Blasebalg

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
Erkunde das Mittelalter: Über 3.979 Seiten und mehr als 6.400 Einträge bieten dir einen tiefen Einblick in diese Ära. Vom Ablass bis zur Zunftordnung - dieses eBook ist dein Guide durch die Geschichte, Gesellschaft und Kultur Europas von 500 bis 1500 n. Chr. Entdecke in „Leben im Schatten der Zinnen“ auf 122 Seiten die mittelalterliche Burgenwelt: Architektur, Alltag und ihre Rolle im Mittelalter kompakt erklärt.

Blasebalg. Die Verwendung des Blasebalgs zur Erzeugung eines Luftstroms war schon den Römern geläufig und an der Konstruktion dieses unverzichtbaren Hilfsmittels bei der Metallgewinnung und -verarbeitung hat sich bis zum Mittelalter nicht viel geändert.

Der Spitz- oder Plattenbalg besteht im Wesentlichen aus zwei übereinanderliegenden Holzdeckeln (Platten), einem an deren Rändern angeschlagenen Lederbalg, je einem Ein- und Auslassventil (mit gegensätzlicher Wirkungsweise) und dem spitzen Blaskopf (Nase). Beim Auseinanderziehen der Deckel strömte durch das Einlassventil Luft in den Balg, beim Zusammendrücken fuhr die Luft durch den Blaskopf in das Feuer. Die Holzdeckel waren zur Blaseöffnung hin schmäler ausgeformt. Einer der Deckel war fest montiert, der andere – meist der obere – beweglich. Der Balg bestand üblicherweise aus Schaf- oder Ziegenleder, die Ventilklappen und das Scharnier aus derbem Sohlenleder. Einen kontinuierlichen Luftstrom erreichte man mit dem Doppelbalg mit einem gemeinsamen Blaskopf und getrennten Kammern, die wechselweise gezogen und gedrückt wurden. Ein solches Gerät erscheint bereits auf einer Illustration zur Sigurdsage aus dem 12. Jh. Spätere, mechanisch betriebene Zweikammer-Blasebälge waren über eine Wippe verbunden, die dafür sorgte, dass der eine Balg gefüllt wird, während der andere sich entleert.

Die urtümlichste Form eines Blasebalgs, die im Abendland vom Altertum bis zum 15. Jh. in Gebrauch war, war das Schlauchgebläse. Es bestand aus einem Schafs- oder Ziegenbalg, das am einen Ende in einer Düse aus Ton oder Metall münndete und am anderen Ende mit Lederschlaufen als Handgriffen versehen war. Theophilus beschreibt 1122/23 seine Verwendung beim Hartlöten.

Durch die Zufuhr von Luftsauerstoff erreichte man die zur Reduktion des Eisens bzw. zur Aufkohlung des Eisens zu Stahl oder zum Schmiedbarmachen von Eisenstücken nötigen Temperaturen. Die Energie zum Bewegen des Blasbalgs stammte zunächst aus der Muskelarbeit der Arme oder – über Pedalbetrieb – der Beine. Daneben kamen Treträder auf, die von größeren Hunden in Drehung versetzt wurden und ihre Energie mittels einer Hebelmechanik auf den Blasebalg übertrugen. Einen wesentlichen Fortschritt stellte die Einführung des Wasserkraft-Antriebs im 13. Jh. dar, welche die Konstruktion größerer und somit leistungsfähigerer Blasebälge ermöglichte. Bei diesen drückten die Zapfen der Wasserradwelle den oberen – beweglichen -, auf den unteren – fest montierten – Deckel des Balgs, wodurch die Luft ausgetrieben wird. Gleichzeitig wird an einem Seil und über eine Rolle ein Kontergewicht hochgezogen, das anschließend den Balg wieder aufzieht. (Eine andere Art der Arbeitsweise findet sich unter Blasmühlen.)

Außer der großen, stationären Blasebälge im Hütten- und Schmiedewesen nutzte man kleine, tragbare Blasebälge für das Anfachen anderer gewerblicher Feuerstätten, für des Herdfeuer in der Küche, zum Betrieb von Orgeln und zum Bespielen von Dudelsäcken. (Bei letzterem wurde der Windsack statt über ein Blasrohr über einen Blasebalg gefüllt, der unter dem rechten Ellenbogen befestigt war. So sorgte man für gleichmäßigere Füllung des Windsacks und dafür, dass die Rohrblätter trocken blieben. Außerdem konnte der Spieler phasenweise zu seiner Melodie singen.)

(s. Blasmühlen, Eisen, Fächer, Löten, Metallurgie)

Bestseller Nr. 1
Bestseller Nr. 2
Bestseller Nr. 3
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters
Volkert, Wilhelm (Autor)
4,43 EUR
Bestseller Nr. 5
Nach oben scrollen