Heizung

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Heizung (v. mhd./ahd. heizen = heiß machen). Bauernhäuser und frühe Stadthäuser wurden durch eine offene Feuerstelle beheizt, die zugleich als Kochstelle diente (s. Küchenherd). Der Rauch zog dabei anfangs durch das Dachwerk ab (s. Rauchhaus). Die Verwendung von transportablen Feuerpfannen und -töpfen kann angenommen werden. In Süddeutschland gab es vom 8. Jh. an vom Backofen (mhd. bachoven; mlat. furnus) abgeleitete gemauerte Öfen (mhd. oven; mlat. fornax); hier kam nach deren Vorbild im 12. Jh. auch der von außerhalb der Stube geheizte gemauerte Hinterladerofen auf. Bei dieser Art Ofenheizung blieb die Stube rauchfrei, außerdem speicherte die Ofenwandung die Wärme. Der Hinterladerofen wurde in Süddeutschland spätestens im 14. Jh. zum Kachelofen weiterentwickelt. Eine norddeutsche Entwicklung war die eiserne Ofenplatte (Anfang 13. Jh.), die ab etwa 1325 auch in Süddeutschland nachweisbar ist. Sie wurde an der Rückseite des Herdfeuers in die Küchenwand eingemauert und erwärmte die daneben gelegene Kammer. Der Rauch all dieser Öfen zog ursprünglich ungelenkt durch das Dach ab. Später wurden Rauchfänge mit weiter, trichterartiger Öffnung (“deutscher Schlot”) über den Feuerstellen eingezogen, die den Rauch bis unters Dach, später durch ein Rauchloch (mhd. roucloh, -venster; mlat. fumigale) über das Dach hinaus führten. (In letzterem Falle mussten sie überdacht werden, damit es nicht auf die Feuerstelle regnen konnte.) In Klöstern (St. Gallen, um 830), Palatien und Burgen, später auch in Stadthäusern, wurde mit offenen Kaminen (lat. caminus) geheizt, die meist im Eck gelegen und an über mehrere Stockwerke hinweg durchgehende Schlote (mhd., slat, auch rouchhus, -loch, schor[n]stein, lat. fumacium) angeschlossen waren. In staufischer Zeit rückte der Kamin an die Längsseite des Raums und wurde – mit reich geschmückten Wangen – zu einem raumbeherrschenden Element. Spätestens vom 15. Jh. an wurden auch die Öfen in Bürgerhäusern an Schlote angeschlossen. Diese bestanden anfangs aus Brettern oder Flechtwerk mit inwendigem Lehmbeschlag, später aus Mauerwerk. Um den Luftzutritt und damit den Holzabbrand im offenen Kamin zu verbessern, wurden die Holzscheite auf einem eisernen Gestell (Feuerbock) aufgeschichtet.

Nachdem man im 15. Jh. Gusseisen in größerem Umfang herstellte, trat neben den Kachelofen der Eisenofen in Form des sog. Fünfplattenofens (bestehend aus zwei waagrechten und drei senkrechten Gusseisenplatten), der vom Flur aus beheizt wurde (“Hinterladerofen”).

In mittelalterliche Klöstern (z.B. St. Georgen in Stein am Rhein) und Burgen (Marienburg, Breslauer Burg) sowie in spätmittelalterliche Rathäusern (Göttingen, Lüneburg; 14. Jh.) gab es gelegentlich Heißluftheizungen (Hypokausten) nach antikem Vorbild. (In St. Gallen hieß der beheizte Kapitelsaal “pyrale”, also “Warmraum”. Auch der dortige Baderaum, der “balnearius”, war beheizt.) Dabei wurden Feldsteinblöcke über einer Feuerkammer im Untergeschoss bis zur Glut erhitzt; nach dem Verlöschen des Feuers und dem Verschließen des Rauchabzugs wurde die erhitzte Luft direkt in die Räume oder durch im Fußboden verlegte Tonrohre geleitet (Beispiele: Marienburg, Kloster Maulbronn, Kloster St. Georgen in Stein am Rhein). Im Kloster Reichenau war bereits im 9. Jh. ein Wärmeraum mit Unterbodenheizung eingerichtet worden. Bei dieser Anlage wurde der Abzug einer Feuerstelle durch Heizkanäle im Ziegelfußboden und dann zum Rauchfang geleitet. Während sich bei der erstgenannten Form bei großem Brennstoffbedarf nur eine bescheidene Wärmeausbeute ergab, wurde bei der Reichenauer Hypokauste die Wärmeenergie des Holzes optimal (zu ca. 90%) genutzt. Im Spätmittelalter wurden auch in städt. Rathäusern Hypocausten eingerichtet, so z.B. in Göttingen und Lüneburg (14. Jh.).

(s. Heizmaterial, Kemenate, Kohleförderung, Umweltprobleme).

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