Niesen

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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niesen (mhd. niesen; lat. sternuere). Das durch einen Reiz auf die sensorischen Nerven der Nasenschleimhaut, durch eine Entzündung der Nasenschleimhaut oder auch durch einen grellen Lichtreiz ausgelöste zwanghafte explosionsartige Ausstoßen von Luft durch Nase und/oder Mund. Die lautmalerische Nachahmung als haa-tschi rührt von den Geräuschen des Einatmens und plötzlichen Ausstoßens der Atemluft.

Der mittelalterliche Medizin galt der Schnupfen als kalter, wässriger Schleim, der vom Hirn abgesondert werde und zur Nase herabfließt. Sofern er abgeschluckt wird, schädige er den Magen und innere Organe.

Das Niesen galt als Ausstoßung der bösen Säfte und wurde durch mancherlei Mittel gefördert, etwa durch Schnupfen von Nieswurz-Pulver oder Einatmen von Fenchel-Dampf. Andererseits suchte man zu starke Niesanfälle durch physikalische Anwendungen zu dämpfen, etwa durch warme Fußbäder, Massieren der Nasenwurzel oder Bürsten der Fußsohlen.

Das Kräuterbuch Macer floridus nennt das Pulver von Meisterwurz (Ostrutium) als Niesmittel, “das, wenn mans in die Nase bläst, nicht zögerlicher wirkt als Nieswurz (Veratrum album).”

Nach Hildegard v. Bingen ist Niesen begründet durch die Trägheit des Blutes, und das Niesen bewirkt eine heilsame Erschütterung des menschlichen Körpers, durch die “das Blut und die Säfte des Menschen wieder erwachen und zu ihrem richtigen Verhalten zurückkehren.” Ein Mensch, der nicht niese, würde innerlich verfaulen.

Der Salernitaner Arzt Johannes Platearius sagt vom Katarrh: “Der K. ist ein Fluss der Säfte vom Haupt herab und er entsteht aus innerlichen Gründen und aus äußeren. Äußere sind: Wärme der Luft oder Kälte und Feuchigkeit; die inneren sind erwärmende Speisen und Tränke, ferner die Zustände der Körpersäfte und der Glieder.” Der Schnupfen entstünde aus einem Überfluss der Körpersäfte, aus Hitze, welche die Säfte löst oder aus Kälte, die die Körpersäfte zusammenschnürt und hinausdrückt oder aus Feuchtigkeit welche sie schlüpfrig macht.

Nach mittelalterliche Aberglauben wurde beim Niesen etwas Schädliches, Dämonisches ausgestoßen, wozu Anwesende mit einem Segenspruch – etwa “Gott segne Dich!” oder “Helf Dir Gott!” – beistanden.

Im Niesen sah man viele günstige oder üble Vorbedeutungen, je nachdem, an welchem Tag, wie oft oder zu welcher Tageszeit es geschah. Das Niesen, das auf eine Erzählung oder Behauptung folgte, bestätigte deren Wahrheit (sternutando firmare, beniesen).

(s. Nase, Schnupfen)

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