Dreckapotheke

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Dreckapotheke. Im mittelalterliche Volksglauben haben sich alte Praktiken der Dämonenabwehr konserviert, so in der Dreckapotheke, deren ekle Spezialitäten ursprünglich böse, krankmachende Geister abschrecken sollten. Nachdem der Glaube an Naturgeister durch die christl. Lehre unterdrückt worden war, wurde den Dreckarzneien unmittelbare Heilkraft zugeschrieben. (Die Wirkung ekelerregender Substanzen könnte in der Verstärkung des Placeboeffekts durch Überwindung des natürlichen Widerwillens gelegen haben.) Die Hauptrolle spielten Kot, Urin und Drüsensekrete von Mensch und Tier (z.B. stercus columbarum, st. muris, st. laporis = Tauben-, Mäuse-, Hasendreck oder Zibet/Zibetha occidentalis), bestimmt zur innerlichen und zur äußerlichen Anwendung. Die Palette der auf eine potenzierende Wirkung abgestellten Beigaben war breit: Armesünderfett, Speichel, Nasenschleim, Schweiß, Sperma, Ohrenschmalz, Menstrualblut, Nachgeburtsteile, Mumienpulver, pulverisierte Mäusezähne und Bettwanzen, Spulwürmer, Spinnen usf. Beispiel aus dem “Lorscher Arzneibuch”, entstanden um 800: Gegen “Unterschenkelgeschwüre” wird eine Mixtur aus Schafdung, Käseschimmel und Honig empfohlen, welche für 20 Tage auf der Wunde verbleiben soll. Medizinhistoriker halten das Rezept wegen der antibiotischen Wirkung des Schimmels für möglicherweise wirksam; die lange Verweildauer könnte der Ausbildung resistenter Stämme entgegengewirkt haben (Der Spiegel, 38/2000, S. 174).

Dreckarzneien wurden als Infuse, Dekokte, Destillate, Extrakte, Mixturen, Pillen und Pulver verordnet; sie wurden als Angüsse und Packungen, als Salben und Pflaster, zur An- und Ausräucherung benutzt.

(s. medizinischer Kannibalismus)

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