Pfarrer

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. Entdecke in „Leben im Schatten der Zinnen“ auf 122 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt.

Pfarrer (mhd. pharraere, pharreherre, pharreman, pherrer; mlat. parochus, = Leiter einer Teilgemeinde [parochia] einer Diözese; mlat. auch ecclesiasticus, sacerdos proprius, rector ecclesiae). Priester, der vom Bischof als Vorstand einer Pfarrei bestellt ist. Nach frühmittelalterliche Eigenkirchenrecht wurden Pfarrer auch von weltl. Kirchenherren bestellt, die für ihren Unterhalt sorgten (s. Eigenkirche). An genossenschaftliche Gemeindekirchen wurden Pfarrer durch Wahlentscheid der führenden Gemeindemitglieder berufen. – Zu den Obliegenheiten des Pfarrers gehörten Spendung der Sakramente (Taufe, Eucharistie, Krankenölung, später auch Mitwirkung bei der Trauung), Predigt, Armenfürsorge, Begräbnis und Besorgung der Kirche. Die Mitglieder der Pfarrgemeinde schuldeten als Gegenleistung den Zehnt und Stolgebühren. Außerdem war der Pfarrer zur Nutzung des Pfarrguts (Kirchhof, Pfarrhof mit Garten, Grundstücken, Fahrnissen und Rechten) befugt. Wofern sich Gläubige lieber von Angehörigen der im 13. Jh. aufkommenden Bettelorden betreuen ließen, hatten sie dem für sie zuständigen Pfarrer ein Viertel der fälligen Gebühren zu entrichten.

Je nach Größe einer Pfarrei konnten auch mehrere Priester bestellt werden, dazu konnten Angehörige niederer Weihegrade kommen (s. Weihe); die Gesamtleitung lag dann bei einem archipresbyter oder prior presbyterorum. War eine Pfarrei als Pfründe an eine kanonisch nicht geeignete Person (ungeweihte, minderjährige) gekommen, so musste das Pfarramt von einem Vikar mit Priesterweihe versehen werden; die Einkünfte aus den Pfarrpfründen genoss dabei der Pfründeninhaber (Pfarrektor).

Angehörige des niederen Klerus erhielten ihre praktische und theoretische Unterweisung durch einen Pfarrer. Eine geregelte Ausbildung oder Prüfungsordnungen gab es nicht, einzige Voraussetzung war, dass der angehende Pfarrer nicht illiteratus war. Von der Lehrpfarrer lernten sie die Grundbegriffe der lat. Sprache (hauptsächlich, um die Worte der Hl. Messe richtig aussprechen und betonen zu können), den Umgang mit den liturgischen Büchern und die Praxis der priesterlichen liturgischen Handlungen. Nach dem Ende der Lehrzeit und bestandener Prüfung durch den Archidiakon stellte der Pfarrer seinen Zögling dem Bischof zur Weihe vor. Der Bildungsstand der meisten Pfarrer war ihrem Auftrag nicht angemessen: “Sie lehren uns und sind selbst ungebildet. Es ist, als ob die Nacht die Nacht beleuchte.” (Zit. bei Gurjewitsch, “Stumme Zeugen des Mittelalters”, S. 374). Bei der Auswahl von Knaben aus dem Eigenleuteverband eines adeligen Eigenkirchenherren zum Priesterberuf waren eher Eigenschaften wie schwächliche, für schwere Arbeit ungeeignete Konstitution oder eine schöne Stimme ausschlaggebend als intellektuelle Begabung.

Es genügte üblicherweise, dass ein Pfarrer die Messe lesen konnte und den Sinn der Handlung verstand, sowie dass er die Sakramente liturgiegerecht zu spenden wusste; die Fähigkeit zu Predigen war schon nicht mehr Gegenstand der Prüfung. Weihehindernisse waren gänzliches Versagen in der Prüfung, schlechter Leumund, unkeuscher Lebenswandel und uneheliche oder unehrliche Geburt. (s. Katechese)

Dorfpfarrer hatten eine Lebensweise annähernd wie ihre bäuerlichen Pfarrkinder auch: sie hatten eine – wenn auch inoffizielle – Familie, taten die gleiche Feldarbeit, besuchten die gleiche Schänke und waren oft dem Trunk und Spiel nicht weniger ergeben als ihre Schäflein. Mancherorts in Oberdeutschlend gehörte es zu den Pflichten des Dorfpfarrers, das Zuchtvieh – den Gemeindestier oder den Gemeindeeber – zu halten. Aber selbst die ärmste Pfarrpfründe war besser als das Los jener Geistlichen, die keine Pfarrpfründe fanden und ein kümmerliches Dasein als Vikare oder Benefiziaten fristeten, oder aber stellungssuchend und almosenheischend über Land zogen (“Lotterpfaffen”). Ihr geringes Ansehen wurde weiter durch den Umstand herabgesetzt, dass Betrugsbettler in der Rolle ehrbarer armer Kleriker auftraten.

Bestseller Nr. 1
Bestseller Nr. 2
Bestseller Nr. 3
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Volkert, Wilhelm (Autor)
7,41 EUR
Bestseller Nr. 5
Nach oben scrollen