Süßholz

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Süßholz (mhd. suezholz, kolstoc, lakerizenholz; lakerize, lekerize, lackericz, lakrizie, licritz; mlat. liquiritia, lat. glycyriza, v. grch. glykeia rhiza = Süßwurzel; botan. Radix liquiririae). Wichtigstes Erzeugnis der Gärtner Bambergs im Spätmittelalter war – noch vor der Zwiebel – das Wurzelholz des Süßholzbaumes, welches jährlich zu mehreren hundert Zentnern geerntet und bis nach Böhmen, Ungarn, Österreich, Holland und England ausgeführt wurde.

Der Süßholzsaft wurde seit alter Zeit in China und Ägypten, im Zweistromland, in Griechenland und Rom als Arzneimittel geschätzt. Im 13. Jh. kam der Süßholzanbau in Italien und Spanien zu Bedeutung und breitete sich im 15. Jh. auch nach Deutschland aus.

Die Süßholzstaude (Glycyrrhiza glabra) wird ein bis zwei Meter hoch, treibt unpaarig gefiederte Blätter und schotenartige längliche Fruchtständer; sie gedeiht am besten auf lockeren, sandigen Böden, wo sie bis zu 8 m lange, flach gründende Wurzelausläufer treibt. Aus diesen wurde, nachdem sie zu kleinen Partikeln geschabt oder geraspelt waren, durch Auskochen der Süßholzzucker enthaltende dunkelbraune bis schwarze Süßholzsirup (Succus Liquiritiae) gewonnen. Diesen verwendete man als Geschmackskorrigenz, als Arzneimittel mit sekretolytischer, spasmolytischer, antiphlogistischer und expektorierender Wirkung (besonders zur innerlichen Anwendung bei Erkrankungen der Verdauungs-, Atmungs- und Harnorgane) und zur Herstellung von Lakritze (“Bärendreck”) sowie als Beigabe zu magischen Rezepturen. Geschmacksbestimmender Inhaltsstoff ist ein Abkömmling der Glycyrrhetinsäure, der die 150-fache Süßkraft des Zuckers besitzt.

Die daumendicken Wurzeln als Ausgangsmaterial kamen in Form geflochtener Ringe in den Handel, die bis zu 20 kg schwer sein konnten.

Wahrscheinlich die früheste Erwähnung in Deutschland findet das Süßholz bei Hildegard von Bingen (in “Physica”, 12. Jh.), die das liquiricium als Mittel gegen Heiserkeit, Husten, Brustschmerzen, Seitenstechen, Verdauungsstörungen, Nieren- und Blasenleiden nennt. Außerdem beschreibt sie eine beruhigende Wirkung, heilsam bei Tobsucht und Tollwut.

Heilwirkung gegen Brust- und Lungenleiden, Husten, Blasen- und Nierenkrankheiten sowie Magengeschwüre führt das Arzneibuch “Circa instans” (12. Jh.) auf. – Albertus Magnus (13. Jh.) kennt die durststillende Wirkung. – Konrad von Megenberg (14. Jh.) beschreibt das suezholz und die Verwendung von Lakritzenpulver und -saft. – Süßholzhaltige Pasten wurden zur Bekämpfung von Zahnfäule verwandt. Kleinkinder ließ man auf Süßholz beißen, um das Zahnen zu erleichtern. Das “Leipziger Drogenbuch”, entstanden im 15. Jh. als einzige vollständige deutsche Übertragung des Arzneibuchs “Circa instans” (12. Jh.), vermerkt zum Süßholz: “Liquiritia oder Lakritze ist in ausgeglichener Weise wärmend und befeuchtend. … Ihre Kochung in Wasser ist gut gegen die Gebrechen der Brust, und ganz besonderes denjenigen, die an der Rippen- oder Brustfellentzündung leiden. Der Wein, in dem sie gekocht wurde, ist gut gegen den Husten.”

Die Redewendung “Süßholz raspeln” im Sinne von “Schmeicheleien sagen”, “einschmeicheln” rührt von dem süßen, angenehmen, lieblichen Geschmack des abgeschabten Wurzelholzes.

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