Säuglinge

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Säuglinge (mhd. sugelinc, v. sugen, sougen = saugen). Das Säuglingsalter währt üblicherweise bis zum zweiten Lebensjahr, wenn das Kind alle Zähne bekommen hat, die ersten Worte spricht, zu Laufen beginnt und üblicherweise abgestillt wird.

Neugeborene wurden nach Unterbindung der Nabelschnur (vier Fingerbreit über der Bauchdecke) warm gebadet und eingeölt oder mit Salz eingerieben. Vom 4. Jh. an wurden Neugeborene möglichst bald getauft, da ungetaufte Kinder für die Hölle oder wenigstens die Vorhölle bestimmt waren, ein Schicksal, das bei der hohen Säuglingssterblichkeit ungefähr jedem vierten Säugling drohte (s. Taufe). Darüberhinaus wurde angenommen, dass ungetaufte Kinder krankheitsanfälliger seien und leichter von Feen oder Hexen geraubt werden könnten. Kinder wurden über die Säuglingszeit hinaus, teilweise bis ins dritte Jahr, von der Mutter oder einer Amme gestillt. In den ersten Lebenswochen wurde der Säugling in einem dämmrigen, ruhigen, warmen Raum gehalten, um ihn vor Reizüberflutung zu schützen und allmählich an die Außenwelt zu gewöhnen. Während der ersten Monate wurde besonderer Wert auf häufiges Baden gelegt, wobei man Mädchen wärmer badete als Jungen. Um Säuglinge unbeaufsichtigt liegen lassen zu können und um einer Verletzung oder Verformung der Gliedmaßen vorzubeugen, wurden sie mit Windeln und Bändern fest eingeschnürt, was ihnen das Aussehen kleiner Mumien oder Larven gab. (Das Einschnüren dürfte jedoch eher zu Deformierung von Gliedmaßen geführt, als solche verhindert haben.) Wohlhabende wechselten die Windeln häufiger als arme Leute, deren Kinder entsprechend häufiger von Entzündungen und Wundsein befallen waren.

Sollte einem erkrankten Säugling eine Medizin verordnet worden sein, so ließ man diese von der Amme einnehmen – Arzneien galten als schädlich für den jungen Organismus.

Noch während der Stillzeit gab man Säuglingen zusätzlich Honigwasser, Haferschleim oder Bier, um sie beim Entwöhnen leichter auf die Aufnahme flüssiger oder breiiger Nahrung umstellen zu können. Zum Tränken wurde das geglättete Horn einer Jungkuh verwendet, das man an der Spitze durchbohrt hatte. Um schreiende Kinder ruhigzustellen oder zum Schlafen zu bringen, wurden Lutschtüten aus Stofflappen oder Pergament benutzt, die man mit einem gesüßten Brei aus Brot oder Mehl oder mit einer Abkochung von Mohnsamen füllte oder mit Bier tränkte. In der mittelalterliche Literatur finden Schnuller erstmals in dem “Regiment der jungen Kinder” des Bartholomäus Metlinger Erwähnung (1473).

Nach dem Entwöhnen ging man langsam zur Aufnahme von breiiger Speise über, beispielsweise zu in Fleischbrühe oder Honigmilch aufgeweichtem bzw. vorgekautem Brot oder Haferschleim. Um dem Kind das Verlangen nach der Brust schneller abzugewöhnen, verrieb man unangenehm schmeckende Stoffe auf den Brüsten, etwa Aloe oder Senf.

(s. Amme, Fasche, Stillen, Wiege)

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