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Tanz (mhd., v. ahd danson = ziehen, führen, gehen). Nichtliturgischer Tanz galt der Kirche als heidnisch, unzüchtig und sündhaft. Gemäß dem Wort des Johannes Chrysostomus „Wo man tanzt, ist der Teufel“ und der augustinischen Feststellung „Chorea est circulus cuis centrum est diabolus“ wurde noch im 15. Jh. gepredigt: „Der umbgende tantz ist ein ring oder circkel, des mitte der Teufel ist“. Tanz war nur als Teil des Kults geduldet, in der Kirche, auf Friedhöfen, bei Prozessionen und Kirchenspielen. Auch Geistliche tanzten zum Kultus. Es tanzten der Vorsänger und die jungen Mönche des Chores an Weihnachten, Ostern und Pfingsten zu gregorianischen Responsorien und Antiphonen. (So hatten schon heidnische Religionen die Sonnwendtage und den Frühlingsbeginn tanzend gefeiert.) Selbst das himmlische Paradies konnten sich die christl. Mystiker des 14. Jh. (Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Heinrich Seuse) nicht ohne Freudentänze vorstellen, zu denen gar der Erlöser selbst die Fidel spielt.
Entgegen der ablehnenden Haltung der Kirche erhielten und entwickelten sich weltliche Tanzformen. Der höfische Tanz fand nicht nur bei „hochgeziten“ sondern auch bei alltäglichen gesellschaftlichen Anlässen im Saal der Herrenhäuser und Ritterburgen statt. Tanz und Ballspiel gehörten zusammen (noch heute wird eine Tanzveranstaltung „Ball“ genannt). Der höfische Tanz war anfänglich ein langsamer Formationstanz von feierlichem Gepräge. Tänzer und Tänzerinnen bewegten sich, einander bei den Händen haltend, mit kurzen, schleifenden Schritten, kerzengerade aufgerichtet, mit stilisierten Gesten und schweigend, von gelegentlichen refrainartigen Gesangspartien abgesehen. Der Zug der Tänzer und Tänzerinnen wurde vom Vortänzer angeführt, der die Tanzfiguren vorgab und selbst auf der Fidel begleitete. Zur Instrumentalbegleitung gehörten Portativ, Trompeten, Flöten, Fideln, Trommeln und Tamburin. Außer diesen Gemeinschaftstänzen gab es schon im Frühmittelalter Solotänze, bei denen der männliche Partner seine Dame pantomimisch umtanzte, ohne sie jemals zu berühren. Im Spätmittelalter ging aus dieser eher züchtigen Form eines Paartanzes ein exaltierter, eindeutig erotisch motivierter Sprungtanz hervor, der auch als Solotanz dargeboten wurde (s. Moriskentanz).
In starkem Kontrast zum höfisch-stilisierten Tanz standen der bäuerlich-derbe „getretene“ Tanz und der Reigen mit seinen ebenso erotisch-ausgelassenen wie ungeschliffenen Sprüngen, Hopsern und Hebefiguren, die immer wieder zu ungehaltenen Äußerungen der Prediger führten.
Hauptinstrumente der begleitenden Spielleute waren Sackpfeife, Fidel, Laute und Drehleier, Flöte und Trommel. Getanzt wurde um die Dorflinde, um den Maibaum oder auf dem Kirchhof. Um das Jahr 1300 kam ein neuer Tanz auf, bei denen sich Tänzer und Tänzerinnen paarweise umfassten. Diese Neuerung wurde als Gipfel der Schamlosigkeit empfunden und alsbald mit Verboten belegt (so in Ulm, Speyer, Frankfurt/M., Nürnberg, Köln).
Unter dem Eindruck existentieller Krisen (Seuchen, Hungersnöte) verbreiteten sich im 13./15. Jh. Massenhysterien , die sich in ekstatischer Tanzwut entluden (s. Veitstanz). Den gleichen krisenhaften Hintergrund hatten literarische und bildliche Darstellungen, die den Makaber- oder ® Totentanz zum Gegenstand hatten.
Im ausgehenden Mittelalter ist in ganz Europa der höfische Tanz wie der Volkstanz in Vor- und Nachtanz gegliedert. Der Vortanz (mhd. tanz, dantz) ist der „Reigen“, ein gemessener Tanz in geradem Takt. Er erfährt eine Steigerung im Nachtanz (mhd. sprunc, springdantz), einem Drehtanz in raschem Dreiertakt. Auf dieser kontrastierenden Zweiteilung baut sowohl die folgende europäische Tanzmusik wie die mehrsätzige Instrumentalmusik auf.
Aus dem wenig geachteten Stand der ® Spielleute emanzipierte sich der Tanzmeister (mhd.; mlat. princeps saltatorum) als ein respektierter Mann, Lehrer und Vortänzer sowie Organisator von Festen.
Seit dem Hochmittelalter unterhielt das gehobene Stadtbürgertum Tanzstuben in den Rathäusern oder eigene Tanzhäuser. Hier wurden Feste – etwa Hochzeiten, Bälle oder Empfänge hoher Gäste – gefeiert. Tanz war stets Teil gemeinsam begangener Feste, sei es zu Fest- und Gedenktagen, zur Hochzeit oder zum Leichenbegängnis, und diente der Festigung verwandtschftlicher, nachbarschaftlicher oder gesellschaftlicher Bindungen. Üblicherweise fanden sich Tanzsäle im Obergeschoss repräsentativer Gebäude (Rat-, Kauf-, Tanz-, Zunfthäuser), waren über ein großzügiges Treppenhaus zu erreichen, durch zahlreiche Fenster belichtet und öffneten sich zu einem Altan, auf dem sich prominente Gäste zeigen konnten. Die Decke überspannte den Saal nach Möglichkeit stützenlos. Für die Musikanten gab es eine erhöhte Bühne. Da Juden der Besuch christlicher Tanzhäuser verboten war – sogar das Zuschauen war ihnen untersagt – hatten sie ihre eigenen Tanzhäuser (s. jüdische Bauten).
Die Handwerkerzünfte pflegten jeweils eigene Tänze, so z.B. die Tuchmacher den Fahnentanz, die Klingenschmiede den Schwertertanz oder die Böttcher den Reifentanz.
Dadurch, dass Tänze dieser Art stets öffentlich und zum Ergötzen einer Zuschauerschaft vorgetragen wurden, können sie als Vorläufer des Balletts betrachtet werden. (Dieses sollte im 16. Jh. an ital. und frz. Höfen entstehen.)
(s. Ball)