Apotheker

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Apotheker (mhd. apoteker, appateker; mlat. apothecarius; ursprünglich = Lagerdiener, -verwalter; auch herbarius, aromatarius, stationarius, pharmaceuticus {v. grch. pharmakeutes/Hersteller von Arzneimitteln}, pharmacopula {Arzneiverkäufer}, pharmacopoeus {Arzneibereiter}, pigmentarius {Farbenbereiter}; mhd. cruder, cremer, wurtzler, statzuner u.ä.). Im Frühmittelalter wurde die Heilkunst von Mönchen gepflegt und tradiert. Karl d. G. verfügte, dass Heilkunde obligatorisches Lehrfach an den Klosterschulen zu sein habe. Das pharmazeutische Wissen war Teil des medizinischen. Erst durch die von Friedrich II. im Edikt von Melfi (1240) erlassenen Constitutiones medicinales wurde ein eigener Apothekerstand geschaffen. Von da an war die Bezeichnung “apotecarius” (auch appateger, appanteger u.ä.) auf den Heilmittelhersteller und -händler gemünzt. Vordem galt sie auch für Lagerverwalter, Gewürz- oder Großhändler.

Viele der in Apotheken gehandelten Arzneimittel, Drogen und Gewürze, aber auch das kostbare und hochgeschätzte Konfekt sowie Papier wurden über Venedig aus dem Mittelmeerraum und aus dem Orient importiert und so ist verständlich, dass Landesfürsten und Städte italienische Apotheker ins Reich holten; man wollte zum Wohl der Bürger von ihrem Fachwissen profitieren, aber auch das eigene Prestige mehren.

In den Städten richteten sich seit dem 12. Jh. Apotheken ein, die vom städtischen Rat zwar im Sinne eines geregelten Gesundheitswesens privilegiert waren, ihren Gewinn jedoch mehr aus dem Handel mit Gewürzen, Konfekt und Drogen als mit eigentlichen Arzneimitteln zogen. Aus dem Köln des Jahres 1163 stammt eine der ältesten urkundlichen Erwähnungen eines niedergelassenen Apothekers. Vom 14. Jh. an gab es auch städtisch besoldete Apotheker (“Ratsapotheker”; z.B. Nürnberg 1367, Regensburg 1394). Die Zulassung war an Sachkunde, Kenntnis der lateinischen Sprache, Verpflichtung zu steter Dienstbereitschaft und Einhaltung gerechter Preise gebunden. (In einem Apothekereid der Stadt Nürnberg von etwa 1350 heißt es: “Es sol ein igleich appotegker swern, daz er armen und reichen … mache mit vleizz und mit ganczen trewen genczlichen allez daz, daz man in empfelh mit worten oder geschriben geb.”) Fälschungen von Maß, Gewicht und Waren wurden strafrechtlich verfolgt. Außerdem musste sich der Apotheker verpflichten, nicht selbst Rezepte auszustellen.

Der Umgang mit Giften war streng reglementiert. Aus einem Nürnberger Ratserlaß von 1496: “Den Apothekern ist ertheilt, in iren eid zu pinden, so sie hinfüro ymant ein hüttrauch (Arsenik) oder ander gifft zu kauffen oder aus der apotecken geben, ob auch solichs mit wissen eines burgermeisters beschiht. Sollen sie demnacht eigentlich in ire register anschreiben, wem, wie viel und wann sie solich gifft geben haben.” Auch sollten sie “kainerley vergifft oder ander ertzney, damit man kindlein vertreibt … keinen menschen nicht raichen oder verkauffen …”

Beim Umgang mit bestimmten organischen und anorganischen Ausgangsstoffen war der Apotheker gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt. So kam es beim Pulverisieren von Kantharidenkäfern zu Reizungen der Haut sowie der Schleimhäute an Augen und Atmungsorganen. Bei der Herstellung eines Extraktes aus Tollkirschenblättern konnte es zu Schwindelanfällen kommen und bei der Verarbeitung mineralischer Substanzen wie Arsenik, Antimon oder Quecksilber ergaben sich Schädigungen der Atmungsorgane durch das Einatmen giftiger Dämpfe. (s. Berufskrankheiten)

Wie in anderen Handwerksberufen bildeten mittelalterliche Apotheker ihren Nachwuchs selbst aus. Die Lehre wurde mit 12 – 14 Jahren begonnen und betrug drei bis sechs Jahre, die ersten 14 Tage galten als Probezeit. Die Zahl der Lehrlinge war durch Zunftstatuten reglementiert, üblicherweise durfte ein Meister nur jeweils einen Lehrling ausbilden. Der Lehrzeit schloss sich eine zwei- bis vierjährige Gesellenzeit an, die häufig zur Wanderung benutzt wurde. Gesellen mussten 17 Jahre alt sein und sollten – vom Ende des 14. Jh. an – die Lateinschule besucht haben. Im Spätmittelalter zogen angehende Apotheker aus wohlhabendem Haus ausnahmsweise auch an Universitäten (Salerno, Bologna, Ferrara, Padua, Paris), wo sie im Matrikel als “pharmacopula”, “apothecarius” oder “rei pharmaceuticae studiosus” geführt wurden. Dabei gab es kein besonderes Studium der Pharmazie, man hörte mit den Medizinern Anatomie, Botanik oder Diätetik. Um zur Meisterprüfung zugelassen zu werden, mussten Apothekergesellen eheliche Geburt nachweisen und den Lehrbrief eines ordentlichen Meisters vorlegen. Um Niederlassung in einer Stadt konnte sich nur einer bewerben, der den Bürgereid geschworen hatte. Vor eigener Niederlassung mussten sie gegenüber einer ärztlichen Prüfungskommission ihre pharmazeutischen Kenntnisse unter Beweis stellen, gelegentlich wurde bei dieser Gelegenheit der Meistertitel erworben. Diesbezügliche Bestimmungen differierten im Einzelnen von Land zu Land und von Stadt zu Stadt.

In den spätmittelalterliche Apotheken arbeiteten neben dem Besitzer ein oder einige wenige Apothekerknechte. Diese gehörten zur Unterschicht der Stadtbevölkerung, hatten Kost und Logis im Haushalt des Apothekeninhabers und bezogen ein ähnlich dürftiges Gehalt wie das übrige Hausgesinde. Nicht selten entkamen Apothekerknechte ihrer niederen Position, indem sie eine Apothekerswitwe heirateten.

Apotheker waren im nördl. Deutschland nicht zunftpflichtig. In vielen süddt. Städten (wie Trier, Rottweil, Mainz, Speyer, Freiburg, Basel oder Zürich) war es dagegen Pflicht, sich einer Zunft anzuschließen. Hier gehörten Apotheker meist der Krämerzunft an, in der die unterschiedlichsten Berufsgruppen zusammengeschlossen waren, so beispielsweise in Basel (14. Jh.) auch Buchbinder, Ärzte, Universitätsprofessoren, Juristen, Notare, Schulmeister, Drahtzieher, Nadler u.a.m. In Augsburg gehörten Apotheker der Kaufleutezunft an, in Frankfurt und Köln wurden sie den freien Berufen zugerechnet.

Das verbriefte Apothekerrecht (Privileg; ältestes Beispiel in Prenzlau [Uckermark], 1303) beinhaltete Steuerfreiheit, Befreiung vom städt. Wachdienst und von Zwangseinquartierung. Das Privileg konnte vererblich sein, auch verkauft werden oder an eine Person gebunden sein. Es sicherte dem Inhaber eine monopolartige Stellung und damit ein gehobenes Einkommen und eine geachtete Stellung innerhalb des Stadtbürgertums.

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