Urkunde

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Urkunde (mhd. urkunde, ahd. urchundi, eigtl. = Zeichen, Kennzeichen, Merkmal; mlat. testimonium, diploma, carta, instrumentum, mandatum). Schriftlich niedergelegte, rechtskräftige Dokumentation eines rechtserheblichen Vorgangs oder Tatbestandes. In diesem Sinn wurde das Wort erst seit dem 15. Jh. verwendet, vorher wurden entsprechende Schriftsücke als Briefe (lat. litterae, mhd. brief, hantveste) bezeichnet. Die Form einer Urkunde geht auf die Karolingerzeit zurück. Bis zum Hochmittelalter hatte sich folgende Gliederung entwickelt:

1.) Protokoll (bestehend aus Invocatio [Anrufung der Hl. Dreifaltigkeit], Intitulatio und Devotio

[Nennung des Ausstellers mit allen Titeln, häufig verbunden mit einer Demutsformel],

Inscriptio und Salutatio [Anrede an den Urkundenempfänger, oft mit Grußformel]).

2.) Kontext (mit Arenga [Begründung für die Errichtung der Urkunde], Promulgatio

[Verkündigungsformel, Willenserklärung an den Empfänger], Narratio [Aufzählung der

Umstände, die zur Errichtung der Urkunde geführt haben und der rechtlichen Grundlagen],

Dispositio [eigentliche Verfügung des Ausstellers], Pönformel [Androhung diesseitiger und

jenseitiger Strafen für Zuwiderhandlung] und Corroboratio [Hinweis auf den Rechtscharakter

der Urkunde])

3.) Eschatoll (mit Subscriptio [Monogramm des Herrschers, Namen der Zeugen,

Beglaubigungsvermerk des Kanzlers, Unterschrift des Schreibers], Datierung (actum, datum)

und Apprecatio [Segensformel, z.B. vale, valete, in Dei nomine feliciter amen]).

Die auf Pergament ausgefertigte Urkunde wurde durch Unterschrift und Siegel beglaubigt. Nach dem Vorbild der königlichen Siegelurkunde und anknüpfend an antike Traditionen entwickelte sich vom 12. Jh. an das Urkundenwesen weltl. und geistl. Herrschaften und Institutionen sowie der Städte und endlich auch der gehobenen Bürgerschaft. Bis ins 13. Jh. wurden Urkunden fast ausschließlich in Latein abgefasst, danach kamen in zunehmenden Maße deutschsprachige Urkunden auf, wobei sich aus den unterschiedlichen Dialekten eine einheitliche Kanzleisprachen entwickelte. (Eine seltene Ausnahme stellt die ahd. “Würzburger Markbeschreibung” dar, eine Urkunde aus dem Jahr 779.) – Man unterschied deklaratorische und konstitutive (dispositive) Urkunden. Erstere ist ein zusätzlicher Beweis (notitia) eines nicht schriftlich vollzogenen symbolischen Rechtsakts (z.B. der Belehnung durch Fahnenleihe). Die zweite stellt ein rechtserzeugendes Dokument (carta) dar. Der Form nach wurde im Mittelalter zwischen der feierlichen, nach genauen Regeln ausgefertigten Urkunde (Diplom) und der aufs wesentliche beschränkten Bestätigung eines eher alltäglichen Vorgangs (Mandat) unterschieden.

(s. Archiv, Ars dictaminis, Dokument, Fälschungen, hantgemal, Poenformel, Regesten)

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