Kruzifix

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Kruzifix (mlat. crucifixus = der ans Kreuz Geheftete; v. crucifigere = ans Kreuz heften, kreuzigen). Isolierte Darstellung des Gekreuzigten, ohne Nebenfiguren und szenisches Beiwerk. Meist Skulpturen aus Holz oder Stein, Kleinplastiken auch aus Bronze oder Elfenbein. Als ältestes erhaltenes Großkreuz aus Holz gilt das Gerokreuz im Kölner Dom (um 970). (Das Kölner Gerokreuz enthielt Reliquien, galt als wundertätig und war Gegenstand besonderer Verehrung.)

Wie zu dieser Zeit noch üblich, sind Hände und Füße mit jeweils einem Nagel ans Kreuz geheftet (“Romanisches Viernagelkruzifix”).

Die Füße des Gekreuzigten können direkt an den Kreuzesstamm genagelt sein oder sich auf eine Konsole, das sog. Suppedaneum, stützen. Bei dieser letzteren Form der Todesstrafe können die Qualen des Verurteilten geringer, der Todeskampf jedoch länger gewesen sein.

Um 1220 kam der Typ des “Dreinagelkreuzes” auf, bei dem beide Füße übereinanderliegen und von einem Nagel durchbohrt sind, wodurch die Haltung des Gekreuzigten an statuarischer Strenge verliert. (Der Wechsel in der Darstellung des Gekreuzigten soll mit der Wiederauffindung des ® Turiner Grabtuches um 1250 zusammenhängen.) Großkreuze gehörten zur Standardausstattung einer mittelalterliche Kirche. Ihr Platz war ursprünglich über dem Altar, seit dem 11./12. Jh. auf dem Triumphbogen vor dem Chor (“Triumphkreuz”). Dem Triumphkreuz waren oft Maria und Johannes (auf der Nord- bzw. Südseite) als Assistenzfiguren beigesellt (Beispiel: Halberstadt, Dom; um 1220).

In der roman. Kunst wurde der Gekreuzigte sowohl lebend, in der Pose des Todesüberwinders, wie auch als Leidender oder Toter dargestellt – stets jedoch in aufrechter, starrer, quasi entrückter Körperhaltung. Vom Beginn der Gotik an gewinnt die realistische Darstellungsweise des leidenden, qualvoll verkrümmten Kruzifixus (Crucifixus dolorosus) an Bedeutung, die Körperhaltung nimmt den typischen got. S-Schwung an. Eine got. Sonderform war das gabelförmige “Astkruzifix”, dessen Holz den Lebensbaum, den großen Zusammenhang des Heilsgeschehens symbolisieren sollte. (Beispiele: Astkruzifix aus der Stiftskirche in Kempten, 14. Jh.; Astkruzifix aus der ehem. Damenstiftskirche St. Maria im Kapitol zu Köln, 14. Jh.)

Als Besonderheit sei der “Volto Santo” (heiliges Antlitz) genannte Kruzifixus der roman. Kathedrale San Martino im ital. Lucca genannt. Der Gekreuzigte ist hier lebendig, in aufrechter, triumphierender Haltung, mit weit geöffneten Augen und bekleidet mit einem langen, gegürteten Ärmelgewnd dargestellt. Das Luccheser Kruzifix ist wohl im 13. Jh. entstanden und geht auf ein Vorgängerkruzifix zurück, das schon 1098 am gleichen Ort nachzuweisen ist. Zwischen dem 12. und 14. Jh. sind nach diesem Vorbild europaweit viele Nachbildungen entstanden; eine davon, das sog. Imervardkreuz, befindet sich im Braunschweiger Dom. (Wohl durch ein frommes Missverständnis wurde der Kruzifixus vom Typ “Volto Snto” zur Kultfigur der gekreuzigten ® Heilige Kümmernis/St. Wilgefortis umgedeutet.)

(s. Kreuzigung Christi)

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