Arbeit

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Arbeit (mhd. arebeit = Anstrengung, Mühsal, Plage; lat. labor, negotium). Frühchristl. Theologen betonten die Pflicht zur Arbeit, um dadurch den Lebensunterhalt zu sichern, der Gemeinde nicht zur Last zu fallen und mit den erworbenen Gütern notleidenden Gemeindemitgliedern helfen zu können. Thomas v. Aquin sagt in seiner “Summa theologiae”: “Die Arbeit hat einen vierfachen Zweck: Zuallererst soll sie das Lebensnotwendige beschaffen; zweitens die Ursache so vieler Laster, den Müßiggang, vertreiben; drittens durch Kasteiung des Leibes die Fleischeslust zügeln; viertens ermöglicht sie, Almosen zu spenden.” Er relativiert jedoch die allgemeine Arbeitsverpflichtung, indem er jene als davon befreit bezeichnet, welchen andere Möglichkeiten zur Daseinsfristung zur Verfügung stehen, also die Geistlichen, den Adel und das Patriziat. Deren Arbeit sei nicht körperlicher sondern geistiger Art.

Die mit der Arbeit verbundene Mühsal wurde als durch den Sündenfall verwirkte Strafe und Buße interpretiert (Berthold v. Regensburg: Gott “gap Adam daz er arbeite; daz gab er sin zu einer buoze …”). Zudem galt Arbeit als Mittel zur Selbstüberwindung, gegen Müßiggang und zur Vorbeugung gegen Versuchungen (so Thomas von Aquin in “Summa theologica” – allerdings wohl hauptsächlich auf monastisches Leben gemünzt). In der Benediktinischen Ordensregel stand Arbeit gleichrangig neben dem Gebetsdienst (“ora et labora”).

Arbeit war im Mittelalter zunächst und vor allem Bauernarbeit, Landarbeit zur Existenzsicherung. Im Frühmittelalter wurde nicht selten auch in den Klöstern harte Feldarbeit geleistet, den Mönchen galt die Arbeit damals noch als gottgefälliges Werk. Vom 11. Jh. an wurde schwere körperliche Arbeit in den Klosterbetrieben zunehmend an Laienbrüder delegiert. Bauernarbeit erschöpfte sich nicht in Ackerbau und Viehzucht, in Weinbau und Rodung, der Bauer war sein eigener Metzger und Bäcker, Weber und Lederer, Bauhandwerker und Gerätemacher und vieles andere mehr (s. Hauswerk). Einzig für Schmiedearbeiten gab es schon im Frühmittelalter Spezialisten. Erst im Laufe der Zeit, beschleunigt seit dem Wachsen der Städte, kam es zur Ausdifferenzierung von Handwerken und Dienstleistungen. Je mehr dabei das Ansehen der Gelehrten, der Kaufleute und der “ehrsamen” bürgerlichen Handwerker wuchs, umsomehr sank das Ansehen bäuerlicher Arbeit, bis hin zu Verächtlichkeit und Schande. Den weltlichen und geistlichen Herren galt es als gottgewollte Ordnung, dass Arbeit eine Sache des “Dritten Standes” der laboratores – also des bäuerlichen, später auch des städtischen Niedervolkes – sei. Dem Kleriker war Arbeit in Form von Gottesdienst, Predigt, Studium und Askese aufgetragen, die arebeit des Adelsstandes bestand in Herrschaft, höfischer Lebensführung und ritterlichem Kampf. Diese Auffassung geriet am Ende des Mittelalter seitens der Bettelorden, des Bürgertums und selbstbewusster Bauern unter Hinweis auf die gemeinsame Abstammung der Menschen zunehmend unter Kritik.

Der Anteil der Frau an der mittelalterliche Arbeitswelt war ursprünglich auf den häuslichen Bereich beschränkt. Hier erbrachte sie in der Selbstversorgungswirtschaft (von der Versorgung des Viehs und der Nahrungszubereitung über Gartenarbeit bis zur Textilherstellung), bei der Kinder-, Alten- und Krankenpflege und bei der Mithilfe am Schaffen des Mannes (z.B. bei der Feldarbeit) ganz erhebliche und unersetzliche Leistungen. Bis zum Spätmittelalter dehnte sich die selbständige weibliche Arbeitsleistung auf Handel und Handwerk aus, verbesserte sich auch die Rechtstellung der Frau. Hochgestellte Damen hatten zu repräsentieren und standen ihrem Haushalt vor, ohne selbst Hand anzulegen. Die von Nonnen erbrachte Arbeit war – abgesehen von der in Beginenhäusern geleisteten – eher bedeutungslos; sie beschränkte sich im wesentlichen auf die Fertigung textiler Produkte, auf das Kopieren und Illuminieren von Schriften und auf leichte Verrichtungen im klösterlichen Alltag.

In die laikale Dichtung fand Arbeit im Sinne von “etwas mit Fleiß und Mühsal zuwege bringen” wohl frühestens durch den dichtende Handwerker Hans Rosenplüt (~1400-~1470) Eingang. In einem seiner Reimsprüche handelt er von den schweißtreibenden tagtäglichen Mühen der Handwerker und Bauern. Deren Seelen würden durch die Arbeit “… so gebleicht (gereinigt), dass ihre Schönheit bis in den Himmel reicht und Gott selbst um sie freien wird.” (Zit. bei P. Dinzelbacher) – Hatte man der körperlichen Arbeit in frühen Mönchtum noch einen hohen Wert beigemessen, so war dies in der Folgezeit vergessen worden; erst die monastischen Reformbewegungen vom späten 11. Jh. an haben wieder für eine Rückbesinnung gesorgt und in der körperlichen Arbeit eine freiwillige Buße für den Sündenfall gesehen.

In der mittelalterliche Kunst finden sich Szenen aus dem Arbeitsleben der Bauern und Handwerker in den Glasmalereien und Wandfresken der Kathedralkunst und in den Monatsbildern der Stundenbücher. In den zwar idealisierten, dabei aber detailgenauen Darstellungen in den Fenstergläsern haben sich Zunftgenossen als Stifter ein Denkmal gesetzt. In der Buchmalerei wurden je nach Jahreszeiten typische Landarbeiten in Monatszyklen abgebildet.

(s. Arbeitszeit; Bauer; Entlohnung; Frondienste; Gesinde; Handwerk; Hauswerk; Hilfsarbeiter; Hörige; Frau; Frauen im Handwerk; Frauen, Rechtsstellung der; Gesellschaftsordnung; Lohnarbeit; Reichtum; Sklavenarbeit s. Sklave)

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