Sprichwörtliche Redewendung

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Sprichwörtliche Redewendungen. Häufig gebrauchte, feststehende Satzteile, meist von bildhaftem Ausdruck, waren schon im Mittelalter üblich und haben sich bis in unsere Zeit erhalten, wobei der ursprüngliche Sinngehalt oft nicht mehr geläufig ist. Einige Beispiele:

Jemandem durch die Lappen gehen” (=entkommen) stammt aus dem jagdlichen Bereich: bei Treibjagden legte man trichterartige Zwangswege an, deren Leitschnüre – der besseren Signalwirkung wegen – mit bunten Lappen behängt waren; durch diese Gassen wurde das Wild der Jagdgesellschaft vor den Schuss getrieben.

Bei der Treibjagd wurde “auf den Busch geklopft“, um das Wild aufzuscheuchen und anzutreiben; die Stücke, die seitwärts entkommen konnten, waren “durch die Lappen gegangen“.

Singvögel sollten dem Vogelfänger “auf den Leim gehen“, sich auf die leimbeschmierten Ruten setzen.

Jemanden in die Schranken fordern” bezog sich auf die abgeschrankte Arena zum ritterlichen Zweikampf (Turnier).

Jemanden im Stich lassen” bezog sich auf versagten Beistand im Kampf (mhd. stechen = Turnier, Lanzenkampf).

Den Stab über Einen brechen“, “für Jemanden die Hand ins Feuer legen“, “an den Pranger stellen” und “auf die Folter spannen” beziehen sich auf Richterstab, Gottesurteil, Ehrenstrafe und Folterbank;

Jemandem das Fell gerben” spielt auf das derbe Walken und Klopfen der Felle in der Gerberei an;

wenn Einem “seine Felle fortgeschwommen sind“, so war er in einer misslichen Lage – ähnlich derjenigen eines Gerbers, dem die Felle beim Spülen im Fluss von der Strömung davongetragen worden sind.

Den Fehdehandschuh hinwerfen” und “den Fehdehandschuh aufnehmen” waren symbolische Handlungen der ritterlichen Kampfansage bzw. der Annahme einer solchen.

Mit “etwas im Schilde führen” waren Waffen – etwa eine Streitaxt oder ein Morgenstern – gemeint, die ein nahender Kämpfer möglicherweise hinter dem Schild verdeckt trug.

Ein schlafen hundt wecken” wollte man damals schon nicht, sofern etwas ohne Störung durch Dritte ablaufen sollte.

Jemanden “an seine grüne Seite” zu laden besagte, einen geschätzten Menschen nahe dem Herzen – der “grünen Seite” – bei sich haben zu wollen.

Ein Buch aufschlagen” umschreibt eine wohl eher lässige Methode, den vorderen (obenliegenden) hölzernen Deckel eines Buchblocks zu lösen, indem man mit der Hand auf ihn schlug; dabei sprang die Metallschließe auf, welche die Buchdeckel an der Längsseite zusammenhielt und verhinderte, dass sich die Deckel verzogen und sich der Seitenblock aufwölbte (s. Buchbeschläge).

Von etwas Geläufigem sagt man, es sei gang und gäbe; die RW. kommt schon im Sachsenspiegel (1230) vor: “so sal man silber gelden unde phennige, die genge und gebe sin in deme gerihte”; in einer Urkunde Karls IV. heißt das auf Lateinisch: “denarii usuales et dativi”.

Aus dem 13. Jh. ist die RW “Das geht auf keine Kuhhaut” überliefert, die besagt, dass ein sinnloses Geschwätz derart aufgeblasen daherkommt, dass es niedergeschrieben auf kein normales Pergament (von einem Schaf oder Kalb) passte, ja nicht einmal dann, wenn es die Größe einer Kuhhaut hätte. Trefflich illustriert ist diese RW in einer Wandmalerei des 14. Jh. aus der Georgskirche von Obernzell (Insel Reichenau). Da sind zwei Frauen in der Kirche in ein angeregtes Gespräch vertieft, während daneben vier Teufel an den vier Enden einer großen Tierhaut zerren, auf der sich Formeln geschrieben finden wie: “tvmbe wibvn” und “was hie wirt plapla gesprochen vppigs in der wochvn” – das wird am Jüngsten Tag “für den richtvr braht”. (Zit. nach DAMALS, 2/2012, S. 78). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Sünden der Menschen von Teufeln (auf Pergament) aufgeschrieben würden, um beim Jüngsten Gericht als Belastungsmaterial vorgebracht zu werden.

Die RW. “Etwas auf die lange Bank schieben” wurzelt in der Rechtspraxis des SMA., wo unerledigte Gerichtsakten in oder auf einer Truhe, die zugleich Sitzbank war, abgelegt wurden, und dort manchmal mehrere Jahre auf Bearbeitung warteten. Von dem Bremener Erzbischof Johann III. wird die Äußerung (1499) überliefert, er befürchte, dass seine Sache beim Reichskammergericht “alsdann gantz uff die lange bahn gesetzet würde” – offenbar hat er die Begriffe Bank und Bahn vermischt.

Die Bibel war eine Fundgrube für eine Vielzahl von einprägsamen Formeln; davon nur eine kleine Auswahl: “sein Mütchen kühlen”, “ein Joch auflegen”, “die Nacht zum Tag machen”, “auf keinen grünen Zweig kommen”, “die Spreu vom Weizen trennen”, “mir geht ein Licht auf”.

(s. Abakus, Bausch, Fersengeld, Gottesurteil, guter Montag, Kuckuck, Sprichwort, Süßholz, Zahlzeichen)

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