Universität

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Universität. Höhere Bildung wurde bis ins 12. Jh. nur an Kloster-, Dom- und Stiftsschulen vermittelt. Daneben bildeten sich städtische Privatschulen bekannter Lehrer, um die sich zahlende Studenten scharten; so z.B. die Rechtsschule des Irnerius in Bologna oder die philosophisch-theologische Schule des Abaelard in Paris. Aus diesen Keimzellen entstanden im 12. Jh. die ersten Universitäten. Die ursprüngliche Bezeichnung “universitas magistrorum” (Paris) bzw.”universitas magistrorum et scholarium” oder “universitas professorum et scholarium” (Bologna), daneben auch “Societas …”, “Communitas …” oder “Consortium …”, wurde im Lauf der Zeit zu “Universität” verkürzt.

Frühe europäische Rechtsschulen und Universitäten entstanden in großen Städten, die Rechts- und Friedensschutz boten und über eine gut ausgebaute Infrastruktur (Wohnraum, Handel, Dienstleistungen) verfügten, so in Salerno, Montpellier, Paris, Bologna und Oxford (vor 1200), Vicenza (1204), Cambridge (1209), Salamanca (1218), Padua (1222), Neapel (1224), Cambridge (1229), Toulouse (1233), Piacenza (1248), Arezzo (1255), Modena (1328), Lissabon (1290), Rom (1303), Avignon (1303), Valladolid (1304), Orleans (1309), Perugia (1308), Florenz (1320), Grenoble (1330), Cahors (1332), Pisa (1334), Perpignan und Florenz (1349), Huesca (1354), Siena (1357), Pavia (1361) und Uppsala (1477). Insgesamt entstanden zwischen 1200 und 1500 in Mitteleuropa, zunächst in Italien und Frankreich, etwa 75 Universitäten.

Die Pariser Universität war auf Jahrhunderte hinaus Vorbild der Universitäten nördlich der Alpen. Sie basierte auf den vier Fakultäten Artes (später philosophische Fakultät genannt), Theologie, Jurisprudenz und Medizin.

Die erste deutsche Universität wurde 1348 von König Karl IV. in Prag nach dem Vorbild der Pariser Universität eingerichtet (s. Carolina). Es folgten in kurzer Zeit weitere Universitätsgründungen durch Landesherren und städtische Magistrate: Krakau (1364), Wien (1365), Pecs (Fünfkirchen, Südungarn, 1367), Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392), Würzburg (1402), Leipzig (1409), Rostock (1419), Löwen (1424), Greifswald (1456), Freiburg i. Br. (1457), Basel (1460), Ingolstadt (1472), Trier (1473), Tübingen und Mainz (1477). Am Ausgang des Mittelalter gab es in Deutschland mehr Universitäten als in jedem anderen Land Europas.

Als Gründer von Universitäten traten Landesherren und Städte auf, im Falle von Mainz auch der dortige Erzbischof. Das Recht der Bestätigung (Privilegierung) nahm die Kurie für sich in Anspruch, da sie den eigentlichen Zweck der Universitäten in der Klerikerausbildung und Glaubensstärkung sah, und zumindest für die theologische und kirchenrechtliche Fakultät Weisungsbefugnis ausüben wollte. Folgerichtig war an den meisten Universitäten die theologische Fakultät nach Lehrkörper und Schülerzahl die stärkste. Vom 15. Jh. an beanspruchten auch die Kaiser das Recht der Privilegierung.

Von den Orden legten besonders die Franziskaner und Dominikaner großen Wert auf eine universitäre Bildung ihrer Mönche, und von daher ist es nicht verwunderlich, dass herausragende Kleriker wie Albertus Magnus und Thomas von Aquin auch Universitätsprofessoren waren.

Universitäten nahmen für sich in Anspruch, das ganze Wissensspektrum (von den Artes Liberales über Theologie und Philosophie bis zu Jurisprudenz und Medizin) zu vermitteln; sie suchten sich von kirchlicher und weltlicher Bevormundung zu befreien und traten als autonome Körperschaften auf, die für ihren Bereich Satzungen erlassen sowie Selbstverwaltung und Gerichtsgewalt (s. Universitätsgerichtsbarkeit) üben konnten und über das Stiftungsvermögen eigenverantwortlich verfügten. Ihre Mitglieder genossen Sonderrechte, die ihrem quasi-klerikalen Stand entsprachen; so waren sie vom städt. Wach- und Militärdienst freigestellt. Zur Finanzierung der universitären Korporation trug neben Gehältern seitens der Städte oder Landesherren auch die Kirche bei – etwa durch die Verleihung von Pfründen – , da die Klerikerausbildung sich immer mehr an die Universitäten verlagerte.

Die Universitätsgemeinde gliederte sich nach Landsmannschaften (s. nationes) und Fachrichtungen (s. Fakultät). Lehrsprache war Mittellatein.

Aus den Universitätslehrern wurden – häufig unter dem Mitspracherecht des Schirmherren – der Rektor als oberster Leiter und die Dekane als Fakultätsvorstände erwählt. Dem Rektor als leitendem Verwaltungsbeamten und Vertreter der Universität nach außen stand ein Kanzler (cancellarius, meist ein Geistlicher) zur Seite, der auch die universitäre Gerichtsbarkeit ausübte. Einem “consilium generale” (seit der frühen Neuzeit “Senat” genannt) oblag die Organisation des Lehrbetriebs und der Prüfungen; es setzte sich aus drei bis fünf Professoren der höheren Fakultäten und den Magistern der artes liberales zusammen. Die Professoren der einzelnen Fakultäten bildeten das “consilium facultatis” und wählten aus ihren Reihen einen “Dekan” als Vorsteher. Absolventen der Artistenfakultäten hatten als Magistri artium bereits weitgehende Lehrbefugnis für das Grundstudium und wurden an den höheren Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz und Medizin) zugelassen, wo sie den Doktorgrad und damit generelle Lehrerlaubnis erlangen konnten.

Die Bezeichnung einer Universität als “Alma Mater” (lat., = nährende Mutter) rührt ursprüglich von dem Bild gütiger, ernährender Göttinnen, und wurde im Mittelalter auf die Vorstellung übertragen, dass die Hohe Schule ihre Sudierenden mit Wissen nährt. Der Begriff kam als “Alma mater studiorum” für die Universität Bologna auf und erscheint im deutschen Sprachraum erstmals für die Wiener Rudolphina (14. Jh.) und für die Leipziger Universität (“Alma Mater Lipsiensis”, 15. Jh.).

(s. Bakkalaureus, bedellus, Burse, Dekan, Doctor, Examina, Kanzler, Kleiderordnung, Magister, Professor, Rector, Senat, Studenten)

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