Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Bär (ahd. bero = der Braune, mhd. ber; lat. ursus/ursa. Raubtiere der Familie der Ursidae. Hier: der europäische Braunbär Ursus arctos, Betz, Batze, „Meister Petz“, „Ephraim“). Im Mittelalter waren Bären in ganz Europa einschließlich der Britischen Inseln beheimatet. Für ihre große Volkstümlichkeit – beruhend auf der unanfechtbaren Stellung in der Tierwelt und mancher als menschenähnlich empfunden Eigenschaften – sprechen zahlreiche Orts-, Haus- wie Personennamen sowie Vorkommen in Heiligenlegenden, Märchen, Fabeln, Sagen, Sprichwörtern und Wappen. Himmelskundigen waren die Sternbilder Ursa maior und Ursa minor (großer und kleiner Bär) vertraut.
Zur hohen Jagd gehörte die Bärenhatz; Lebendfang wurde mit Bärenfallen betrieben. An vielen Burgern wurden Bären im Bärenzwinger oder -graben gehalten. Abgerichtete Bären zogen als „Tanzbären“ mit Gauklern (Bärenführern) übers Land, wie schon im „Ruodlieb“ beschrieben. Man hatte ihnen einen Maulkorb aufgesetzt und einen Ring („Nasenring“) durch die Nasenscheidewand gezogen; daran war einen Strick befestigt, an dem sie fügsam hinter ihrem Führer hertrotteten. Vor Publikum zeigten sie zu musikalischer Begleitung komisch-unbeholfene Tanzbewegungen. Tanzbären galten auch als Hexenriecher.
Bärenfett und -blut waren als wirksame Heil-, Stärkungs- und Zaubermittel geschätzt, Bärenklauen wurden als Amulett getragen, der Genuss des Herzens gab Bärenkraft und Heldenmut. Der Bär als Vegetationsdämon erscheint in manchen Gegenden zur Fasenacht als Stroh- oder Erbsenbär. Als Heiligenattribut ist der Bär Columban, Florens, Gallus und Ursinus zugesellt. Als Wappentier begegnet er uns vor allem in der deutschen und schweizerischen Heraldik.
Hildegard von Bingen zufolge „hat der Bär eine Vorliebe für Sinnenlust. … Das Fleisch des Bären ist keine gute Nahrung für den Menschen, weil sein Genuss den Menschen zur Begierde entflammt …“. Klassischen Autoren wie Aristoteles, Plinius oder Solinus folgend behauptet sie, dass Bärenjunge als gestalt- und formlose Fleischklumpen zur Welt kämen und erst durch das Belecken seitens der Bärenmutter Gestalt annähmen. Gegen Haarausfall empfiehlt sie, den Kopf mit einer Salbe aus Bärenfett und Asche von Weizen- oder Roggenstroh zu bestreichen. Um Ängstlichen Mut einzuflössen, soll ihnen ein Stück gegerbtes Bärenfell vom Schädeldach („zwischen den Ohren“) auf die Brust gelegt werden.
(s. Jagd, jagdbare Tiere)