Harnisch

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Harnisch (mhd. harnasch; v. afrz. harnais = Kriegerrüstung; wahrscheinlich aus anord. hernest = Heeresgut. Mhd. auch krebez, krebz). Als im 13. Jh. der Kettenpanzer gegen die Durchschlagskraft der Geschosse von Langbogen, Armbrust und Feuerwaffen keinen ausreichenden Schutz mehr bot, kamen Verstärkungen mit gestählten “Platten” an Schultern (Achselschilde), Knien (Kniebuckel) und Ellenbogen (Ellenbogenkacheln) auf. Anfangs des 14. Jh. kamen gewölbte Brustplatten dazu, aus denen sich um die Mitte des 14. Jh. die ringsum geschlossenen “Eisenbrust” (auch “Krebspanzer”) entwickelte. (Die Wölbung der Harnischbrust hatte den Vorteil, dass die Wucht eines aufprallenden Schlages nicht direkt auf den Körper traf wie bei einer flach anliegenden Platte, sondern auf die gepolsterten Ränder abgeleitet wurde.) Arme und Beine waren zu dieser Zeit schon röhrenartig umschlossen (geschobene Achsel, Ellenbogenkachel, Unterarmröhre und Eisenhand sowie Diechling [Schenkelröhre], Kniebuckel, Beinröhre und Eisenschuh). Durch Hinzufügen eines Bauchschutzes (“Plattenschurz”) aus Plattenteilen (“Bauchreifen”, “Folgen”) mit daranhängenden Beintaschen umschloss der Plattenharnisch in der Blüte seiner Entwicklung (im 15. Jh.) den Körper des Ritters vom Visierhelm bis zum Eisenschuh gänzlich mit beweglich verbundenen Eisenplatten. (“Beintaschen” nennt man beweglich vorne am Bauchschurz angebrachte Platten, die den Übergang von den Bauchreifen zum Diechling überlappten. Unter “Schwebescheiben” sind runde Stahlscheiben zu verstehen, welche den Achselspalt überdecken.) Die “gotischen” dt. Prunkharnische wurden mit Kannelüren, schmückenden und versteifenden Rillen und Furchen, verziert. Sie waren ausschließlich für den Turniersport gefertigt (s. Turnierrüstungen und -waffen). Im Spätmittelalter kam nach arab. Vorbild die Verzierungstechnik des Tauschierens auf.

Das Gewicht einer zum kriegerischen Kampf bestimmten Rüstung betrug kaum mehr als 25 kg., durfte sie doch den die Bewegungsfreiheit des Ritters nicht zu sehr einschränken. Turnierrüstungen dagegen waren wesentlich schwerer, sodass die in Eisen und Stahl gehüllten Wettkämpfer ihr Ross nur mittels eines Podestes besteigen konnten.

Im ausgehenden Mittelalter wurde auch das Turnierpferd durch einen Rossharnisch (“isnine kovertiure”) geschützt. Darüber lag eine bunte Stoffdecke (decke, kovertiure, rossekleit).

Auf die Herstellung der Plattenharnische hatte sich – als Nachfolger der Sarwürker – das Schmiedehandwerk der Plattner spezialisiert, das im deutschsprachigen Raum besonders in Augsburg, Landshut, Innsbruck und Nürnberg florierte und höchste handwerkliche Geschicklichkeit bewies. Die Herstellung eines Harnischs, der aus mehr als 170 Einzelteilen bestehen konnte, erforderte etwa ein Jahr Arbeit, woraus sich der immense Preis einer Rüstung, zumal einer in Prunkausführung, erklärt. (Im Spätmittelalter kostete ein Prunkharnisch zwölf Jahresgehälter eines höchsten Hofbeamten.) Da durch zünftige Ordnungen die Größe der Handwerksbetriebe beschränkt war, spezialisierten sich viele Werkstätten auf die Herstellung von Harnisch-Einzelteilen und lieferten diese an Händler, welche die Harnische zusammensetzten. Bekannte deutsche Plattnermeister waren Hans Grünewalt, Valentin Siebenbürger und Wilhelm Worms aus Nürnberg, Conrad Seusenhofer und Adrian Treitz aus Innsbruck oder die Colmanns und Pfefferhäuser aus Augsburg. Bedeutende Harnischwerkstätten gab es außer in Deutschland nur noch in Mailand und Brescia, in Tournai und Brügge.

(s. Harnischmühle, Rüstung)

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