Schreiben

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. Entdecke in „Leben im Schatten der Zinnen“ auf 122 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt.

Schreiben (mhd. schriben, ahd. scriban; von lat scribere = schreiben). Das Aufbringen von Schriftzeichen auf einem Beschreibstoff (s. Papier, Papyrus, Pergament, Wachstafel) mittels geeigneten Schreibwerkzeugs. Im Mittelalter waren für Schreibübungen, Notizen und Konzepte noch die antiken Wachstafeln (lat. tabulae cerae) im Gebrauch, in die mit einem Griffel (stilus) eingeritzt wurde. Für die endgültige Niederschrift von Texten wurden bis ins Frühmittelalter Papyrus und Rohrfeder, danach Pergament (später auch Papier), Schreibfeder (schribekil; lat. penna) und Tinte benutzt. Korrekturen von Pergamenthandschriften konnten nach Abschaben der Schrift mittels Bimsstein oder Radiermesser (lat. scalprum, scalpellum, rasorium, novacula) ausgeführt werden. Der Bleistift (stilus plumbeus) – ein Holzstab, an dessen Spitze ein Stückchen Blei befestigt war – wurde zum Linieren verwendet. Hilfsmittel zum Festlegen von Schrifträndern und Zeilenabständen waren Lineal und Stechahle. “Bleistifte” nach heutigem Verständnis kamen erst im 15. Jh. in Italien auf (erstmals erwähnt von dem Florentiner Maler C. Cennini [1370-1440], und zwar in Form von Stäbchen aus kompaktem Graphit oder als mit Graphit gefüllte Hülsen. Der Name “Bleistift” rührt daher, dass Graphit seinerzeit unter der Bezeichnung “Reißblei” bekannt war. Zum Anreißen zarter Zeichnungen kannte man im Spätmittelalter den “Silberstift”, ein griffelartiges Gerät aus einer Legierung von Silber und Zinn oder Blei. Um damit Striche auf dem Papier zeichnen zu können, musste dieses vorher grundiert werden. Der Strich des Silberstifts verschwärzte auf dem Papier durch Oxidation.

Der Arbeitsplatz des Schreibers bestand aus einem Pult, das ähnlich einem Notenständer eine schräge Arbeitsplatte hatte. Im oberen Bereich der Arbeitsfläche fanden sich Löcher zur Aufnahme der Tintenhörner (cornua), Tintenfässer (atramentaria) und Federkiele (pennae). Stets zur Hand waren Bimstein und Radiermesser zum Tilgen von Schreibfehlern, Kreide und Eberzahn (eberzant) zum Glätten der Pergamentoberfläche, Lineal (regula), Ahle (subula), Zirkel (circinus) und Blei zum Markieren der Zeilenabstände, das Federmesser zum Nachspitzen der Federkiele und zum Radieren sowie eine Sreubüchse mit Schreibsand zum Trocknen der schreibflüssigen, langsamtrocknenden Tinte auf Papier (wohl vom Spätmittelalter an).

Vorbereitende Handgriffe, die der Schreiber vor Beginn der eigentlichen Arbeit zu erledigen hatte, waren das Zuschneiden der Doppelblätter mit Lineal und Federmesser, das Festlegen des Schriftspiegels (s. Pergamentformat), das Linieren mit einem Knochengriffel, einer Metallspitze oder einem Bleistift, das Markieren der Größe von Schrift, Bildern und Zierleisten.

Täglich stundenlang am Pult zu sitzen und Schriften zu kopieren war eine mühevolle Aufgabe. Im 8. Jh. vermerkte ein Schreiber in einem westgot. Rechtsbuch: “O wie schwer ist das Schreiben: es trübt die Augen, quetscht die Nieren und bringt zugleich allen Gliedern Qual. Drei Finger schreiben, der ganze Körper leidet …”

Das Schreiben in den klösterlichen Skriptorien – i.e. das Abschreiben heiliger Bücher – galt als tugendhaftes, heilbringendes Werk, das zeitliche Sündenstrafen abgelten und himmlischen Lohn verschaffen konnte.

Im Spätmittelalter verbreitete sich die Schreibkundigkeit auch außerhalb klerikaler Kreise, so bei Juristen und Notaren, bei Lehrern, Bankiers, Kaufleuten und Handwerkern, und schließlich bei einem wachsenden Teil der Gesellschaft.

Zum professionellen Schreiben sind nur wenige Fachbücher erschienen. Erhalten sind u.a. zwei anonyme Handschriften, das “Compendium artis picturae” (11. Jh.) und “De clarea” (12. Jh.). In beiden wird auf das richtige Anmischen der trockenen Farbstoffe mit Wasser und Bindemitteln eingegangen und auf die unerlässliche Voraussetzung einer genügend hohen Luftfeuchte am Arbeitsplatz hingewiesen – eignete sich doch trockenes, überhartes Pergament nur schlecht zum Beschriften.

(s. Calmart, Rechtschreibung, Rohrfeder, Schreiber, Schreibfeder, Schulgerät, Skriptorium)

Bestseller Nr. 1
Bestseller Nr. 2
Bestseller Nr. 3
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Volkert, Wilhelm (Autor)
4,35 EUR
Bestseller Nr. 5
Nach oben scrollen