Haartracht

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Haartracht der Frauen. Im Frühmittelalter trugen Mädchen das Haar offen oder in Zöpfen, in die Bänder oder Schnüre eingeflochten waren. Später kamen auch Kranzgeflechte auf. Verheiratete Frauen trugen – wie im späteren Mittelalter auch – das Haar unter Tüchern, Schleiern oder Hauben verborgen. Im 12./13. Jh. war das Gebende die typische Kopfbedeckung verheirateter Frauen. Liebster Kopfputz der Jungfrauen war das Schapel (in Form eines Stirnreifs oder Blumenkranzes) um das unbedeckte Haupt. Wo als nötig empfunden, wurde der Natur durch in-Locken-legen (mit Eiweiß und Brennschere), durch falsche Haarteile (“löcke von toten har”), durch Färben oder Bleichen nachgeholfen. Kopftücher und Schleier wurden mit der Zeit feiner und zierlicher; sie waren nun mehr Zierde als Verhüllung. Im 14. Jh. wurde die Körperlichkeit mehr hervorgehoben. Um die Nackenlinie zu betonen, trugen Jungfrauen das Haar in Zöpfen geflochten und über den Ohren oder um den Kopf aufgesteckt. Da eine hochgewölbte, kahle Stirn als schön galt, wurde der vordere Haaransatz ausrasiert. Im 15. Jh. kam – vom burgundischen Hof her – die bizarre Hörnerfrisur in Mode. Sie nahm samt den darüber drapierten Schleiern oder Hauben abenteuerliche Formen an. Sittenprediger prangerten die Auswüchse weiblicher Haartrachten als hurenmäßig an, überdies wurden städtische Verordnungen gegen manche Modetorheiten erlassen.

Haartracht der Männer. Im Frühmittelalter setzte sich der kurze römische Haarschnitt gegenüber dem langwallenden Haar der german. Krieger durch. Selbst die Karolingerkönige trugen das Haar kurz, setzten sich so von ihren langgelockten Vorgängern ab. Auch im 10./11. Jh. blieb das Haar noch kurz. Im 12./13. Jh. trugen Männer von Stand das – idealerweise blonde – Haar frauenhaft lang, es reichte jedoch nicht über die Schulter herab. Am unteren Ende war es oft hobelspanartig eingedreht (“spanhar”), sodass sich über Nacken, Ohren und Stirn ein dichter Lockenkranz bildete. Im 14. Jh. war das lange Haar unmodern geworden. Auch hohe Herren trugen wieder bis zu den Ohren gekürztes (“ober den oren abgesneden”) und dabei meist glattes Haar. In der ersten Hälfte des 15. Jh. trug man das Haar noch kürzer. Es wurde im Nacken und über den Ohren ausrasiert und vom Wirbel nach allen Seiten herabfrisiert, wodurch es die Form einer Kappe annahm. (Zu dieser Frisur wurde nie ein Bart getragen.) Nach der Jahrhundertmitte ließ man das Haar wieder etwas länger wachsen. Pomade und Brenneisen wurden häufiger benutzt als vorher. Bei Haarlosigkeit behalf man sich zuweilen auch mit einer Perücke.

Bauern und das übrige gemeine Volk blieben beim kurzgeschnittenen, meist struppigen (“strubenden”) Haar, wogegen arrivierte Bürger der Haartracht des Adels nacheiferten; Gefangene wurden üblicherweise kahlgeschoren. Das Scheren des Haupthaars bei Mönchen und Klerikern wurde als symbolisches Zeichen der Demut und der Unterwerfung unter den Willen Gottes verstanden. Bei der Tonsur des westlichen Mönchtums blieb ein Haarkranz – die corona – stehen.

In der christl. Kunst symbolisieren eine langhaarige Frau und ein König mit schöngepflegtem langen Bart die Todsünden der Wollust und des Stolzes.

(s. Barttracht, Haar, Kamm, Rasur, Rechtssymbolik)

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