Romanische Plastik

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romanische Plastik. Die Bildhauerkunst der dt. Romanik schuf aus Kalk- und Sandstein vornehmlich Reliefs, Vollplastiken erschienen erst in der zweiten Hälfte des 12. Jh. Holzschnitzereien sind aus der Zeit vor 1100 nicht erhalten, sei es, dass keine gefertigt wurden, oder dass wegen der materialbedingten Vergänglichkeit keine auf uns gekommen sind (s. Holzbildhauerei). Aus dem 12. und 13. Jh. sind Holzbildwerke von großer expressiver Kraft überliefert – Kruzifixe, Triumphbogenkreuze mit dazugehörigen Assistenzfiguren, Muttergottesstatuen und Passionsplastiken. Die Figuren enthielten häufig in einer rückwärtigen Aussparung ein Kästchen zur Aufnahme von Reliquien oder Weiheinschriften.

Die Plastik der Epoche stand inhaltlich ganz im Dienste des christl. Lehrauftrags, stilistisch hatte sie Vorbilder in plastischen Kleinkunstwerken aus dem Orient, aus Byzanz oder Italien. Elfenbeinschnitzereien, Goldschmiedearbeiten und getriebene oder gegossene Metallreliefs waren die Grundlagen der dt. Plastik des 10. und 11. Jh. Sakrale Rundplastiken wurden als Kultgegenstände begriffen, ihr Standort war auf den Chorraum beschränkt. Da sie der Gemeinde somit weit entrückt waren, waren sie auf Fernsicht angelegt, von flächiger und hoheitsvoll-starrer Erscheinung. Sie waren meist gefasst (bunt bemalt oder vergoldet); die Rückseite blieb häufig unbearbeitet.

Bei der Gestaltung von Säulenkapitellen entwickelte sich eine reiche Formensprache. Die meist vom Grundtyp des Würfelkapitells hergeleiteten romanischen Kapitelle wurden mit Elementen germanischer und antiker Ornamentik, später mit Figuren der biblischen Geschichte oder mit phantastischen Wesen aus der Fabelwelt geschmückt.

Bronzene Türflügel mit Reliefschmuck finden wir beim Gnesener Domportal (12. Jh., Darstellungen aus dem Leben des hl. Adalbert) und bei der Bernwardstür der Michaelskirche zu Hildesheim (1015 geweiht). Deren linker Flügel zeigt acht alttestamentarische Szenen, der rechte ebensoviele aus dem Neuen Testament. Die dargestellten Figuren sind meist nur in der unteren Hälfte als Relief geformt, der Oberkörper löst sich aus der Fläche, bis er als Vollplastik hervortritt. Von imponierender Ausdruckskraft ist der eherne Löwe von Braunschweig, den Heinrich der Löwe 1166 aufstellen ließ. Der bronzene Taufkessel im Dom zu Hildesheim (etwa von 1220) stellt eine Spitzenleistung spätromanischer Gussplastik dar; vollplastische Symbolfiguren der vier Paradiesesströme tragen kniend den Kessel auf den Schultern. Typologisch mit der Taufe Christi verbundene Reliefszenen schmücken Wandung und Deckelaufsatz. Aus der Frühromanik (1080) stammt die Grabplatte des Gegenkönigs Rudolf von Schwaben (im Dom zu Merseburg), die älteste Grabplatte mit dem Reliefbild des Verstorbenen in Mitteleuropa.

Später als das Bronzerelief erscheinen Steinreliefs. Ältestes und zugleich bedeutendstes Beispiel seiner Art im gesamten nordwest-europäischen Raum ist das Kolossalrelief der Externsteine bei Horn in Westfalen, nach Joh. Mundhenk um 1150 entstanden. Dargestellt ist die Szene der Kreuzabnahme, und zwar, bei aller Rohheit der Technik, mit großer Ausdruckskraft und gutem Sinn für Raumaufteilung. – Zu den bedeutendsten Werken der deutschen Romanik gehören die ca. 2 m hohen Chorschranken der Liebfrauenkirche zu Halberstadt mit den fast lebensgroßen Stuckfiguren von Maria samt Jesus inmitten der 12 Apostel. Das Werk entstand um 1210.

Mit dem 12. Jh. nimmt die Bauplastik einen deutlichen Aufschwung. Eine spezifisch deutsche Form wird beim Säulenportal entwickelt, bei dem sich der Figurenschmuck im wesentlichen auf das Bogenfeld des Tympanons beschränkt. Beherrschendes Motiv der Tympanonreliefs war das Jüngste Gericht mit dem thronenden Weltenrichter in der Mandorla. Die Meister der Naumburger und Bamberger Domskulpturen dürften in Frankreich gelernt haben und geben ihren Figuren im 2. Viertel des 13. Jh. bereits eindeutig französisch-gotischen Charakter. Naturalistisches Bestreben wird verbunden mit dem Ausdruck überpersönlicher Idealität. So etwa beim “Bamberger Reiter”, der bei aller Individualität den Idealtypus des ritterlichen Herrschers verkörpert. Diese Skulpturen sind schon von gotischem Geist erfüllt, sie werden aber noch in romanische Räume hineinkomponiert, sind noch nicht, wie in der Gotik, konstitutives Element der Architektur.

Zur Kunst der romanischen Plastik zählen auch sakrale Kultgeräte aus Edelmetall oder Bronze, aus Stein, Holz oder Elfenbein. In der Oberflächengestaltung tritt das ornamental-schmückende hinter das bildhaft-erzählende Motiv zurück. Künstlerisch gestalttete Kruzifixe, Kerzenleuchter, Türklopfer, Reliquienschreine oder Prachteinbände für Messbücher stammten aus Klosterwerkstätten; deren bedeutendste waren die von Reichenau, von St. Emmeran in Regensburg, die Bernwardinische zu Hildesheim und die des mit Theophilus gleichgesetzten (?) Mönches Rogerus von Helmershausen (bei Paderborn). Vom 12. Jh. an treten neben die monastischen auch namhafte Laienkünstler.

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