Romanische Architektur

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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romanische Architektur (von romanus = römisch). Der Name kommt von den in dieser Stilrichtung verwendeten römischen Formelementen, etwa Rundbogen, Pfeiler, Säule, Kapitell. (Nach England war der romanische Baustil durch den Normannenherzog Wilhelm [1066 – 87] gebracht worden, und wurde dort folgerichtig normannischer Stil genannt, s. normannische Baukunst.) Die romanische Baukunst entfaltete sich etwa zur gleichen Zeit in Italien und Frankreich, von hier verbreitete sie sich europaweit. Dabei ergaben sich beträchtliche regionale Unterschiede. Zu ihrem eigentlichen Höhepunkt entwickelte sich die Romanik in Deutschland. Hier wird nur auf die deutsche Entwicklung eingegangen.

Vorromanik. Im Norden folgte auf die karolingische (714 – 911) – als erste in der romanischen Stilepoche – die ottonische Kunstperiode (Ottonik oder Vorromanik; 911 -1024), genannt nach Otto I., d. Gr. (936 – 73). Sie ist gekennzeichnet durch Beibehaltung karolingischer Bauformen und glatt geschlossener Wände. Den Sakralbau dominierten dreischiffige Basiliken mit Vierung und Querschiff. Dem Westchor wurde oft ein eigenes westliches Querschiff zugeordnet, unterschiedliche Baukörper (längs- und quergerichtete, rechteckige und runde, ragende Türme und Baukörper von burgenartiger Wirkung) wurden zu einem vielgliedrigen Ganzen zusammengefügt (additiver Baustil). Anstelle der Säulen- oder Pfeilerreihe wurde oft der Stützenwechsel, d.h. die abwechselnde Folge von Pfeiler und Säule verwendet. Beim Deckenbau dominierte die Flachdecke , daneben kam – zunächst in der Krypta und kleineren Nebenräumen – das Gewölbe auf. Als Beispiel ottonischen Kirchenbaus sei die Stiftskirche St. Cyriakus zu Gernrode im Harz genannt, die 961 unter Otto I. von Markgraf Gero begonnen wurde, und trotz starker baulicher Veränderungen im 12. Jh. noch wesentliche Bestandteile des ersten Baus aufweist. Das Kreuzschiff mit ausgeschiedener Vierung (s. Vierung) ist wenig ausladend, die Mittelschiffswände sind durch einfachen Stützenwechsel rhytmisiert, darüber durch die Bogenöffnungen der Emporen und durch die Obergadenfenster gegliedert. Das Westwerk kennzeichnet ein hochaufragender Querbau zwischen Rundtürmen. Weitere Architekturbeispiele der Ottonischen Zeit: St. Georg (Reichenau, um 900), St. Pantaleon (Köln, gegr. 957) und St. Wipert (Quedlinburg, Krypta aus d. 9. Jh.).

Frühromanik. Auf die Ottonik folgte die Frühromanik (1024 – 1135) unter Herrschern aus dem salischen Haus, das um Speyer und Worms begütert war. Grabstätte der Salier wurde der von Konrad II. im Jahre 1030 begonnene Dom zu Speyer, der um 1100 unter Heinrich IV. völlig eingewölbt und dabei von Grund auf erneuert wurde (Speyer II). Hierbei wurden auch die Pfeilervorsprünge mit halbrunden Vorlagen, welche die Gurtbögen des Gewölbes unterfangen, und die Bogenumrahmungen der Fenster zugefügt. Während dieser Epoche drangen neue Impulse aus Frankreich und Italien, mit den Kreuzzügen auch byzantinische Ideen ein. Die flache Holzdecke wurde durch Kreuzgratgewölbe ersetzt, die Dualität von weltl. und kirchl. Gewalt stellte sich in doppelchörigen Dombauten dar, deren Westwerk dem Königssitz vorbehalten war. Die Wände wurden durch Dienste, Sockel, Lisenen und Zwerggalerien gegliedert. Es erscheint die ausgeschiedene Vierung mit Vierungsturm. Architekturbeispiele: St. Servatius (Quedlinburg, 1070 – 1129), St. Peter und Paul (Hirsau, 1082 – 1091), St. Michael (Hildesheim, Grundsteinlegung 1010), das Münster zu Essen (1040 – 1055), das Westwerk des Doms zu Minden (1062 – 1072), Westchor und Westtürme des Doms zu Trier (1040 – 1071), St. Bonifatius in Freckenhorst (um 1090).

