Kreuzzüge, Geschichte der

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Kreuzzüge, Geschichte der. Am 27. 11. 1095 reagierte Papst Urban II. anlässlich der Synode von Clermont auf einen verzweifelten Hilferuf des von den Türken bedrängten byzantinischen Kaisers mit einem flammenden Aufruf zum Waffengang gegen die Heiden, zur Abwendung der Bedrohung von Byzanz, zur Befreiung des Hl. Grabes und zum Beistand für die Glaubensbrüder im Osten. Der mitreißende Appell war hauptsächlich an die frz. Ritter gerichtet, denen er ewigen Ruhm und den Erlass der kanonischen Kirchenstrafen verhieß. (Spätere Kreuzzugsprediger dehnten das Angebot auf den Nachlass aller zu erwartenden dies- oder jenseitigen Sündenstrafen aus [vollkommener Ablass] und versprachen – für den Fall des Todes während des Kreuzzuges – den unmittelbaren Einzug in die Seligkeit). Die Wirkung der Rede war durchschlagend; die von Kampfeslust entbrannten Ritter schnitten ihre Gewänder in Streifen und hefteten sie sich in Kreuzesform an, um sich als Streiter Christi auszuzeichnen.

Der erste Kreuzzug wurde jedoch im April 1095 von einem unorganisierten Haufen von armen Leuten und Pöbel aller Art unter dem Kreuzzugsprediger Peter dem Einsiedler eröffnet, der auf seinem Zug durch das Rheinland die Judengemeinden plünderte und dezimierte. Aus dem Klageruf über den Verlust der Heiligen Stadt (“Hierosolyma est perdita”) wurde das eifernde Mordgeschrei des Pöbels: “Hep! Hep! Hep!”. Am 6. August setzte Peters “Kreuzzug der armen Leute” über den Bosporus, am 21. Oktober wurde er bei Nikäa von den Seldschuken fast völlig aufgerieben. Am 15. August 1096 war unterdessen der besser organisierte Zug der Ritterschaft aufgebrochen. Unter Raimond von St. Gilles, dem Grafen von Toulouse, standen die provencalischen Ritter; Gottfried von Boullon führte die lothringischen, deutschen und belgischen Ritter; Bohemund von Tarent und Tankred von Hauteville unterstand die normannisch-süditalienische Ritterschaft. Die rivalisierenden Heerhaufen vereinigten sich im Juni 1097 bei Nikäa, um die Stadt nach kurzer Belagerung einzunehmen. Unter dauernden Gefechten und großen Entbehrungen durchquerten die Kreuzfahrer Kleinasien und nahmen im Juni 1098 nach langer Belagerung Antiochia ein. Hier gründete Bohemund von Tarent den ersten Kreuzfahrerstaat. Balduin von Boulogne, der Bruder Gottfrieds v. Bouillon, errichtete etwa zur gleichen Zeit in der Provinz Edessa ein weiteres Fürstentum. Die Hauptmacht der Ritterheere zog nach Palästina weiter, nahm im April 1099 die Stadt Ramleh und gelangte am 7.Juni vor die Mauern Jerusalems. Am 14. Juli wurde Jerusalem eingenommen, wobei die Christen ein beispielloses Massaker unter der Bevölkerung anrichteten. Mit der Errichtung des Königreiches Jerusalem unter Balduin (11. 11. 1100) war der erste Kreuzzug beendet.

Während sich die Kreuzfahrerstaaten durch Rivalitäten gegenseitig schwächten, vereinigten die muslimischen Gegner ihre Kräfte und eroberten unter dem türkischen Fürsten Zengi von Aleppo 1144 Edessa zurück. Alle männlichen Bewohner der Stadt wurden hingerichtet. Daraufhin rief Papst Eugen III. am 1. März 1146 zum zweiten Kreuzzug auf. Sein eifrigster Kreuzzugsprediger wurde Bernhard von Clairvaux. Der Heerzug unter König Konrad III. von Deutschland und Ludwig VII. von Frankreich geriet zu einem diplomatischen und militärischen Fiasko, das in der Niederlage des dt. Heeres bei Doryläon (25. 10. 1147) und in der Kapitualtion der vereinigten Heere nach der erfolglosen Belagerung von Damaskus (23. – 28. Juli 1148) gipfelte. Die beiden Könige kehrten ruhmlos in ihre Länder zurück. Zu Beginn des Kreuzzuges war es zu erneuten Ausschreitungen gegen die Juden im Reich gekommen, wobei erstmals Anklagen wegen angeblicher Ritualmorde aufkamen. Nach dem Bruch eines Waffenstillstands durch Graf Rainald von Chatillon, vernichtete am 4. Juli 1187 Sultan Saladin das Kreuzfahrerheer bei Hattin (nahe dem See Genezareth). Rainald wurde enthauptet, mit ihm hunderte der Kreuzfahrern. Am 2. Oktober 1187 stürmte Saladin nach kurzer Belagerung Jerusalem. Großmütig schützte er Leben und Eigentum aller Einwohner. Juden durften in die Stadt zurückkehren, christl. Pilger hatten weiterhin Zutritt zu den Wallfahrtsstätten.

