Arzneibuch

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. Entdecke in „Leben im Schatten der Zinnen“ auf 122 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt.

Arzneibuch (mhd. arzenibuoch, arzinbuoch, arzetbuoch; fmhd. Lehnübersetzung des mlat. liber medicinalis). Arzneibücher sind nicht eindeutig gegen Herbarien, Rezeptare (s. Rezept) und Antidotarien abzugrenzen, nach heutigem Sprachgebrauch entsprechen sie einer Pharmakopoe. Ihr Inhalt bezieht sich auf Heilmittel, Arzneiformen, Heilziele und Rezepte. Sie sind praxisbezogen und vor allem zum Gebrauch durch Laienärzte gedacht.

Das älteste Arzneibuch Europas ist das 795 in dem karolingischen Reichskloster Lorsch entstandene lat. “Lorscher Arzneibuch”, nach seinem Aufbewahrungsort auch “Bamberger Codex” genannt. Das Buch stellt im wesentlichen eine Kompilation verschiedener röm. und grch. Werke und eine Sammlung der im 5./6. Jh. gebräuchlichen Arzneimittelrezepte dar. Auf 75 Blättern (150 Seiten) beschreibt es Heilpflanzen, Krankheiten, Heilungsmethoden, kritische Tage und 500 Rezepturen für Arzneimittelzubereitungen. Im Anhang finden sich Aufstellungen von Maßen und Gewichten sowie von diätetischen Ratschlägen. Im Einleitungstext rechtfertigt der Autor die Heilkunde gegen den Vorwurf eifernder Glaubensbrüder, die Medizin sei ein Eingriff in den göttlichen Heilsplan: die ärztl. Heilungsanstrengungen seien vergeblich (inanis), sofern die Leiden von Gott als Strafe verhängt sind. Da sie aber auch auf der allgemeinen Krankheitsanfälligkeit des Menschen beruhen können, und dem Arzt unmöglich sei, zwischen solchen und gottgewollten zu unterscheiden, sei ein Heilungsversuch nicht nur keine Sünde, sondern christl. Pflicht (caritas).

Walahfrid Strabo, Abt in Reichenau, beschreibt um 830 in seinem “Hortulus” in 450 Versen die vierundzwanzig Heilpflanzen seines Klostergartens.

Zwischen 840 und 1100 entsteht das Pflanzengedicht “De virtutibus herbarum” (auch als Macer Floridus bekannt) des Odo Magdunensis; in 2278 Versen werden 27 Heilpflanzen beschrieben.

Um 1150 vollendet der arab. Arzt und Pharmakologe Ibn al-Wafid in Toledo sein in lat. Übersetzung als Aggregator bekanntgewordenes Sammelwerk zur Arzneimittelkunde.

Constantinus Africanus (11. Jh.), Arzt in Salerno, zählt in seinem “De virtutibus simplicium herbarum” 168 Pflanzen auf.

Die deutschsprachige Arzneibücher-Tradition setzt um 1100 mit dem “Arzenibuoch Ipocratis” ein, entstanden im 11. Jh. im alemannischen Sprachraum. Es enthält 60 Heilanweisungen die nach dem Schema a capite ad calcem angeordnet sind. Der Text ist – von wenigen gräko-lat. Fachbezeichnungen abgesehen – durchgehend mhd.

Hildegard von Bingen (1098 – 1179) legt ihr Wissen über heilkräftige Pflanzen in “Physica” nieder.

Als das bedeutendste bebilderte Arzneibuch des Mittelalter gilt das um 1150 entstandene “Liber de simplici medicina”, nach seinen Eingangsworten auch unter “Circa instans” (“Für den dringenden Bedarf”) bekannt. Darin sind in ca. 250 Kapiteln 299 Arzneipflanzen beschrieben, die jeweils mit Auswahlkriterien, Hinweisen zur Lagerhaltung, Heilanzeigen, Applikationsform und Nebenwirkungen vorgestellt werden. Als Verfasser wird der an der Medizinschule von Salerno tätige Matthaeus Platearius angenommen. Das Werk hat entscheidend zur Professionalisierung des Apothekerstandes beigetragen. Im 15. Jh. wurde es erstmals vollständig ins Deutsche übertragen und ist in dieser Form als “Leipziger Drogenkunde” bekannt.

Ebenfalls aus dem 12. Jh. stammt der thüringische ®”Bartholomäus”.

Im 14. Jh. entstand – nach salernit. Quellen – Ortolfs “Arzenibuoch”.

Vom gleichen Jh. an erscheint eine Flut arzneikundlicher Sammelschriften, darunter “Dudesche arstedie”, “Liber Avicenne”, das “Elsässische”, “Speyrer”, “Kasseler” und “Nürnberger Arzneibuch” und viele andere, die häufig den Namen des Kompilators im Titel führen.

Sma. Arzneibücher – wie etwa ® H. Minners “Thesaurus medicaminum” – teilen die Arzneimittel nach folgendem Schema ein:

1.) Trockene a) äußerl. (Species, Sacculus, Pulvis) b) innerl. (Pilula, Confectio, Trochiscus)

2.) Flüssige a) äußerl. (Aqua destillata, Emulsio, Decoctum, Balneum medicinale, Klysma,

Gargarisma, Oleum) b) innerl. (Acetum, Oleum, Potio cocta, Sirupus)

3.) Weiche a) äußerl. (Cerotum, Emplastrum, Kataplasma, Linimentum, Suppositorium,

Unguentum) b) innerl. (Electuarium)

4.) Dampfförmige (Fomentatio, Fumigatio, Inhalatio)

Als Beispiele für das 15. Jh. seien das “Luminare Majus” des Johannes Jacobus Manlius de Bosco , das “Lumen Apothecariorum” des Quiricus Augustis” und das “Compendium Aromatariorum” des Saladin Ferro von Ascoli genannt.

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