todesfälle durch bakterielle Superinfektion und allergische Reaktionen eintreten. Die Masern hinterlassen eine lebenslange stabile Immunität. – Die Krankheit wurde im 7. Jh. von den Sarazenen nach Europa eingeschleppt, wo sie wegen mangelnder Abwehrbereitschaft der Bevölkerung große Verheerungen anrichtete. Eine erste Beschreibung der Krankheit erfolgte durch den pers. Arzt Rhazes (um 900). Er unterschied jedoch dabei nicht zwischen Pocken, Röteln und Scharlach. In der abendländischen Medizin des Mittelalter hielt man Masern und Scharlach für identische Krankheiten.

Mumps (um1800 aus dem Engl., mumps = entstellte Gesichtszüge, Grimasse; wiss. Parotitis epidemica, Salvitis e.; volkstüml. Ziegenpeter, Der Würzburger Medizinhistoriker Dr. J. G. Mayer zitiert hierzu folgende Anekdote: “Ziegenpeter hieß früher ein Frischkäse, der weißlich und aufgeschwollen aussah, deswegen wurde die Krankheit mit dem Ziegenkäse in Verbindung gebracht.” Q: VdK). Der grch. Arzt Hippokrates beschrieb die Krankheit als “Schwellung vor den Ohren … bei jungen Leuten …, mit schmerzhaften Entzündungen der Testikel, doch im allgemeinen wieder zurückgehend und ohne kritische Phänomene” Der röm. Arzt und Enzyklopädiker Celsus nannte die Mumps “Halsschwellung”, später wurde sie als angina maxillaris (Kieferbeengung) oder angina externa (äußere Beengung) bezeichnet (Q: wikipedia). Die schmerzhafte, nichteitrige Entzündung der Ohrspeicheldrüse(n) befällt vor allem Kinder zwischen dem 2. und 15. Lebensjahr, verläuft bei diesen meist harmlos und verleiht eine lebenslange Immunität. – Zur Heilung empfiehlt Plinius eine Salbe aus Eisenkraut (Verbena) und altemSchmalz. Der “Macer floridus” rät zu einem Pflaster aus Nessel-Blättern mit Salz, zu einem aus Nachtschatten (Morella), Brot und Salz , zu einer Salbe aus Schweineschmalz mit Wegerich (Plantago) oder Kerbel (Cerefolium), und zu einer Einreibung mit dem Sud aus Wein und Sauerampferwurzel (Paratella).

Röteln (mlat. Roseola; wiss. Rubeola, Rubella, zu lat. ruber = rot). Durch ein Virus verursachte hochansteckende Infektionskrankheit, gekennzeichnet durch zunöchst im Gesicht, später auf der ganzen Körperoberfläche auftretende leicht erhabene, rote Flecken auf der Haut (Exanthem). Die Krankheit befällt nur Kinder und Jugendliche, verläuft zumeist harmlos und hinterlässt eine lebenslange Immunität. Im Mittelalter wurde die Krankheit nach ihrer Symptomatik mit anderen , etwa Scharlach oder Masern, in eins gesetzt.

Windpocken (wohl so genannt, weil die Krankheit wie vom Wind angeweht auftritt; wiss. Varizellen, Varicellae; volkstüml. Spitzblattern, wilde Blattern). Hochinfektiose, vornehmlich bei Kindern auftretende gutartige Viruskrankheit, in deren Verlauf sich ein stark juckendes Ekzem an Kopf, Rumpf und Gliedmaßen bildet, ausgezeichnet durch stecknadelkopf- bis linsengroße zugespitzte Knötchen oder breiten Papeln, jeweils umgeben von einem geröteten Hof. Diese gehen in Bläschen über, welche vereitern, platzen und ein virushaltiges Sekret entlassen, das zu braunen Krusten eintrocknet. Als Narben bleiben flach eingedellte Grübchen übrig. Windpocken können im Anfangsstadium vorübergehend ein Exanthem entwickeln, welches jenem bei Scharlach oder Masern ähnelt und mit dem Auftreten der eigentlichen Windpocken verschwindet. Im Mittelalter dürfte diese Prodromalerscheinung der W. Anlass zu Verwechslungen mit anderen Krankheiten (Pocken, Masern) gewesen sein. Bei den seltenen Fällen von W.-Erkrankungen im Erwachsenenalter können lebensbedrohliche Komplikationen auftreten wie Lungen- , Hirnhaut- oder Hirnentzündung.

(s. Frais, Grind, Kinderheilkunde, Kindersterblichkeit, Rachitis)

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