Auf den Verlust Jerusalems reagierten die Mächte des Abendlandes, indem sie auf einen dringlichen Aufruf Papst Gregors VIII. hin den dritten Kreuzzug proklamierten. Unter der Führung von Kaiser Friedrich I. Barbarossa und der Könige Philipp II. von Frankreich und Richard I. Löwenherz von England brach 1189 eine eindrucksvolle Streitmacht auf, um das röm.-christl. Königreich Jerusalem wiederherzustellen. Kaiser Friedrich, der den Landweg gewählt hatte, erfocht bei Ikonion einen glänzenden Sieg über den Türkensultan Kilidsch Arslan. Am 10. Juni ertrank er in dem Fluss Saleph in Kleinasien, worauf sich große Teile des dt. Heeres, entmutigt, ausgehungert und von Seuchen dezimiert, auf den Heimweg begaben. Nur einige hundert Mann stießen vor Akkon zu den Belagerungstruppen der westl. Könige. Philipp und Richard nahmen am 12. Juli 1191 Akkon, wobei sie der Stadt gegen die horrende Summe von 200.000 Goldstücken Schonung garantieren, und errichteten in einem schmalen Küstenstreifen das Königreich erneut. Zwistigkeiten unter den beiden Königen brachten sie um weitere Erfolge, Jerusalem blieb in der Hand Saladins.

Als vierter Kreuzzug wird der von Papst Innozenz III. 1198 ausgerufene bezeichnet. Die Venezianer verlangten als Gegenleistung für die Bereitstellung von Schiffen, dass die Kreuzfahrer die von Venedig abgefallene katholische Stadt Zara (Zadar) zurückerobern. Die Stadt wurde nach kurzer Belagerung am 14. November 1202 genommen und von Venezianern und Kreuzfahrern gemeinsam geplündert. Da die Vorräte für das Vorgehen gegen Jerusalem nicht ausreichten, wurden Gründe gefunden, um das reiche Konstantinopel anzugreifen. Im Juni 1203 erschien die Kreuzfahrerflotte im Marmarameer, im Juli begannen die Feindseligkeiten, die – nach langen Gefechten, Intrigen und der Flucht Kaiser Alexios’ – im April 1204 zum Sieg der vereinigten Venezianer und Kreuzfahrer, zur Plünderung der Stadt und zur Errichtung eines “Lateinischen Kaiserreichs” führten. Dieses “Reich” sollte bis 1261 bestehen und hatte als Daseinszweck einzig die Bereicherung Venedigs.

Der fünfte Kreuzug, zu dem von Papst Innozenz III. und seinem Nachfolger Honorius III. aufgerufen worden war, wurde zunächst gegen die Hauptmacht der Muslime in Ägypten geführt (1218). Hierbei wurden die anfänglich siegreichen Kreuzfahrer (Einnahme Damiettes 1221) unter dem päpstl. Legaten Pelagius 1219 bei Mansura geschlagen (Juli 1221), nachdem dieser zuvor ein großzügiges Angebot seines Gegners, das auch die Übergabe Palästinas samt Jerusalem beeinhaltete, abgewiesen hatte. Nunmehr erklärte sich Kaiser Friedrich II. bereit, seinem Gelübde zu folgen und in den Kreuzzug einzugreifen. Während sich das dt. Heer in Brindisi sammelte, erkrankte Friedrich an Malaria und blieb an Land, um sich auszukurieren. Papst Gregor IX. hielt die Krankheit für einen Vorwand und exkommunizierte Friedrich. Der Gebannte erreichte durch diplomatisches Geschick im Februar 1229 einen Verhandlungsfrieden mit Sultan al-Kamil, dem islamischen Herrscher in Kairo, und die Wiedererrichtung des Königreiches Jerusalem mit Jaffa, Nazareth, Bethlehem und einem Teil Galiläas. 1230 musste Honorius den Bann von dem vom Volk verehrten und vom röm. Klerus gehassten Kaiser nehmen. 1244 stürmten marodierende türkische Söldnerhorden Jerusalem, metzelten tausende von Christen nieder, zerstörten die Kirchen und rissen die Gebeine der Könige von Jerusalem aus ihren Gräbern. Ein Jahr später wurden die Truppen des Königreiches Jerusalem von den Ägyptern vernichtet. Die Hl. Stätten waren endgültig in muslimische Hände gelangt.

Nach jahrelangen Vorbereitungen brach 1248 König Ludwig IX. von Frankreich zum sechsten Kreuzzug auf. Er setzte von Aigues-Mortes nach Zypern über, von wo aus er 1249 Ägypten angriff. Er nahm Damiette kampflos und rückte auf Kairo vor. Im April 1250 geriet er mit seinem Expeditionskorps bei Mansura in Gefangenschaft, kam gegen horrende Lösegeldzahlung frei und durfte sich nach Akkon zurückziehen. 1254 kehrte er nach Frankreich zurück. Der letzte Versuch des Abendlandes, Palästina von den Muslimen zu befreien, war gescheitert. 1291 ging mit dem Fall von Akkon die letzte christl. Bastion unter dem Ansturm der Mamelucken verloren. Die Überlebenden wurden getötet, die Mauern geschleift.

Als Gewinner der Kreuzzüge können die italienischen Hafenstädte betrachtet werden, deren Kaufleute sich nach dem Verlust des Hl. Landes an der levantinischen Küste niederließen und von dort aus den Fernhandel organisierten. Ferner das Papsttum, das die von ihm erfundene Kreuzzugsidee auch auf die Verbreitung des rechten Glaubens – und damit auf die Vergrößerung seiner Macht – verwandte.

Als Kreuzzüge wurden im weiteren Verlauf auch andere kriegerische Unternehmungen der militia Christi im Namen der röm. Kirche bezeichnet, so etwa die Niederwerfung der Heiden in Preußen (s. Deutschritterorden), das Vorgehen gegen ketzerische Gemeinden (etwa gegen die Katharer), die Bekämfung aufständischer Bauern (s. Stedinger Bauernschaft) oder die Vertreibung der Muslime aus dem Süden Spaniens (s. Reconquista).

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