Abakus

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Abakus (lat. abacus = Tafel; aus grch. abax = fußloses Brett). 1.) Bei Säulen der grch. und röm. Antike eine quadratische Deckplatte zwischen Säulenkapitell dem aufliegenden Bauteil. Wurde in der frühchristl. Baukunst durch einen Kämpferaufsatz ersetzt und ist in der Architektur des Mittelalter weitgehend verschwunden. 2.) Rechenbrett. Zur Erleichterung des Umgangs mit den vier Grundrechenarten war der Abakus schon im Altertum bekannt. Das Abakusrechnen war in der Spätantike in Vergessenheit geraten und wurde nur noch gelegentlich in Klöstern geübt. Der gelehrte Benediktinermönch Abbo von Fleury (~945-1004) verfasste eine Lehrschrift zum Rechnen mit dem Abakus. Um 1000 erschienen die “Regulae de numerorum abaci rationibus” (Regeln für das Zahlenrechnen auf dem Abakus) des hochgelehrten Gerbert von Aurillac, wenige Jahrzehnte später das “Qualiter multiplicationes fiant in abaco” des Herimannus Contractus. Gerbert verwendete, um eine Zahl darzustellen nicht die entsprechende Anzahl von Rechensteinen (s. Calculus), sondern mit der entsprechenden indischen Zahl beschriftete Hornplättchen (s. Apices). Er verstand mit dem Abakus derart virtuose Rechenoperationen durchzuführen, dass er in den Verdacht der Hexerei geriet; noch nach seinem Tod sagte man von geschickten Rechnern, sie würden “gerberisieren”. Waren Addition und Subtraktion auf dem Abakus ohne Schwierigkeiten durchzuführen, so erforderten Multiplizieren und vor allem das Dividieren die Beherrschung eines komplizierten Regelwerkes, “das kaum von den schwitzenden Abacisten verstanden wurde” (“regulae quae a sudantibus abacistis vix intelleguntur”).

Die Einteilung mittelalterliche Rechenbretter wandelte sich im Lauf der Zeit. Der frühmittelalterliche Kloster- oder Kolumnenabakus hatte senkrechte Spalten, die oben jeweils von einem Bogen (dem arcus Pythagorei) abgeschlossen waren. Im Bogen war der Stellenwert der in der darunterliegenden Kolumne abgelegten Rechensteine (I, X, C, …) vermerkt. Zum Rechnen dienten Steine (calculi), die in ihrem Wert entsprechender Menge (1 bis 9) abgelegt wurden. Später wurde auf den Rechensteinen der Wert durch Zahlzeichen dargestellt). Der Klosterabakus diente hauptsächlich zum Multiplizieren und Dividieren. Er ist vom 10. Jh. an belegt und geht wahrscheinlich auf Gerbert von Aurillac zurück. Der jüngere Linien- oder Streifenabakus ist dagegen um 90° gedreht. Die Zahlen wurden nicht mehr durch bezifferte apices sondern durch unbezeichnete Rechensteine (s. Apices, Rechenpfennige) dargestellt. Auf einem spätmittelalterliche Rechenbrett waren senkrechte, waagrechte und unter 45° verlaufende Linien eingezeichnet, die das Rechenbrett in Felder unterteilten. Für die – noch unbekannten – Nullen standen leere Fächer. Das Rechnen mit diesem Rechenbrett entsprach weitgehend heutigen Rechenmethoden. Vom 13. Jh. an wurde der Abakus nicht mehr nur in Klöstern sondern in zunehmendem Maße im weltlichen Alltag von Händlern und Geldkaufleuten benutzt.

Bald nach der Erfindung des Buchdrucks erschienen die ersten volkstümlichen Rechenbücher mit Anleitungen zum Rechnen mit dem Abakus. Als ältestes in Deutschland gilt das des Ulrich Wagner, das 1482 und 1483 in Bamberg gedruckt wurde.

An den Umgang mit dem Rechenbrett erinnert die Redewendung “Vom Hundertsten ins Tausendste kommen” (sich in Einzelheiten verlieren, den Faden verlieren): wenn man sich bei der Plazierung eines Rechensteins um eine Linie nach oben vertat, landete dieser auf einer Linie 10-fachen Werts.

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