Tierorakel

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Tierorakel. Schon der vorgeschichtliche Mensch hat Tieren aufgrund ihrer schärferen Sinne und wegen ihrer instinktgesteuerten, zeitlich gleichbleibenden Verhaltensweisen (Vogelzug, Wildwanderung, Winterschlaf) die Fähigkeit zugesprochen, Kommendes vorherzusehen und anzukündigen und sich danach einzurichten. Aus tierlichem Verhalten wurden Schlüsse auf Zukünftiges gezogen (divinatio naturalis) und im Laufe der Zeit bildeten sich feste Leitsätze (s. Bauernregeln). Daneben gab es Auslegungen zufälliger Begebenheiten, wie etwa des Angangs eines Tieres, die Art seines Rufes oder der Zeit seines Erscheinens. (So galt im Angangsglauben als günstig, wenn ein Tier vor einem herläuft, als unheilvoll, wenn es von hinten herankommt; aus der Zahl der Wachtelrufe wollten Bauern auf die Höhe des Getreidepreises schließen; wenn ein Hund nächtens – zumal mit zu Boden gesenktem Kopf – heult, stirbt ein Mensch; der Angang einer schwarzen Katze bedeutete Unglück; nach einer Bauernregel stand ein kalter Frühling bevor, wenn es zur Weihnachtszeit Fliegen gab). Die Schlussfolgerungen, die mittelalterliche Menschen aus Beschaffenheit und Verhalten der Tiere zogen, sind unzählbar und betreffen alle Lebens- und Umweltbereiche (Wetter, Gesundheit, Ernteertrag, Erfolg in Geld- oder Liebesdingen u.v.a.m.). Orakeltiere waren in erste Linie solche, mit denen der Mensch eng zusammenlebte, deren Verhaltensäußerungen er am ehesten wahrnahm, also etwa Hahn und Henne, Hund und Katze, Schwein, Schaf und Pferd, Rabe, Schwalbe, Steinkauz, Turteltaube und Gans, Maus, Grille und Holzwurm (“Totenuhr”). Sie galten als geistersichtig, witterten Krankheit und Tod, konnten verborgene Schätze erspüren oder den Bauplatz für eine Kirche oder für ein Kloster weisen, sie fanden Heilquellen oder Erzgruben und konnten im Angang sowohl Glück wie Unglück verheißen.

Die Kirche musste dem Glauben an Tierorakel als einem Relikt aus heidnischer Zeit feindlich gegenüberstehen; davon blieb jedoch die Volkstümlichkeit der abergläubische Praxis unberührt.

(s. Mantik, Prophezeiung, Prognostica)

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