Hochromanik. Als Hochromanik oder staufische Baukunst wird die Epoche von 1135 bis 1180 bezeichnet. Sie umfasste die Herrschaftszeiten von Heinrich V. bis Friedrich Barbarossa. Kennzeichnend sind: voll überwölbte Bauten, Triforium, Zwerggalerie, Vieltürmigkeit, Systematisierung aller konstruktiven Teile, Rippengewölbe und Strebewerk. (In Frankreich beginnt um die Mitte des 12. Jh. der Übergang zur Gotik.) Beispiele: Speyer II (Apsis, Querarme, Mittelschiffwölbung), Ostbau des Mainzer Doms (1100 – 1137), Klosterkirche in Prüfening (bei Regensburg, 1130 -1165), St. Godehard (Hildesheim, 1131 – 1172); Chor und Querschiff der Abteikirche Saint Leger (Murbach/Oberelsaß, 1134 – 1155); die Klosterkirche Lippoldsberg (1142 – 1150), die Abteikirche Maria Laach (1093 – 1177), die Klosterkirche Paulinzella (1110 – 1132), die St. Kastor-Kirche in Koblenz (gegr. 9. Jh., erweitert 1150-1209). An Profanbauten, unter denen Pfalzen und Burgen eine bedeutende Stellung einnehmen, haben sich nur wenige Beispiele erhalten, so die Kaiserpfalzen zu Gelnhausen (vollendet vor 1180) und Eger (um 1150) sowie Burg Dankwarderode in Braunschweig (um 1150), die Ruine der Stiftskirche in Hersfeld (Neubau 1144 geweiht), das “Romanische Haus” in Gelnhausen (um 1180, Sitz des kaiserlichen Stadtvogtes, ältestes Amtshaus Deutschlands).

Spätromanik. Der späroman. Architekturstil (zwischen 1180 und 1250) als Übergangsstil zur Gotik erscheint in Deutschland zu einer Zeit, da in Frankreich und England schon die reine Gotik vorherrscht. Beispiele für Profanauten aus der Spätromanik sind das Castel del Monte in Süditalien (etwa 1240 – 1250) sowie die Kaiserburg zu Nürnberg. Kirchenbauten aus der Zeit des Übergangsstils sind z.B. die Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd (Baubeginn 1210-40), der Dom zu Limburg an der Lahn (1220 – 1250), die ehemalige Nonnenstiftskirche St. Cyriakus in Gernrode (1. Hälfte 12. Jh.), die Marienkirche zu Gelnhausen (12./13. Jh.), die Ludgeri-Kirche zu Münster (um 1200) und der Dom zu Bamberg (Baubeginn 1212, Weihe 1237). In den spätromanischen Stil gehen Stilelemente der frühen Gotik aus Frankreich ein, beispielsweise das Kreuzrippengewölbe. Die Bauplastik gewinnt an Bedeutung. Der Rundbogen geht langsam in eine zugespitzte Form über. Die festungsartige Geschlossenheit der Baukörper weicht immer stärkerer Gliederung. So zeigt etwa der Dom St. Georg zu Limburg über relativ kleiner Grundfläche mit zwei mächtigen Westtürmen, einem hochaufragenden Kuppelturm über der Vierung und vier schlanken Treppentürmen in den Ecken der Kreuzarme eine vielfältige Lebendigkeit der Außenansicht. Die Fassade weist mit einem Radfenster über einer Blendbogengalerie auf die frz. Gotik hin. Die Innenwände sind durch dreifach übereinandergestellte Spitzbogenreihen (Arkaden, Emporen und Triforium) fast völlig aufgelöst, werden indes durch straffe vertikale Ordnung mit durchlaufenden, reich gegliederten Pfeilern zusammengehalten.

Weitere Beispiele spätroman. Kirchenbaus: Köln (St. Kunibert [13. Jh.], St. Aposteln [11. – 13. Jh.], Groß-St. Martin [12. – 13. Jh.]); Neuss (St. Quirin, Baubeginn um 1200); Heisterbach (Abteikirche [1202 – 1237]; Ruine, nur der Chorabschluss ist erhalten); Worms (Dom St. Peter, 1171 – 1230); Goslar (Neuwerkkirche, 12./13. Jh.); Braunschweig (Dom St. Blasii, Baubeginn 1173); Ratzeburg (Dom, 1170 – 1220); Jerichow (Prämonstratenser-Klosterkirche, Baubeginn 1144); Murrhardt (Walterichskapelle, um 1230); Lehnin (Zisterzienser-Klosterkirche, Baubeginn 1190, Weihe 1262); Ellwangen (Stiftskirche St. Veit, 1182 – 1233); Regensburg (St. Jakob, 12. Jh.). Der letzte romanische Kaiserdom steht in Mainz (St. Martin und St. Stephan, Ende 12. – Mitte 13. Jh.) und wurde noch im roman. Stil erweitert, als in Frankreich schon die großen gotischen Kathedralen entstanden. Der Westteil mit seiner Dreikonchenalage zeigt die höchste Blüte romanischer Baukunst in Deutschland.

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