Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Rachitis (grch. rhachitis nosos = das Rückgrat betreffende Krankheit, zu grch. rhachis = Rückgrat; lat. morbus puerilium; seit dem 17. Jh. Morbus Anglorum/Englische Krankheit). Durch Mangel an Vitamin D3 oder durch Calzium- bzw. Phosphatmangel verursachte Krankheit von Säuglingen und Kleinkindern, gekennzeichnet u.a. durch Muskelschwäche und Skelettveränderungen (Wachstumsverzögerung, Auftreibungen an den Knochenepiphysen, Hühnerbrust, Verkrümmungen langer Röhrenknochen, Verbiegung der Wirbelsäule, Zahnverlust, Neigung zu Knochenbrüchen, offene Fontanellen). Zum Vit.-D-Mangel kommt es infolge ungenügender Vitaminzufuhr (evtl. schon im Mutterleib), vor allem aber durch unzureichende UV-Licht-Exposition (in sonnenarmen Breiten oder während langer Winter), Calzium- bzw. Phosphatmangel rührt von ungenügender Zufuhr mit der Nahrung. Die Krankheit dürfte daher öfter unter der armen Bevölkerung und in den nördlichen Breiten aufgetreten sein.
Knochenfunde und Krankheitsschilderungen belegen, dass die Krankheit überall und zu allen Zeiten aufgetreten ist. Gewährsleute der Antike waren die Ärzte Hippokrates von Kos (~460 – ~ 370 v.u.Z.), der in seinen „Aphorismen“ auf eine weiche Knochenbeschaffenheit bei Kindern hinweist, ferner Soranus von Ephesus (~ 100 u.Z.), der Rachitis-analoge Knochenveränderungen häufig bei Kindern in Rom beobachtet hat und Galenos von Pergamon (129 – um 200), der in „De morborum causis“ ebenfalls Skelettverkrümmungen bei Kindern beschreibt. Die Ursache wurde in Fehlern bei der Ernährungsweise, besonders in Überfütterung gesehen.
Man hatte im Mittelalter keine spezifische Bezeichnung für die Krankheit, sondern ordnete sie dem rheumatischen Formenkreis zu, für den Ausdrücke wie gebreche, lam-tac, krampfe, gutta, suht und giht gebraucht wurden, oder benante sie nach ihren Symptomen, etwa mit hover (Höcker, Buckel), mit Hühnerbrust oder Quadratschädel (Caput quadratum). Wie viele der verkrüppelten Bettler ihr Leiden ursächlich der Rachitis verdankten, ist nicht mehr auszumachen.
Gezielte Behandlungen waren nicht bekannt, es wurden Mittel der Diätetik verordnet.
In der mittelalterliche Volksmedizin hielt man die Krankheit für durch Hexen- oder Dämonenzauber verursacht (s. Wechselbalg); zu heilen suchte man sie durch allerlei magische Praktiken sowie durch Segenssprüche und Gebete. Als probates Mittel galt auch das Vernageln im Stamm einer Eiche, wohl wegen dessen harten, unbiegsamen Holzes.