Eisen

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Eisen (mhd. ise[r]n, ahd. isa[r]n; lat. ferrum). Vierthäufigstes Element der Erde, das in verschiedenen Erzen zu 25-70 % angereichert ist. Wegen ihrer leichten Gewinnbarkeit von großer Bedeutung waren die Raseneisenerze in den Sümpfen der norddeutschen Tiefebene (meist Limonit FeOOH) sowie die Verwitterungserze, die am westlichen Schwarzwaldrand, im Hunsrück, im Markgräfler Land, bei Peine, Salzgitter, Amberg, Kehlheim, Augsburg und Auerbach im Tagebau (Trichtergruben, senkrechte Schächte) abgebaut wurden. Unterirdische Eisenerzgänge wurden im Siegerland, in der Oberpfalz, in Oberfranken, Thüringen und im Schwarzwald angegangen.

Früheste Verwendung von Eisen in Europa fanden die Kelten, durch die im 8. Jh. v.u.Z. Bronze als Werkstoff abgelöst wurde.

In Rennfeueröfen wurde das Erz – gegebenenfall nach vorhergehendem Rösten – zu teigiger Luppe (Eisenschwamm, bestehend aus Weicheisen und Schlacke) erhitzt, danach unter wiederholtem Erhitzen im Holzkohlenfeuer und Schmieden weiter aufbereitet. Das Ergebnis war ein kohlenstoffarmes oder -freies Weicheisen (Alpha-Eisen). Experimente haben gezeigt, dass aus 8 kg Eisenerz mit einem Eisengehalt von ca. 65 % ca. 2 kg Luppe gewonnen werden können. (Das im Eisenerz enthaltene unbrauchbare Begleitgestein [“Gangart”] wurde beim Aufschmelzen durch Vermischung mit sog. “Zuschlag” [Kalk u.a.] als Schlacke gebunden. Die Zusammensetzung des Zuschlags war streng gehütetes Geheimnis der Hüttenmeister.) Nach Abtreiben der Schlacke durch wiederholtes Ausglühen und Schmieden der Luppe verbleiben ca. 500 gr Weicheisen. Durch Aufkohlen des kohlenstoff-freien Weicheisens (z.B. Einbetten in glühende Holzkohle) wurde Stahl (mit 0,2 – 1,0 % C) gewonnen, dessen Eigenschaften von der Höhe des Kohlenstoff-Gehaltes und von der Art der Weiterbehandlung (Anlassen, Schmieden, Abschrecken) abhingen.

Mit ca. 900° C “niedrigschmelzendes” Gusseisen (mit ca. 4 % C) wurde in hohen Schachtöfen unter intensiver Luftzufuhr (Gebläse, s. Blasebalg) gewonnen; es konnte direkt in geeignete Gussformen abgestochen werden, war jedoch wegen seiner Sprödigkeit zum Schmieden ungeeignet. Durch die Technik des Frischens (Verminderung des Kohlenstoffanteils) konnte aus Gusseisen Stahl gewonnen werden.

Vom 12. Jh. an nahm die Eisenproduktion stetig zu, entsprechend sank der Preis des Eisens; vom Hochmittelalter an wurden nicht mehr vorrangig Waffen und Rüstungen, sondern eine wachsende Zahl von Beschlägen und Gerätschaften aus Eisen gefertigt. Die Eisenproduktion konzentrierte sich auf Gegenden, wo günstige Voraussetzungen zusammentrafen wie ergiebige Erzlager, Holzvorräte und günstige Verkehrsanbindung. Derartige Eisenreviere lagen im deutschsprachigen Raum in Kärnten und Steiermark, in der Oberpfalz, im Lahn-Dill-Gebiet, im Sauerland und im Bergischen Land. Vielerorts trat der Zisterzienserorden als Eisenproduzent auf, der sowohl über technisches Wissen und wirtschaftliche Kompetenz als auch über Eigentum an Erzlagerstätten und Wäldern verfügte.

In der mittelalterliche Heilkunde spielten Eisen und Stahl eine bedeutende Rolle. Schon Plinius stallte fest: “… Wasser oder Wein, wo glühendes Eisen abgelöscht ist, wirken getrunken als gutes Mittel gegen Unterleibsleiden, Dysenterie, Milzsucht, Cholera und durch Durchfall angegriffenen Magen.” – Hildegard von Bingen: “Das Eisen ist von Natur aus warm und deswegen stark; und seine Stärke wird in vielfacher Hinsicht nützlich”. Gegen Magenschmerzen empfiehlt sie, ein über dem Feuer erwärmtes dünnes Eisenblech auf die Magengegend aufzulegen. Für von fast allumfassender Wirksamkeit galten Flüssigkeiten (Wasser, Wein, Milch), in die ein glühendes Stück Eisen oder Stahl geworfen worden war. Eisenrost, innerlich oder äußerlich angewandt, war ein Remedium vor allem gegen Hautleiden. – Bei Megenberg heißt es: “Ferrum haizt eisen, daz ist kalter natur … daz eisen hat die art, daz es küelt und entsleuzt (= löst, befreit) und ist dem magen guot …”

Im mittelalterliche Aberglauben galten Gegenstände aus blinkendem Eisen oder Stahl als magische Abwehrmittel gegen Dämonen und Schadenzauber, zumal wenn sie scharfgeschliffen oder spitz sind (z.B. Messer, Schere, Nägel, Axt, Sense, Sichel). So legte man – um nur ein Beispiel von vielen zu nennen – Wöchnerinnen oder Neugeborenen einen eisernen oder stählernen Gegenstand ins Bett, um sie gegen Hexenkunst immun zu machen. Umgekehrt durften Eisen und Stahl bei zauberischen Handlungen nicht verwendet werden.

(s. Bergbau, Blech, Drahtziehen, Gegengifte, Gusseisen, Hammermühlen, Hochofen, Metallurgie, Nagel, Pinge, Plattner, Rennofen, Schachtofen, Schieneisen, Schmied, Stahl, Stahlschmied)

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