Hussiten

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Hussiten. Die Anhänger der national-religiösen Lehren des Jan Hus waren anfänglich tschechische Unterprivilegierte in Prag, die sich gegenüber den reichen deutschen Kaufherren in die Rolle der Zweitklassigen im eigenen Land versetzt sahen. Ihre religiösen Forderungen (“Vier Prager Artikel”) waren: freie Predigt in der Landessprache, Laienkelch, Armut der Geistlichen, Aburteilung von Todsünden durch weltl. Gerichte. Sie hatten sich schon zu Lebzeiten des Hus zusammengetan, wurden ursprünglich Wiclifiten (nach der von ihnen vertretenen Lehre des John Wyclif), später wegen ihrer Praxis, die Kommunion in “beiderlei Gestalt” (sub utraque specie) einzunehmen, Utraquisten oder Calixtiner (lat. calix = Kelch) genannt. Angehörige eines radikalen Zweigs der Hussiten, der nur anhand der Bibel belegbare Glaubenslehren anerkennen wollte, das Reich Gottes mit Waffengewalt errichten wollte und von endzeitlicher Stimmung ergriffen war, waren den Zeitgenossen als Taboriten bekannt. Die Hussiten verfolgten nach der Hinrichtung ihres Idols (1415) ihre religiösen, nationalistischen und antideutschen Ziele mit blutiger Gewalt, wobei Missernten und ein Anwachsen des Elends unter der bäuerlichen Bevölkerung Böhmens eine radikalisierende Wirkung gehabt haben sollen. Hussitische Haufen verheerten zwischen 1419 und 1436 Böhmen, Österreich, Ungarn, die Slowakei, Bayern, Sachsen, Schlesien und Brandenburg, und schlugen dank bedeutender Anführer (Ziska, Prokop) die päpstlichen und kaiserlichen Kreuzfahrerheere unter König Sigismund in den Jahren 1422, 1426, 1427 und 1431. Ihre Überlegenheit im Felde resultierte aus ihrem Sendungsbewusstsein und aus ihrer genialen Kampftechnik, bei welcher sich Wagentross (s. Wagenburg), Artillerie, Reiterei und Fußknechte gegenseitig planvoll ergänzten.

Auf dem Konzil von Basel handelten die kompromissbereiten Utraquisten eine Einigung in kirchl. Fragen aus (“Prager Kompaktaten” 1433, u.a. Zugeständnis der Kommunion in beiderlei Gestalt), wogegen die radikalen Taboriten unter Prokop weiterkämpften und erst am 30. Mai 1434 bei Lipany von den nunmehr vereint kämpfenden Katholiken und Utraquisten endgültig besiegt werden konnten.

Am Ende der Hussitenkriege (1419-36) war die Königsmacht in Böhmen stark geschwächt, war die beherrschende Stellung der röm. Kirche beseitigt, bekam Prag einen Bischof aus den Reihen der gemäßigtan Hussiten, war das Deutschtum zurückgedrängt, die Grundlage für ein tschechisches Nationalbewusstsein gelegt, der Aufbau eines tschech. Nationalstaates jedoch missglückt. Profitiert hatten allein der böhm. Kleinadel und das Patriziat, die sich an Kirchengut ungeheuer bereichern konnten. (Im 16. Jh. sollte die Mehrheit der Utraquisten lutherisch, eine Minderheit katholisch werden. Versprengte Taboriten fanden sich in der rein religiösen, unpolitischen und pazifistischen Gemeinschaft der Böhmischen [auch: Mährischen ] Brüder zusammen.)

(s. Adamiten, Kuttenberg (Kuttenberger Dekret), Prager Fenstersturz von 1419)

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