Bürgerrevolten

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Bürgerrevolten (in mhd. Texten meist diskriminierend umschrieben mit gewalt, missetat, rumor, ruore, sammunge, uflouf, unmuot, urliuge, vrevel, zesemenlouf, zwitraht). Die Entwicklung mittelalterliche Groß- und Mittelstädte von der Alleinherrschaft des feudalen Stadtherrn oder der patrizischen oder oligarchischen Ratsdynastien hin zu einer politisch austarierten Stadtgemeinde ist gekennzeichnet durch eine Reihe von gewalttätigen Auseinandersetzungen. Mancherorts fand das gewaltsame Vorgehen der Opposition blutige Rache seitens der Ratsfraktion. (Nach der Niederschlagung der Kölner Weber 1271 wurden deren viele erschlagen, hingerichtet oder vertrieben; ihre Zunftprivilegien wurden aufgehoben, die Zunfthäuser zerstört. Die Anzahl der Webstühle wurde begrenzt und eine hohe Tuchsteuer eingeführt.)

Auslösende Faktoren der Revolten waren finanzielle Misswirtschaft des Rates, die Erhebung hoher Steuern (s. Kopfsteuer, Ungeld) und Zölle, Münzverschlechterung, willkürliche Rechtsprechung, Amtsmissbrauch und Vetternwirtschaft der Ratsgeschlechter, Ausschluss der Handwerker und Zünfte von Ratsämtern, wirtschaftliche Benachteiligungen (etwa durch die Konkurrenz unbesteuerter und dadurch am Markt billiger anbietender Klosterbrauereien oder Beginenhaus-Webereien). Die Revolten entzündeten sich zwar überwiegend an Problemen der Bürgerschaft (der Handwerker, Gewerbetreibenden, mittleren und kleinen Kaufleute), ihre Brisanz erhielten sie jedoch durch die Beteiligung der zahlenmäßig starken städtischen Unterschichten. Während die aufständigen Bürger sich im 13. und 14. Jh. Teilhabe an der politischen Macht erstreiten konnten, ging das Stadtproletariat leer aus: seine sozialen Verhältnisse besserten sich nicht, vom Stadtregiment blieb es ausgeschlossen.

Einigen wenigen Bürgerrevolten im 13. Jh. (Köln 1216, 1258/59, 1270; Worms 1263; Erfurt 1283; Stendal 1285; Rostock 1287; Magdeburg 1293; Braunschweig 1292/94) stehen im 14. Jh. (nach E. Engel) 167 Aufstände im ganzen Reichsgebiet gegenüber. Im 15. Jh. kam das Phänomen der Bürgerrevolten zum erliegen; erwähnt werden Unruhen in Halberstadt (1423 – 25) und Wismar (1427 – 30). In einigen Städten hat die patrizische Herrschaft die Unruhen unbeschadet überstanden (wie in Nürnberg und anderen fränkischen Reichsstädten). Andernorts kam es zu blutiger Gewalt, so 1374 in Braunschweig, wo acht Ratsherrn geköpft wurden, andere eingekerkert oder aus der Stadt vertrieben, ihre Häuser geplündert und konfisziert oder niedergbrannt wurden.

Selten kam es zur Restauration der alten Machtverhältnisse wie im Falle Braunschweigs (1386), wo auf Vermittlung durch Vertreter der Städtehanse die patrizische Ratsherrschaft – soweit sie überlebt hatte – wieder eingesetzt und Schadensersatz geleistet wurde. In den meisten Städten haben Handwerker und Kaufleute dauerhaft Anteil am Rat oder wenigstens an nachgeordneten städtischen Gremien durchgesetzt.

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