Lexikon des Mittealters | Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen |
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Corvey. Ehemalige Reichsabtei des Benediktinerordens, nahe dem heutigen Höxter (Westfalen) an der Weser gelegen. Das Kloster wurde 815 von Wala und Adalhard, zwei Vettern Karls d. Gr., mit Unterstützung des Theologen Paschasius Radbertus und mit Zustimmung Ludwigs d. Frommen gegründet, und mit Mönchen aus dem westfränk. Corbie (daher der Name Nova Corbeia) besetzt. Kaiser Ludwig übereignetete dem Kloster den dort gelegenen sächsischen Königshof, machte das Kloster von seinem Mutterkloster Corbie unabhängig, verlieh ihm freie Abtswahl und die Immunität. 836 erhielt man aus St. Denis die Reliquien des hl. Vitus, deretwegen Corvey zu einem bedeutendem Wallfahrtsort wurde. Dank zahlreicher Schenkungen des sächs. Adels, von dem der Konvent hauptsächlich getragen wurde, kam des Kloster zu großem Reichtum, wurde zur bedeutendsten Pflegestätte der karolingischen Kultur in Sachsen. Die Klosterbibliothek bewahrte u.a. Handschriften mit Texten von Cicero und Tacitus und die sächsischen Gesetze Karls d. Gr. Von hier aus wurde die Missionierung des dt. Nordens und Skandinaviens betrieben; von hier kam Ansgar, der Apostel der Norweger. In der ottonischen Zeit verfasste Widukind von Corvey die Geschichte der Sachsen. Nachdem das Kloster sich im Investiturstreit (1075 – 1122) auf die königsfeindliche Seite geschlagen hatte, wurde sein Besitztum durch Heinrich IV. beschnitten, war die Blüte des Klosters beendet. Die Äbte konnten sich in dem verbleibenden Gebiet bis in die Neuzeit als Reichsfürsten halten.
Von der karolingischen Anlage ist nur mehr das Westwerk der Abteikirche erhalten. Dieses älteste Bauwerk Westfalens wurde 885 den Patronen Stephanus und Vitus geweiht. Das Bauwerk verkörperte den neuen Typ der Kaiserkirche mit westlich vorgelagertem Atrium, Säulenhalle im Erdgeschoss des Westbaus, zum Mittelschiff hin offener Kaiserkirche mit hochgelegener Kaiserloge im ersten Obergeschoss (aula regia) sowie einem Gerichtssaal im Stockwerk darüber. Vom 9. bis zum 12. Jh. wurden in Corvey viele Hoftage abgehalten. Allein Heinrich II. weilte hier siebenmal. Die eigentliche, ursprünglich dreischiffige Klosterkirche wurde nach Zerstörung im Dreißgjährigen Krieg als einschiffiger barocker Saalbau neuerrichtet.
Die Laiensiedlung Corvey erhielt 1250 das Stadtrecht und eine Weserbrücke. Nach völliger Zerstörung im Jahre 1265 konnte sich die Stadt nicht wieder erholen.