Zölibat

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Zölibat (v. lat. caelebs = ehelos). Schon einzelne Strömungen des Frühen Christentums kannten die asketische Forderung nach sexueller Enthaltsamkeit, woraus sich auch die Hochschätzung der Jungfräulichkeit und die Minderachtung der Ehe herleiteten. Begründete man die Zölibatsforderung ursprünglich damit, dass Geistliche nur in Ehelosigkeit zu völliger Hingabe an Gott fähig seien, so diffamierte man später den Geschlechtsakt als beschmutzend und entheiligend. Papst Gregor I. (gest. 604) gebot den Geistlichen, vom Tag ihrer Weihe an ihre Ehefrauen nur noch wie Schwestern zu lieben. Gemäß einer Entscheidung des Trullanums (einer Synode zu Byzanz im Jahr 691/92) war es Diakonen und Priestern verboten, nach ihrer Weihe Verkehr mit ihren Ehefrauen zu haben; unverheirateten Priestern war verboten, nach ihrer Weihe zu heiraten. Mit besonderer Härte ging im ostfränkischen Reich Bonifatius (gest. 754) gegen den noch mehrheitlich verheirateten Klerus vor. Er ließ schuldige Priester öffentlich auspeitschen und sodann zwei Jahre lang einkerkern. Papst Leo IX. eiferte gegen “unzüchtige Priester”; er forderte alle Kleriker auf, ihre “Konkubinen” zu verlassen, widrigenfalls ihnen das Lesen der Messe untersagt sei. Kurz darauf ordnete er das Laster der Nikolaiten als Ketzerei ein. 1054 kam es zum endgültigen Bruch Roms mit der Ostkirche – nicht zuletzt wegen des römischen Zölibatsrigorismus’. Gregor VII. (1073 – 85) verbot den Gläubigen bei Strafe der Exkommunikation, an Messen oder kirchlichen Handlungen verheirateter Priester teilzunehmen. Papst Urban II. bestimmte auf der Synode zu Melfi (1089), dass – wofern ein Subdiakon sich nicht von seiner Frau trennen wollte – “der Fürst seine Frau zur Sklavin nehmen dürfe”. Zu sexualpessimistischen und frauenfeindlichen Motiven kam ein wirtschaftliches Interesse: der Kirchenbesitz sollte vor einer Aufteilung unter die Priesternachkommen gesichert werden. Auf dem 2. Laterankonzil (1139) wurden die höheren Weihen allgemeinverbindlich zum “trennenden Ehehindernis” erklärt, eine Rechtsnorm, durch welche die Heirat eines Priesters zu einem rechtl. unwirksamen Akt wurde, der zudem unter der Strafandrohung der Exkommunikation stand. Kinder aus einer solchermaßen ungültigen Ehe wurden als illegitim und somit erbunfähig betrachtet. In Deutschland wurde der berüchtigte Konrad von Marburg, Inquisitor, Visitator des Klerus, Kreuzzugspropagator und Ketzerjäger, von Papst Gregor 1227 mit der Erzwingung des Zölibats beauftragt.

Bei der Durchsetzung des Zwangszölibats, das als Mauer zwischen kultischer Reinheit (munditia, integritas) und Unreinheit (immunditia) begriffen wurde, ging die Kirche mit großer Härte vor; Priester durften weder an Heirat noch an Beerdigung ihrer Kinder teilnehmen, mancherorts durften Priesterfrauen (kirchlicherseits als Konkubinen, Ehebrecherinnen, Huren bezeichnet) nicht kirchl. beerdigt werden. Die Widerstände gegen das Zölibat sollten nie aufhören. Auf dem Konzil von Basel (1435) wurde eine Reformvorlage Kaiser Sigismunds (Reformatio Sigismundi) zur Abschaffung des Zölibats beraten und abschlägig beschieden. (Die Haltung der kath. Kirche in der Zölibatsfrage sollte zu einem der Auslöser der Reformation werden.)

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