Neuplatonismus

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Neuplatonismus wird seit dem 18. Jh. das letzte große philosophische System der grch. Spätantike genannt. Es entstand um 200 n. Chr., sein bedeutendster Vertreter war Plotinos (um 205-270), der die platonische Philosophie mit aristotelischen, stoischen und gnostischen Vorstellungen verband. Im weiteren Verlauf fand der Neuplatonismus Eingang in das christl. Denken und beeinflusste vor allem Scholastik und Mystik. Der Neuplatonismus plotinscher Prägung besagt: Alles was ist, ist aus dem “Einen”, dem unveränderlichen, zeitlosen, absoluten Ur-Eins (Gott) hervorgegangen. Aus Gott als dem centrum naturae geht durch Ausstrahlung (Emanation) zunächst die reine Vernunft (Weltgeist) hervor, die aus “Ideen” besteht. Diesem folgt als zweite Emanation die Weltseele, dieser als Drittes die Einzelseelen (logoi spermatikoi), die den Dingen der Sinnenwelt innewohnen, bis hin zur Materie, der unvollkommensten Seinsform. Aus dem gestaltlosen, unreinen, gottlosen “Stoff” (hyle), der in äußerstem Wesensgegensatz zum göttlichen Einen steht, formen die Einzelseelen die Dinge der sinnlich erfahrbaren Welt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, aus der Erscheinungswelt in die übersinnliche Welt zurückzufinden, um auf ewig in das Eine einzugehen. Während des Erdendaseins ist die Vereinigung mit Gott nur in wenigen Augenblicken der Ekstase, der mystischen Verzückung möglich. In diesen Momenten sei es der Seele gegeben, sich von den Banden sinnlicher Wahrnehmung zu befreien und sich für kurze Zeit – inaktiv und ihrer selbst unbewusst – in das “Eine” zu versenken.

Ein Schüler Plotins, Porphyrios (232-304), hat sich um die Verbreitung des Neuplatonismus’ große Verdienste erworben. Er veröffentlichte die Schriften Plotins in Neunergruppen (Enneaden) und verfasste eine kurze “Einführung” zur aristotelischen Kategorienlehre, die erst in der Scholastik zu voller Wirkung kam. Seine 15-bändige Schrift “Gegen die Christen” ist nicht erhalten: Kaiser Konstantin verfügte deren Vernichtung und schuf damit den Präzedenzfall für staatliche Bücherproskription im Auftrag der Kirche. Plotin lehnt darin den Offenbarungsgedanken ab, ebenso die Vorstellungen von Sünde und Gnade. Kenntnis von dieser bedeutendsten philosophischen Streitschrift gegen das Christentum haben wir aus erhaltenen Fragmenten und apologetischen Schriften der Kirchenväter.

Neuplatonisches Gedankengut war von grundlegender Bedeutung für Magie, Alchemie und Astrologie, für die Hermetik und für die Kabbalah.

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