Peter Abaelard

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. Entdecke in „Leben im Schatten der Zinnen“ auf 122 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt.

Peter Abaelard (Petrus Abaelardus, 1079 – 1142). Er kam aus einer bretonischen Adelsfamilie, studierte bei Roscelin und Wilhelm v. Champeaux, gründete um 1102 eine eigene Schule in Melun, später in Corbeil und kam 1100 nach Paris, wo er auf dem Genovevaberg einen der bestbesuchten philosophischen Kurse seiner Zeit einrichtete.

1113/14 wandte er sich der Theologie zu und studierte bei Anselm v. Laon. 1115 erscheint er als Kanonikus von Notre Dame und als Vorsteher der Domschule. In scharfem Kontrast zu seinem klaren Denken steht seine verworrene, romanhafte vita: In Paris verliebte er sich unsterblich in Heloise, die Nichte des Kanonikers Fulbert, heiratete sie heimlich (1118) und zog mit ihr auf sein Familiengut in der Bretagne, wo sein Sohn Astrolabius zur Welt kam. Nach der Rückkehr nach Paris wurde er von Leuten des rachedurstigen Fulbert überfallen und entmannt. Heloise ging ins Kloster Argenteuil, Peter wurde Mönch in St. Denis. (Der berühmte Briefwechsel zwischen Abaelard und Heloise gilt als eine zwar von Abaelard selbst stammende, aber weitgehend fiktive Darstellung ihrer Liebesbeziehung.) Wegen Differenzen mit seinen disziplinlosen Mitbrüdern verließ er das Kloster und zog sich in die Einöde bei Nogent sur Seine zurück. Bald scharte sich eine große Schülergemeinde um ihn, für die er das Kloster Paraclete erbaute. Hier verfasste er sein wichtigstes philosophisches Werk “Sic et non” (1121/22; darin unternahm er den Versuch, theologische Streitfragen mit Hilfe der Vernunft und Mitteln der Dialektik zu entscheiden). Auf dem Konzil von Soissons (1121) wurde er gezwungen seine Schrift über die Heilige Dreifaltigkeit zu verbrennen. Plötzlich und aus unersichtlichem Grund verließ Abaelard die Gemeinschaft von Paraclete, übereignete Paraclete der Heloise und ihren Mitschwestern, die aus Argenteuil vertrieben worden waren (1128), und wurde 1125 Abt eines bretonischen Klosters. Aber auch hier geriet er in heftigen Streit mit den Mönchen und musste fliehen. 1136 war er wieder in Paris und eröffnete am linken Seine-Ufer eine vielbesuchte Schule, die zu einer Keimzelle der späteren Universität werden sollte. Seine Gegner, allen voran Bernhard von Clairvaux, erwirkten seine Verurteilung auf dem Konzil von Sens (1140). Auf seinem Weg nach Rom, wo er sich vor dem Papst rechtfertigen wollte, ließ er sich von dem ihm freundlich gesinnten Petrus Venerabilis überreden, in Cluny zu bleiben. Dort lebte er friedlich bis zu seinem Tod. Seine letzte Ruhestätte fand er in Paraclete, wohin auch der Leichnam der Heloise überführt wurde (1163).

Mit seiner Autobiographie “Historia calamitatum mearum” hat Petrus Abaelardus ein beredtes, stark persönlich geprägtes Zeitzeugnis hinterlassen.

Als Philosoph wollte er die Glaubenssätze auf allgemeine Vernunftprinzipien zurückführen, musste dabei auf Widersprüche zur christl. Dogmatik (Erbsünden- und Dreifaltigkeitslehre) stoßen und geriet dadurch in Gegensatz zur kirchlichen Position. Auf den Synoden von Soissons (1121) und Sens (1140) wurden Abaelards rationalistische Auffassungen verurteilt und die Verbrennung seiner Schriften verfügt.

Abaelard war überzeugt, dass auch nichtchristl. Denker von göttlicher Weisheit inspiriert sein könnten. Daher suchte er die Auseinandersetzung mit der islamischen und der jüdischen Religion ausschließlich argumentativ zu führen und nicht mit dem Schwert, wie sein erbittertster Gegner, Bernhard von Clairvaux. Seine positive, humanistische Einstellung zur Weiblichkeit stand der antifeministischen Grundhaltung seiner Zeit diametral gegenüber.

Im Universalienstreit vertrat er den Standpunkt, dass die Allgemeinbegriffe (universalia) lediglich von den Einzeldingen abstrahierte Begriffe seien, vom Menschen geprägte Ausdrücke ohne reale Existenz (“universalia sunt sermones”; s. Konzeptualismus).

Überlieferte Texte nahm er nicht von vornherein als bewährt an, vielmehr suchte er sie durch Gegenüberstellung und Vergleich kritisch zu analysieren. Wegen dieser Technik vergleichender Betrachtung unterschiedlicher – auch gegensätzlicher – geistlicher auctoritates wird Abaelard als Schöpfer der dialektisch-scholastischen Methode bezeichnet.

Als Ethiker lehrte er, dass böse nur sein kann, was frei gewollt sei. Damit kam er in Konflikt mit der Lehre von der Erbsünde und der Erlösung durch Gottes Sohn.

Werkauswahl: “Logica ingredientibus” (ein Handbuch der Logik für Anfänger); “Sic et non” (Kompilation anscheinend einander widersprechender Sätze aus der Hl. Schrift und aus den Väterschriften zu 150 wesentlichen theolog. Fragen. Darin entwickelt er die Methode von quaestio und disputatio, wie sie in der Folgezeit auf theolog., philosoph., kanonist. und zivilrechtl. Gebiet geübt werden sollte); “De unitate et trinitate divina” (von der Synode v. Soissons verurteilt; umgearbeitet als “Theologia christiana” und “Theologia”); “Dialogus inter philosophum, Iudaeum et Christianum” (auch als “Collationes” bekannt; eine seiner reifsten Schriften, die im Gegensatz zum christl. Antijudaismus versuchte, beide Religionen un Einklang zu bringen); “Ethik” (Abhandlung über einige Grundsätze der christl. Sittenlehre; 1132/35); “Apologia contra Bernardum”; “Expositio symboli, quod dicitur Apostolorum”; “Expositio fidei sancti Athanasii”; “Soliloquium”. Darüberhinaus erwies er sich durch seine Hymnen, Planctus und Liebeslieder als einer der bedeutendsten lat. Dichter und Komponisten des MA.

(s. Zweifel)

Bestseller Nr. 1
Bestseller Nr. 2
Bestseller Nr. 3
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Volkert, Wilhelm (Autor)
4,41 EUR
Bestseller Nr. 5
Nach oben scrollen