Holz

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Holz (mhd., ahd. holz = Abgehauenes; lat. lignum). Holz war mit Abstand der wichtigste Bau- und Werkstoff des MA., und bis ins Spätmittelalter – von der unwesentlichen Nutzung von Stroh, Torf und Kohle abgesehen – das einzige Material zur Heiz- und Prozesswärmegewinnung. Entsprechend groß war der Raubbau in den Wäldern: bis zum 13. Jh. waren 80 % der ursprünglichen Waldfläche durch Holzeinschlag und Rodung vernichtet, es wurden erste Gesetze zum Schutz des Waldes erlassen.

Der nachfolgenden – unvollständigen – Sammlung von Beispielen mittelalterliche Holznutzung zufolge könnte man das Mittelalter als “Holzzeit” charakterisieren:

Bauwesen: Verfügbarkeit, Bearbeitungsqualität und hohes Wärmedämmvermögen machten Holz zum wichtigsten Baustoff des Mittelalter Bis zum 10. Jh. wurden nicht nur Wohnbauten, sondern auch Brücken, Wehrbauten und Kirchen in Holzbauweise errichtet. Von der Jahrtausendwende an wurden im ganzen dt. Sprachraum – abgesehen von wenigen Gebieten, in denen Block- bzw. Palisadenbauweise oder Steinbau vorherrschten – Wohnhäuser überwiegend in Fachwerk-Bauweise erbaut. Für wachsende Städte mit immer größeren Bauten sowie für den Wiederaufbau baufälliger oder abgebrannter Häuser bestand ständig wachsender Holzbedarf. Holz wurde am Bau außer für das Ständerwerk und den Dachstuhl, für Uferbefestigungen, Landungsstege und Schleusentore, für Schalbretter, Ausfachungen, Dachschindeln, für Fußböden, Stiegen, Türen, Fensterläden usf. benutzt. (Allein für das Ständerwerk eines spätmittelalterliche Fachwerkhauses wurden ca 750m Vollstammholz benötigt. Für die annähernd 1.000 Bauten einer Mittelstadt von 5.000 Einwohnern wurden demnach 750 Kilometer Balken verbraucht. Für den Bau der Münchener Frauenkirche wurden zwischen 1468 und 1488 rund 20.000 Stämme angeflößt.) Eine große Anzahl Bäume wurde für den Bau und die häufigen Reparaturen der Brücken benötigt, die bis ins Spätmittelalter meist aus Holz hergestellt waren. Als Bäume zur Gewinnung langer Balken aufgrund der Waldübernutzung selten geworden waren, ging man zu Konstruktionsweisen über, die zur Errichtung von Fachwerkbauten und Brücken mit Balken von 5 – 6 m Länge auskamen (s. Bauhüttenbücher).

Hilfskonstruktionen im Hochbau: großer Holzbedarf bestand auch für Baugerüste und Stützgerüste, z.B. Lehr- und Schalgerüste im Gewölbebau (s. Gewölbe) sowie für die Gründung von Fundamenten in durchfeuchtetem Boden.

Raumausstattung, Möbel: Menge, Nutzungsvielfalt und Qualität der mittelalterliche Möbel nahmen mit fortschreitender Zeit zu, gegen Ende des Mittelalter kamen im gehobenen Wohnen auch hölzerne Wandverkleidungen (Täfelungen) auf. Da die Nutzungsdauer der Möbel gering war, musste für steten Ersatz gesorgt werden. (s. Möbel, Stube)

Landfahrzeuge, Schiffsbau, Flösse: Zur Lastenbeförderung auf den schlechten Wegen und Straßen des MA., besonders für landwirtschaftl. Produkte, Bausteine und Bauholz, wurden Schlitten und zwei- bzw. vierrädrige Karren, auch einrädrige Schubkarren, verwendet. Bedeutende Holzmengen wurden für die Schiffe der Binnen- und Seeschifffahrt benötigt, besonders vom 13. Jh. an, als Dank des neuen Schiffstyps, der Kogge, und aufgrund des Aufblühens der Hanse, sich der Handel in Nord- und Ostsee stark ausweitete. Auf den Flüssen wurde Stamm- und Schnittholz, zu Flößen verbunden, zum Haus- und Schiffsbau aus dem baumreichen Binnenland in die Küstenregionen verfrachtet (s. Flößerei).

Waffen, Werkszeug, Gefäße: Bei Waffen und Werkzeugen verband sich fast immer eine hölzerne Handhabe mit metallener Härte, Schärfe und Dauerhaftigkeit, so etwa bei Lanze, Axt, Messer, Breitbeil und Schmiedehammer. Der Vorläufer des Spatens, das Grabscheit, war – ebenso wie der Pflug – nur an der Schneide mit Eisen beschlagen. Drehbank, Kelter- und Druckerpresse, Spinnrad, Haspel und Webstuhl, Flachsbrechen und Tonmodeln – schneller ließen sich Werkzeuge herzählen, die nicht aus Holz waren. An Gefäßen waren hölzerne Becher, Daubenkannen und -eimer, Holzmulden und -fässer während des ganzen Mittelalter in Gebrauch. Für gedrechselte Gefäße verwendete man vorzugsweise Ahorn und Esche, Daubenschalen waren aus Fichtenholz, norddeutsche Fässer aus Eichen-, süddeutsche aus Tannenholz. Dünne Weidenruten benutzte man für das Flechtwerk von Körben und Fischreusen (s. Flechten) und – anstelle von Nägeln – zum Zusammenfügen der Ackergeräte. Die Winzer benötigten bedeutende Mengen von Weinbergpfählen. Schuster brauchten Holz für die Leisten und für Schusterzwecken.

