Architekt

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Architekt (mlat. architectus, architektor; v. grch. architekton = Oberbaumeister; auch artifex, operarius, magister, archilapicida). Der Begriff architectus wurde im Frühmittelalter wohl zuerst auf Baumeister aus Burgund oder aus der Lombardei angewandt, die “iuxta more Romanorum” (nach röm. Sitte) – also in Steinmauerwerk – zu arbeiten verstanden. Im übrigen wurde er vieldeutig verwendet und bezeichnete sowohl einen Steinmetzmeister als auch den Baumeister sowie den Entwerfer, Bauherrn oder den Leiter des “Werks” (s. fabrica ecclesiae). Neben Entwurfs-, Gestaltungs-, Vermessungskünsten und der praktischen Erfahrung am Bau verfügte der Architekt auch über die Fähigkeit, den Betrieb einer Großbaustelle zu organisieren sowie über Kenntnisse über die Herstellung von Hebe- und Kriegsmaschinen.

Der Architekt hatte alle Dinge des Baus nach Maß, Zahl und Gewicht zu ordnen (“Omnia mensura et numero et pondere disposuisti”), er galt als allumfassender Künstler (“architector dicitur quasi artifex principalis”; “sapiens architectus”).

Bis ins 12. Jh. hinein hat der Architekt eine Skizze oder ein Modell geliefert, nach welchen der Grundriss abgesteckt und die wesentlichen Niveaus des Aufrisses festgelegt wurden. Viele Einzelheiten des Baus hatte jedoch der Architekt im Kopf, sodass er auf der Baustelle unabkömmlich war. Erst als in der ersten Hälfte des 13. Jh. genaue Werkzeichnungen (“Risse”; auf Pergament gezeichnet) aufgekommen waren, war die ständige Anwesenheit des Architekten am Bau nicht mehr nötig. Er ließ seine Vorstellungen durch Bauleute niedrigeren Ranges umsetzen (s. Polier). Diese Arbeitsweise brachte es mit sich, dass ein Architekt mehrere Baustellen gleichzeitig betreuen konnte und dass sein Entwurf über seinen Tod hinaus anhand von Rissen weiterverfolgt werden konnt.

Alanus ab Insulis (um 1120 – 1203) bezeichnet Gott als den elegans architectus – den kunstreichen Architekten – der den Kosmos nach den “zarten Ketten” der musikalischen Harmonien (d. h. nach mathematischen Gesetzen) als seinen göttlichen Palast erbaut hat.

Albertus Magnus (1193 – 1280) rechnet den Architekten den Wissenschaftlern zu und nicht den Praktikern, da seine Kunst in einer mathematischen Wissenschaft, der geometria, begründet sei; und um diese zu beherrschen, musste er das Quadrivium studiert haben – von woher erleuchtet, dass die meisten Architekten des Mittelalter Kleriker waren. Jedoch war die Arbeitsweise der Architekten eher empirisch, dürften nur die bedeutendsten Baumeister auch Theoretiker von Rang gewesen sein. Die Architekten der Gotik ließen sich mit den Attributen Zirkel, Schnüren und Messlatte als Mathematiker abbilden. Gott selbst erschien in gotischen Darstellungen mit dem Zirkel in der Hand als Schöpfer nach Maß und Zahl, als Vorbild und Lehrmeister.

Erst in der ital. Renaissance kam es zu einer Einengung des Begriffs gemäß seiner heutigen Bedeutung – als eines akademisch gebildeten Fachmanns für das Entwerfen und Gestalten von Bauwerken, für die Ausarbeitung von Bauplänen, für die Einleitung und Überwachung von Baumaßnahmen.

Architekten/Baumeister waren den Zünften der Steinmetzen, Maurer und Zimmerer inkorporiert. Ihre Werksgeheimnisse teilten sie ihren Söhnen mit, soweit diese in ihre Fußstapfen traten. Auf diese Weise wurde die Kontinuität ihrer Erfahrung am wirkungsvollsten über die Zeit weitergereicht. So entstanden ganze Dynastien von Architekten, wie die der Ensinger, Parler oder Roritzer.

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