Barttracht

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. Entdecke in „Leben im Schatten der Zinnen“ auf 122 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt.

Barttracht. Je nach Zeit, Nationalität, Ort, Stand und Religion wurde Bartlosigkeit oder Bärtigkeit verschiedener Art bevorzugt. Im Frühmittelalter schätzte man den Schnurrbart nach fränkischer Tradition, wie ihn auch Karl d. Gr. getragen hatte. Otto III. ist auf einer Miniatur vom Ende des 10. Jh. bartlos abgebildet. Eine Darstellung aus der Zeit von 1024 – 1039 zeigt einen vollbärtigen Konrad II., wie er von zwei – ebenfalls bärtigen – Klerikern gekrönt wird. Herzog Heinrich der Löwe ist 1180 noch mit einem kurzgeschnittenen Vollbart abgebildet (Gmundener Evangeliar), auf seiner 50 Jahre jüngeren Grabplatte erscheint er – der Mode der Zeit entsprechend – bartlos. Die Darstellungen von Kaiser Heinrich VI. und Herrn Walter von der Vogelweide in der Manessischen LHS zeigen wieder einen kleinen Vollbart, wie er um 1300 modisch war. Bald darauf ging man wieder zur Bartlosigkeit über, bis um die Mitte des Jh. stutzerhafte Schnauz- und Spitzbärte aufkamen. Diese setzten sich nicht allgemein durch und verschwanden etwa um 1450 wieder.

Pilger erscheinen in zeitgenössischen Darstellungen stets bebartet – hatten sie doch gelobt, sich bis zur Ankunft am Zielort als Zeichen der Demut und Selbsterniedrigung auf Körperpflege zu verzichten und weder Haare noch Nägel zu schneiden.

Obligatorische Bartlosigkeit hatten sich die Päpste – von wenigen Ausnahmen abgesehen – auferlegt, wohl um sich auch optisch von den byzantinischen Herrschern und dem Klerus des Ostens abzusetzen, bei denen Langbärtigkeit Brauch war. Der abendländ. Klerus wurde gemäß röm. Tradition zur Rasur angehalten; keinesfalls sollten langer Vollbart oder Oberlippenbart getragen werden. Das monastische Rasiergebot schrieb regelmäßige Rasuren vor, die je nach Ordensstatut sechsmal im Jahr oder alle zwei Wochen stattzufinden hatten. Laienbrüder (Bartbrüder, fratres barbati), Einsiedler und Pilger ließen sich den Bart wachsen, ebenso wahrscheinlich die meisten Angehörigen der unteren Bevölkerungsschichten. (Erst im 13. Jh. kam auch bei Laien der Brauch des Bartscherens auf [s. Barbier].)

Juden und Muslime waren bärtig (jedenfalls erscheinen letztere auf zeitgenössischen Darstellungen von Szenen aus den Kreuzzügen bärtig – im Gegensatz zu den glattrasierten Christen). Karl den Großen und Friedrich Barbarossa (“Kaiser Rotbart”) dachte man sich stets mit langwallendem Barthaar.

Als Utensilien zur Bartschur und Rasur kannte man Umhängtuch, Wasserbecken, Kamm, Schere, Rasiermesser (rasorium, rasiolum), Schleifstein und verschiedene aromatische Tinkturen.

Über die wechselnden Bartmoden des Mittelalter sind wir durch schriftliche Berichte (zumeist Klagen Geistlicher über modische Torheiten) sowie durch figürliche und bildliche Darstellungen unterrichtet. Dabei muss jedoch stets die Möglichkeit tendenziöser Übertreibungen und Idealisierungen in Rechnung gestellt werden.

Bestseller Nr. 1
Bestseller Nr. 2
Bestseller Nr. 3
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Volkert, Wilhelm (Autor)
7,41 EUR
Bestseller Nr. 5
Nach oben scrollen