Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Man spricht oft vom „finsteren Mittelalter“, das gibt ein falsches Bild. Die Epoche vom Untergang des Römerreichs bis zum Ende des 15. Jahrhunderts hat genug an großartigen Leistungen aufzuweisen – in der Geistesgeschichte, in der Kunst und auch auf technischem Gebiet hat sie eine ganze Reihe wichtiger Erfindungen und Neuerungen gebracht: die Räderuhr und die Brille, das Papier und die Buchdruckerkunst, aber auch das Schießpulver und das Pulvergeschütz.
Im Mittelalter erfolgte außerdem, gefördert zunächst von den Klöstern und dann begünstigt durch zahlreiche Städtegründungen, ein beachtlicher Aufschwung der handwerklichen Techniken. Dank des Christentums hat die Sklaverei im Abendland ihr Ende gefunden. Das bedeutet: was bis dahin mit der Menschenkraft der Sklaven bewältigt worden war, musste nun nach Möglichkeit mit Hilfe anderer Energien geschafft werden. Als nächstliegende Energiequelle bot sich das fließende Wasser an.
Bei Bradowick (bei Lüneburg) wurde eine frühmittelalterliche Getreidemühle mit Stockgetriebe entdeckt, die nach den Begleitfunden auf das 10. Jahrhundert datiert wird. Für das 14.Jahrhundert sind in Deutschland mit Wasserkraft angetriebene Sägemühlen bezeugt und um diese Zeit mehren sich die Nachrichten, dass man auch im Berg- und Hüttenwesen das Wasser arbeiten ließ. Der Name der im Jahre 1010 erwähnten Ortschaft Schmidmühle deutet auf ein Hammerwerk mit Wasserkraft hin.
Merkwürdig ist, dass der Mensch die Windkraft, die ihm seit Tausenden von Jahren die Segel seiner Schiffe füllte, erst im Mittelalter für andere Zwecke zu nutzen begann. Die früheste Erwähnung von Windmühlen in Europa stammt aus dem Jahre 1222.
Neben der Wind- und Wasserkraft wurde nun auch die Tierkraft vermehrt genutzt, zum Beispiel für Wagen, Pflug und für den Göpel. Doch die tierische Kraft wurde, bis zur Verbesserung des Zuggeschirrs in 10. Jh. nicht voll genutzt, denn der Zugochse, das Pferd oder der Esel wurden meist so angeschirrt, dass das Tier nicht mit Brust und Schulter, sondern nur mit dem Hals ziehen konnte. Dabei wurde dem Tier die Luftröhre zusammengedrückt, was zu erheblichen Leistungseinbußen führte.
Einer der herausragensten Erfindungen im Mittelalter war das Schießpulver. Nach allgemeiner Ansicht waren Chinesen die Erfinder. Sie kannten die Salpeter-Schwefel-Holzkohle-Mischung, die das Schießpulver ergibt. Im Abendland dagegen kennt man Bertold Schwarz als den angeblichen Erfinder des Schießpulvers und des Pulvergeschützes. Der Mönch Berthold Schwarz ist eine legendäre Persönlichkeit. Um 1354 soll er bei alchemistischen Experimenten das Schießpulver erfunden haben. Das ist aber ein Jahrtausend nach dem Auftauchen der ersten Pulverrezepte, und wenn es in einer alten Quelle heißt, er habe die Kunst besessen aus Büchsen zu schießen, so kann man daraus schließen, dass ihm irgendeine Verbesserung geglückt ist.
Die erste bezeugte Anwendung vom Pulvergeschützen ist im Jahre 1334 zu verzeichnen. Konrad Keyser berichtet in einem Manuskript über aufblasbare Schwimmgürtel aus Leder, Belagerungsmaschinen, Hebezeuge, Pumpen und Wasserleitungen und sogar eine Dampfbadeanstalt. In den Klöstern wurde auch tüchtig geforscht und experimentiert. So fand man Rezepte zum Goldschmieden, zum Glasschmelzen, zum Gießen oder zum Bau von Orgeln. Weitere Erfindungen waren: der Webstuhl mit Trittbrett, die Supportdrehbank, der Schraubstock, die Brille und das Papier. Das deutsche Handwerk gewann Weltgeltung und Deutschland galt im 14. Jh. geradezu als das Land der Technik.
Das Papier wurde zur Voraussetzung für die kulturgeschichtlich wohl wichtigste Erfindung des ausgehenden Mittelalters, die Buchdruckkunst. Wie in China, so hat auch im Abendland das billige Papier eine einfachere und billigere Technik der Vervielfältigung geradezu gefordert, nur ist hier der Weg bis zum Druck mit beweglichen Lettern, für den China immerhin ein Jahrtausend gebraucht hat, sehr viel schneller zurückgelegt worden. Im Jahre 1448 druckte Johannes Gutenberg das erste Buch, mit beweglichen Lettern aus Metall. Besonders bemerkenswert ist, dass Gutenberg auch das geeignete Gießmaterial herausgefunden hatte, nämlich eine Mischung aus Blei, Zinn und Antimon, wie sie im großen und ganzem noch heute verwendet wird.