Bergbau: Zum Streckenausbau und für Leitern (“Fahrten”), für Erzkübel und Wassereimer, für Hebemittel und deren Antrieb (Tretrad, Göpel), vom Ende des Mittelalter an auch für Förderwagen (“Hunte”), die in hölzernen Schienen geführt waren – ohne Holz wäre Untertagebau nicht möglich gewesen. Zudem setzte man Holzfeuer zum Lockern des Gesteins.

Maschinen: Ma. Maschinen bestanden, abgesehen von wenigen eisernen Lagern und den eigentlichen Werkzeugen wie Mahlstein oder Schmiedehammer, ausschließlich aus Holz. So das Mühlrad der Wassermühle samt Getriebe, die Windmühle vom Rad bis zum Stert, Treträder und Tiergöpel, der Kran samt Hebewerk (Haspel, Tretrad) und Kriegsmaschinen (Katapulte, Wandeltürme usf.).

Holzskulptur, Holzschnitt, Musikinstrumente. Die Holzschnitzerei war im Frühmittelalter unbedeutend im Vergleich zur Steinbildhauerei. Erst vom 15. Jh. an, als filigrane dekorative Elemente (Maßwerk, Gesprenge) an gotischen Altären, an Chorgestühl, Wandverkleidungen oder Kanzeln aufkamen, die in Holz wesentlich besser als in Stein gearbeitet werden konnten, kehrte sich das Verhältnis um. – Ma. Musikinstrumente bestanden, von Ausnahmen (Trompete, Posaune, Orgel) abgesehen, wegen der besonderen akustischen Qualitäten hauptsächlich aus Holz. – Hölzerne Druckstöcke waren zumeist aus Birn- und Nussbaumholz gefertigt. Als mit der Ausbreitung des billigen Beschreibstoffes Papier größere Buchauflagen möglich wurden, wurden Druckstöcke zunächst für Schrift und Illustration, nach Einführung des Gutenbergschen Buchdrucks nur noch für die Illustrationen verwendet.

Brennstoff in Gewerbe und Haushalt. Groß war der Holzeinsatz bei der Verhüttung von Eisen und bei anderen metallurgischen Prozessen sowie in der Metallbearbeitung. Bei der Glasherstellung wurden – abgesehen von dem hohen Einsatz von Holzkohle als Brennstoff in den Glashütten – große Mengen Pottasche benötigt, die aus Holzasche hergestellt wurde. Auch die Seifensieder benötigten Pottasche in großen Mengen. Großen Bedarf ans Brennstoff hatten auch die Pech- und Teersiedereien. Holz war der einzige verfügbare Brennstoff zum Heizen und Kochen (ein städtischer Handwerkerhaushalt dürfte pro Jahr 4 bis 6 Festmeter Brennholz verbraucht haben), beim Erhitzen der öffentlichen Dampf- und Wannenbäder (s. Badhaus), bei handwerklichen Verfahren (z.B. Salzsieden, Bierbrauen, Kerzengießen oder Seifensieden). Der Brennholzbedarf sollte unter größtmöglicher Schonung des Nutzholzes gedeckt werden, es wurde empfohlen, auf Schad-, Schwach- und Leseholz auszuweichen. Erhebliche Holzmengen – vor allem von Rotbuche – wurden zur Holzkohlegewinnung verbraucht: zur Glasherstellung, zum Kalkbrennen und in der Ziegelbrennerei wurden Unmengen des energiereichen Brennstoffs verheizt (zur Gewinnung von einem Zentner Roheisen wurden 15 – 20 Zentner Holzkohle benötigt, zu deren Herstellung 4,5 – 6,0 Tonnen Buchenholz verbraucht worden waren; dies entspricht dem jährlichen Zuwachs auf 5 Hektar Buchenwald); Töpfer, Schmiede, Bäcker und viele andere Handwerker kamen nicht ohne Holzkohle aus. Die forcierte Entnahme von Buchenholz war Ursache der Umwandlung vom Laubwald zum Fichtenforst.

(s. Glasherstellung, Heizmaterial, Holzarten, Holzgericht, Holzhandel, Holzkohle, Köhler, Kriegsmaschinen, Metallurgie, Pech, Pottasche, Rußbrenner, Sägemühlen, Salzgewinnung, Schiffbauholz, Schmied, Teerschweler, Umweltprobleme, Wagner, Wald, Waldschutzbestimmungen).

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